Lothar BindingSPD - Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken
Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schäuble, Sie haben recht, dass die Schweiz das Bankgeheimnis lange sehr vornehm verteidigt hat. Insofern bin ich der festen Überzeugung, dass es richtig war, dass Peer Steinbrück die vornehme Abwehrhaltung der Schweiz gegenüber jeglichem Vorgehen gegen Steuerbetrug angekratzt hat. Ob „Kavallerie“ das richtige Wort war? – Ja, denn es hat sich gezeigt, dass der Schweiz ihre vornehme Abwehrhaltung nicht zugestanden wurde.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb war es überhaupt erst möglich, das Schweizer Abkommen ein bisschen zu entlarven. Besonders geärgert hat uns, dass dieser Ablasshandel, wie ihn Carsten Schneider bezeichnet hat, stilbildend für alle weiteren Abkommen gewesen wäre. Man stelle sich einmal vor: Ein solches Abkommen hätten wir ebenfalls mit allen anderen Staaten weltweit abgeschlossen. Das wäre ein absolutes Desaster.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Warum haben eigentlich nicht die Europäer oder wir FATCA gemacht? Wir hätten ebenfalls ein mit FATCA vergleichbares Abkommen schließen können. – Nein, die USA haben uns sehr geholfen – das stimmt –, aber auch Peer Steinbrück und – last, but not least – die SPD-geführten Länder. So viel Parteipolitik muss heute erlaubt sein. Ihr wart es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, sondern es waren die SPD-geführten Länder, die sich quergelegt haben. Wir, die SPD-Fraktion, haben das sehr gerne mitgetragen.
(Beifall bei der SPD – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das glaubst du doch selbst nicht!)
Heute geht es um den Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken. Wir sind dafür, dass sich alle fair am Steueraufkommen beteiligen. Deshalb ist es wichtig, dass wir ein Lizenzschrankengesetz machen. Da Kollege Middelberg den Bundestagswahlkampf bereits in den Fokus gestellt hat, will ich sagen: Wir machen zusammen wirklich gute Sachen. Deswegen wollte ich schon alles gegen Frau Karawanskij verteidigen. Aber ich muss sagen, dass wir trotz der guten Sachen immer wieder Dinge tun, die die SPD-Fraktion richtig ärgern. Ich nenne ein paar Beispiele. Das Erbschaftsteuergesetz ist alles andere als gerecht. Dass Minister Schäuble tatsächlich Patentboxen in Erwägung zog, war ein weltweit verheerendes Signal. Wir sind froh, dass wir das aufheben konnten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Dass Sie eine Registrierkassenpflicht verhindert haben, ist ein Desaster. Das öffnet dem weiteren Betrug Tür und Tor.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dass Sie die Einführung der einzig funktionierenden technischen Software INSIKA verhindert haben, ist ein Desaster und öffnet dem Betrug Tür und Tor.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Susanna Karawanskij [DIE LINKE])
Dass Sie den Fremdvergleichsgrundsatz gemäß dem aktuellen OECD-Standard verhindert haben, ist ein Desaster. Das hätte man ganz anders machen müssen.
(Beifall bei der SPD)
Dass wir bei den Verlustnutzungsbeschränkungen Ihretwegen Ausnahmen einführen mussten, ist ein Desaster.
(Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was Sie so alles mitgemacht haben! Das ist unglaublich!)
Noch ein aktuelles Beispiel: Der Schwellenwert für die Niedrigbesteuerung liegt bei 25 Prozent und nicht bei 15 Prozent, wie es die Grünen vorgeschlagen haben; das wäre ein Fehler gewesen. Das haben wir zusammen gut gemacht. Aber was ist im Gesetzgebungsverfahren passiert? Liebe Kollegen von der Union, Ihr habt darüber nachgedacht, ihn auf 15 Prozent festzulegen. Das wäre ein schwerer Fehler gewesen. Das konnten wir Gott sei Dank verhindern.
(Beifall bei der SPD)
Kommen wir zur Steuer-ID. Um es vorwegzunehmen: Wir wollen, dass alle Konten transparent sind. Es soll keine namenlosen, anonymen Konten mehr geben. Dass Name und Adresse angegeben werden müssen, ist nach dem Geldwäschegesetz klar. Wir wollen die Steuer-ID hinzunehmen, damit die Konten sicher identifiziert werden können, sodass man weiß, was alles über ein Konto abgewickelt wird und wer darüber verfügt. Die Bankenverbände haben uns gesagt, dass es dann keine Verbraucherkredite mehr gebe. Wenn jemand in einem Geschäft etwas spontan kaufen wolle, aber seine Steuer-ID nicht angeben könne, dann platze das Geschäft. Die Kollegen von der Union haben daraufhin gesagt, dass es wirklich schlecht sei, wenn jemand eine Waschmaschine als Sonderangebot nicht kaufen könne, weil er seine Steuer-ID nicht angeben könne. Wir haben daraufhin gesagt: Wir machen im Zusammenhang mit Verbraucherkrediten einen Kompromiss. Wir haben lange diskutiert. Dann kam die Idee auf, den Freibetrag im Zusammenhang mit der Steuer-ID auf 25 000 Euro festzulegen. Ich möchte die Gäste auf den Zuschauertribünen fragen, wann sie das letzte Mal eine Waschmaschine für 25 000 Euro gekauft haben. Das machen wohl die wenigsten. Die teuerste Waschmaschine, die ich gefunden habe, kostet 8 000 Euro. Im Ergebnis liegt dieser Waschmaschinenfreibetrag nun bei 12 000 Euro. Das ist im Grunde ein Desaster und lädt dazu ein, das, was wir heute beschließen, zu umgehen. Das ist objektiv ein Fehler.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Gleichwohl machen wir auch Gutes. Wir erhöhen die Mitwirkungspflichten, verstärken die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörden, und wir wollen, dass die Institute Geschäftsbeziehungen über Briefkastenfirmen melden. Das erhöht Transparenz. Das ist das Gute. Auch dass wir das steuerliche Bankgeheimnis aufheben, ist gut. Weiterhin ist positiv, dass jemand, der Anteile an ausländischen Gesellschaften hat oder mit diesen Geschäftsbeziehungen pflegt, das anzeigen muss. Da haben wir, glaube ich, sehr gute Dinge getan.
Wir machen oft sehr gute Gesetze, um kurz vor dem Ziel dann doch noch hier und da ein Schlupfloch aufrechtzuerhalten. Deshalb ist es gut, dass die Wahlen das nächste Mal anders ausgehen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann beschließen wir das mit der FDP! Dann geht das schneller!)
Dann können wir nämlich diese offenen Punkte noch klären, Schlupflöcher schließen und ein gerechtes Steuersystem schaffen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist auch unser gemeinsames Ziel. Dann könnt ihr künftig als Opposition zustimmen.
(Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer künftig in der Opposition mehr Einfluss hat, wisst ihr nicht!)
Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Lisa Paus für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7102707 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 231 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken |