Erwin RüddelCDU/CSU - Finanzierung von Gesundheitsversorgung und Pflege
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt hier gerade eine klassenkämpferische, ideologisch geprägte Darstellung gehört.
(Widerspruch bei der LINKEN – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Quatsch! – Tino Sorge [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Der 40. Parteitag ist doch schon vorbei!)
Ich danke der Bundesregierung, dass wir jetzt den Sechsten Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung und den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland vorliegen haben.
(Beifall des Abg. Thomas Stritzl [CDU/CSU])
Er zeigt, wie gut die Pflege in Deutschland ist und wie gut die Arbeit ist, die wir in den zurückliegenden dreieinhalb Jahren in dieser Koalition geleistet haben. Da hilft keine Ideologie. Wir beweisen das in der Praxis.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie groß das Versagen die Jahre davor war!)
Der Pflegebericht zeigt unter anderem, dass die Leistungen der Pflegeversicherung durch das Pflegestärkungsgesetz I deutlich ausgebaut und besser auf die Bedürfnisse der Betroffenen und Angehörigen ausgerichtet wurden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was ganz wichtig ist: Anträge der Versicherten auf Leistungen werden von der Pflegekasse schneller bearbeitet. Es ist auch eine spürbare Verbesserung bei der Qualifizierung und der Gewinnung von Pflegepersonal zu erkennen.
Die guten Ergebnisse des Pflegeberichts sind erfreulich, aber sie überraschen uns nicht; denn diese Koalition hat zu Beginn der Legislaturperiode versprochen: mehr Qualität, mehr Geld, mehr Betreuung und mehr Hände für gute Pflege – und wir haben Wort gehalten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sabine Dittmar [SPD] – Mechthild Rawert [SPD]: Und wir wollen noch mehr Bildung!)
Wir haben gemeinsam, Frau Rawert, die umfassendste Reform der sozialen Pflegeversicherung seit der Einführung vor 20 Jahren verwirklicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Seit dem 1. Januar 2015 stehen für die Pflegeleistungen zusätzlich 2,4 Milliarden Euro – und ich betone ausdrücklich: pro Jahr – zur Verfügung. Die Mittel kommen dort an, wo sie gebraucht werden: bei den Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und bei den Pflegekräften.
Zum weiteren Nutzen des ambulanten Bereiches haben wir beispielsweise nicht nur die Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie die Tages- und Nachtpflege ausgebaut, sondern wir haben auch die Leistungen deutlich flexibler gestaltet. Zudem gibt es höhere Zuschüsse für die Verbesserung des Wohnumfeldes.
Auf das Erste Pflegestärkungsgesetz folgte mit der fälligen Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs der zweite große Reformschritt. Im Ergebnis sind vor allem Menschen mit demenziellen Erkrankungen in der Pflegeversicherung jetzt deutlich besser gestellt als zuvor: Es gibt passgenaue Einstufungen, die Minutenpflege wurde abgeschafft,
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wegen! Keine Pflegerin und kein Pfleger weiß, wie viel Zeit sie für die Pflege haben!)
und für bereits pflegebedürftige Menschen gilt der Bestandsschutz. Mit Blick auf Menschen mit kognitiven und somatischen Einschränkungen haben wir gemeinsam eine große Gerechtigkeitslücke geschlossen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Ergebnis mobilisieren wir jährlich – jährlich! – 5 Milliarden Euro zusätzlich. Das sind circa 20 Prozent mehr Leistungen, die vor allem der Versorgung von demenzkranken Menschen zugutekommen.
Man kann es nicht oft genug sagen: In der Summe bedeuten die beiden Pflegestärkungsgesetze eine so massive Aufstockung eines sozialen Sicherungssystems, wie es das noch nie in der Geschichte der Sozialversicherung in Deutschland gegeben hat.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Schließlich haben wir mit dem Pflegestärkungsgesetz III den Kommunen zusätzliche Beratungsaufgaben übertragen. Es geht dabei um die bessere Vernetzung örtlicher Angebote und um aufsuchende Beratung für Pflegebedürftige und deren Familien. Möglichst in jedem einzelnen Fall soll ein individuelles Paket geschnürt werden, das optimal auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Das hilft pflegebedürftigen Menschen, so lange wie irgend möglich in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Ausdrücklich begrüße ich auch die zusätzlichen Anreize für niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsleistungen.
Meine Damen und Herren, wir haben im PSG III klare Worte zur Frage der Qualitätskontrollen gefunden. Sie dürfen nicht zum Schaden der Pflegeversicherung verhindert werden. Wer Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung erhält, muss bereit sein, die erbrachten Leistungen auf ihre Qualität hin überprüfen zu lassen. Wer solchen Überprüfungen nicht zustimmt, hat sein Recht verwirkt, Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung zu erhalten. Wir verschärfen die Kontrollen, damit Pflegebedürftige, ihre Familien und die Pflegekräfte besser vor betrügerischen Pflegediensten geschützt werden.
Außerdem haben wir geregelt, dass in Vergütungsverhandlungen zwischen Pflegekassen und Pflegediensten Tariflöhne bei tarifgebundenen Einrichtungen nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden dürfen. Damit stellen wir sicher, dass Tariferhöhungen wirklich bei den Beschäftigten ankommen. Mit dem PSG III wird diese Regelung auch auf die nichttarifgebundenen Einrichtungen ausgedehnt. Damit ist sichergestellt, dass sich der Tariflohn kurz- und mittelfristig in der Altenpflege flächendeckend durchsetzen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, es gibt in dieser Wahlperiode praktisch kein Gesetzesvorhaben im Bereich der Gesundheit, das nicht zugleich einen wichtigen Beitrag zur Runderneuerung der Pflege leistet. Der Bürokratieabbau, der neue Pflege-TÜV, mehr Medikamentensicherheit, das Hospiz- und Palliativgesetz, das E‑Health-Gesetz mit dem einheitlichen Medikationsplan – das sind alles Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die wir eingelöst haben. Im Zentrum stand immer das Bemühen um mehr Qualität in der Pflege. Dies gilt ausdrücklich auch für das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung, mit dem wir nicht nur eine gute Qualität der Produkte, sondern auch eine fachkundige begleitende Beratung und einen anständigen Service sicherstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der nahenden Bundestagswahl ist auch das Gespenst der Einheitskasse wieder auferstanden.
(Mechthild Rawert [SPD]: „Bürgerversicherung“ klingt viel netter!)
Eine solche Einheitskasse würde Wirtschaft und Versicherte belasten, ohne ein besseres Gesundheitssystem zu schaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bleibe dabei: Eine staatliche Einheitskasse führt direkt in die von ihren Vordenkern beklagte Zweiklassenmedizin; denn wer genug Geld hat, wird immer einen Arzt finden – für jede Therapie – und eine Zusatzversicherung.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn heute?)
Warum sollen wir ohne jede Not hier bei uns solche Verhältnisse wie in Großbritannien schaffen?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und das, obwohl eine Untersuchung erst vor wenigen Tagen belegt hat, dass Deutschlands Gesundheitssystem im EU-Vergleich spitze ist:
(Beifall bei der CDU/CSU)
freie Arztwahl und geringe Wartezeiten, schneller Zugang zu Fachärzten und Kliniken sowie zu innovativen Medikamenten, große Wahl- und Therapiefreiheit, geringe oder keine Zuzahlungen.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das ist das Verdienst der GKV und nicht das Verdienst der PKV!)
Zusammengefasst: Die Versorgung hierzulande ist die beste in Europa, weshalb 80 Prozent der Versicherten in Deutschland mit ihrer medizinischen Versorgung zufrieden sind, also keine Experimente, wie Konrad Adenauer es schon gesagt hat.
Statt unsere Energie auf ein Projekt mit höchst ungewissem Ausgang zu konzentrieren, sollten wir uns als Gesundheitspolitiker lieber darum kümmern, das bestehende System weiter zu verbessern, im Sinne von Evolution statt Revolution.
Wir haben in der Koalition Wort gehalten und in großer Geschlossenheit grundlegende Reformen auf den Weg gebracht. Ob man das „Meilenstein“ oder „Quantensprung“ nennt – es ist auf jeden Fall ein großer Wurf, der uns gemeinsam gelungen ist. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die daran mitgearbeitet haben. Ein ganz besonderer Dank geht an das Ministerium für die gute Zusammenarbeit. Ich glaube, wir gehen im Gesundheitssystem, gerade im Bereich Pflege, einer guten Zukunft entgegen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächste spricht die Kollegin Maria Klein-Schmeink für Bündnis 90/Die Grünen.
(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Jetzt aber Mut zur Wahrheit! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7093395 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 229 |
Tagesordnungspunkt | Finanzierung von Gesundheitsversorgung und Pflege |