31.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 229 / Tagesordnungspunkt 38

Stefan ZierkeSPD - Förderung des Radverkehrs

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Gastel, ich habe schon von diesem Pult aus über Radverkehr gesprochen. Auch Sie haben von diesem Pult aus im Deutschen Bundestag über Radverkehr gesprochen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber nicht das eigentliche Thema!)

Das heißt also, der erste Satz Ihrer Rede – sinngemäß: im Deutschen Bundestag wurde das Thema Rad noch nicht behandelt – ist schon einmal nicht wahr. Aber das ist nur eine sachliche Darstellung. Damit müssen in dem Fall ja Sie leben und nicht wir.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ich denke, Schleswig-Holstein

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist ein SPD-Verkehrsminister! Aufpassen!)

macht eine gute Radpolitik; Herr Albig macht das sehr gut. Von daher sollte das vielleicht die letzte Wahlkampfkampagne sein, die man im Deutschen Bundestag von diesem Pult aus führt. Wir wollen uns doch auf das Thema Radverkehr konzentrieren.

In Teilen ist das wirklich ein guter Antrag; das muss man sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In großen Teilen! Man kann schon sagen: zu 100 Prozent!)

– Da kann man auch klatschen. – Die vielen Seiten des Vorspanns bestätigen das, was wirklich in Deutschland passiert: Wir haben einen großen Radverkehrszuwachs. Der Fachhandel profitiert, der Tourismus profitiert, die Fahrradindustrie profitiert. Wir haben in dieser Branche viele neue Mitarbeiter, und davon sollen natürlich auch alle profitieren. Das ist so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Leidig, es ist aber auch so, dass die Kommunen und Landkreise viel Energie investieren, um Radwege zu bauen.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aber nicht alle! Bei weitem nicht alle!)

Gerade im ländlichen Raum ist es für die Kommunen sehr schwer, die Wege auf den vielen Kilometern entsprechend auszubauen.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Deshalb wollen wir sie ja auch unterstützen!)

Daher freuen wir uns, dass wir auch europäische Mittel zur Verfügung haben, um in den Radverkehr zu investieren, und das wird auch gemacht. Aus diesem Grund wächst der Radverkehr übrigens, weil es eine große Anstrengung der Länder, Kommunen, Landkreise und Tourismusverbände gibt, den Radverkehr zu stärken.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aber das reicht doch bei weitem nicht!)

Der Bund ist nun einmal nicht zuständig.

Ja, Radverkehr ist emissionsfrei, leise, gesund und soll natürlich in Zukunft auch die Verkehrsprobleme der urbanen Region lösen, wobei ich bei dem Wort „urban“ bin. Liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ihr Antrag ist ein Großstadtantrag. Herr Gastel hat gesagt, dass dies auch den ländlichen Raum betreffe. Das sehe ich nicht. Aber eine Großstadtpartei macht eben auch nur Großstadtanträge. Das ist so.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorsicht, ich stelle gleich eine Zwischenfrage!)

– Gerne. – Aber man sollte sich über den ländlichen Raum nicht nur verbal äußern, sondern man sollte hier auch konkret werden. Wer 25 Prozent Radverkehr bis 2030 auf allen Wegen haben will, den frage ich: Wie wollen Sie das im ländlichen Raum schaffen?

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Da ist doch die Hälfte unter 6 Kilometer!)

Wenn Lastenräder – wahrscheinlich von einer Kleinstadt zur nächsten und von einer Kommune zur nächsten – gefördert werden sollen, dann ist das ein klares Förderprogramm für Städte, nicht für den ländlichen Raum. Das sind zwei Beispiele dafür.

(Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was hat die Koalition nun erreicht? Dass wir die Mittel für Radwege von 60 Millionen auf 100 Millionen Euro erhöht haben, haben Sie ja festgestellt. Ich finde, das ist enorm viel Geld, was wir dort investieren.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist einfach wieder zurückgeführt! Die Kürzung haben Sie rückgängig gemacht!)

Ich sage Ihnen aber, wo das wirkliche Problem liegt. Nehmen wir die Bundesstraßen begleitende Wege. Sie haben gesagt, dass es manchmal abenteuerlich sei mit dem Radverkehr. Das kann ich Ihnen aus dem ländlichen Raum bestätigen. Wir wollten entlang einer Bundesstraße einen Radweg bauen lassen, um an dieser Straße gefährliche Situationen für Radfahrer zu entschärfen. Aber wer hat diesen Radwegebau verhindert? Es waren die Naturschützer, die verhindert haben, dass dieser Radweg gebaut wird. Das heißt, das Geld war da, alles war da; nur die Naturschützer haben gesagt: Wir wollen das nicht. – Naturschutz vor Menschenschutz, das war dort die Prämisse. Den Radweg gibt es nach wie vor nicht. Die Stelle ist nach wie vor gefährlich. Von daher kann es nicht am Geld liegen. Es liegt vielleicht manchmal an der Ideologie.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meistens findet sich da eine Lösung, wenn man mit den Leuten redet!)

– Sie können dazwischenrufen, wie Sie wollen, aber das ist nachvollziehbar. Das kann man vor Ort sehen.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es aber ganz flach hier!)

Ich nenne ein zweites Beispiel zu abenteuerlichen Fahrten: Im ländlichen Radwegebau wollten wir einen Radweg bauen, der durch ein Naturschutzgebiet führt. Da ist aber eine Tierart, die geschützt werden muss. In einer Entfernung von 1 Kilometer verläuft eine Autobahn. Weil aber diese Tierart dort geschützt werden muss, haben wir den Radweg über Jahre nicht gebaut bekommen – und Sie glauben nicht, woran das gelegen hat: Es hat an Naturschützern gelegen, dass dieser Radwegebau verhindert wurde.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleich kommt der Hamster! Das gibt es doch nicht! Solche ollen Kamellen! Dass Sie das hier ernsthaft erzählen in einer Debatte über Radwege!)

Das Geld war da, die Motivation war da, aber leider nicht der Wille.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da waren im Planungsbüro Kommunikationsprofis am Werk!)

Gerade die Fraktion der Grünen hat keinen Willen gezeigt, dieses Geld zu verbauen.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist peinlich! Erbarmungswürdig! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Ich verstehe die Zwischenrufe nicht. Wenn nur einer redet, dann kann man es vielleicht verstehen. Wenn alle gleichzeitig sprechen, ist das ungünstig.

Was belastet aber die Kommunen besonders beim Radwegebau? Das sind die zum Teil naturbelassenen Radwege, die wir bauen müssen, die die Kommunen bauen müssen und für deren Pflege den Kommunen dann das Geld im Budget fehlt. Das ist doch die Realität. Von daher freue ich mich auf die Ausschussdiskussion und die Frage, wie wir damit umgehen.

Was hat die Bundesregierung im Übrigen noch gemacht? Was hat das Parlament gemacht? Was haben wir zusammen gemacht? Wir haben zum ersten Mal Radschnellwege auf den Weg gebracht – wir wollen dafür noch Gesetze ändern bzw. haben sie geändert – und dafür 25 Millionen Euro im Haushalt bereitgestellt. Danke hier noch einmal an Umweltministerin Barbara Hendricks, dass sie sich dafür eingesetzt hat. Man sieht also: Es geht sogar ministeriumsübergreifend, was Sie ja sonst nie glauben.

(Beifall bei der SPD – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Verkehrsminister hat daran keinen Anteil!)

Stichwort „Elektromobilität“. Wir haben hier den Bau des Radwegs Deutsche Einheit beschlossen, in den viel Geld hineinfließt.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: So ist es!)

Von Bonn bis Berlin bauen wir moderne Radstätten, an denen man sein Fahrrad aufladen kann. Das wissen Sie doch. Da kann man doch nicht sagen, dass da nichts passiert. Das ist auch nicht richtig.

Mein letzter Punkt, den ich noch anbringen möchte, ist die gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr. Wir reden ja hier viel von Berlin. Ich muss sagen: Wenn alle Verkehrsteilnehmer sich an Regeln halten,

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch die Fahrradfahrer!)

sich gegenseitig akzeptieren und auch einmal den anderen vorlassen würden, auch wenn er einmal nicht das unbedingte Recht auf seiner Seite hat, dann wäre, glaube ich, schon viel erreicht.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig, ersetzt aber keine gute Infrastruktur!)

Darüber sollten wir auch einmal reden: wie sich einzelne Verkehrsteilnehmergruppen – da schließe ich alle mit ein – im Straßenverkehr unterhalten. Es ist manchmal wirklich abenteuerlich; da gebe ich Ihnen recht. Aber auch da sollten wir vielleicht mehr an die Vernunft appellieren. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Dann schauen wir, wie Ihr Antrag weiter behandelt wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Zierke. – Als Nächster spricht Patrick Schnieder von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7093472
Wahlperiode 18
Sitzung 229
Tagesordnungspunkt Förderung des Radverkehrs
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