27.04.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 231 / Tagesordnungspunkt 5 + 38

Martin RosemannSPD - Rentenpolitik

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Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein zentrales Versprechen unseres Sozialstaats ist es, dass diejenigen, die ihr Leben lang gearbeitet und unsere sozialen Sicherungssysteme mit ihren Beiträgen unterstützt haben, im Alter anständig leben können. Rente muss Altersarmut verhindern und muss einen angemessenen Lebensstandard sichern. Das gilt heute, aber auch in Zukunft. Alterssicherung muss verlässlich und finanzierbar sein. Das gilt sowohl für Jung als auch für Alt; das gilt für die Generation von heute und für die Generation von morgen und von übermorgen.

Genau da setzt das Gesamtkonzept zur Alterssicherung, das unsere Ministerin Andrea Nahles vorgelegt hat, an. Es stärkt die gesetzliche Rente und die betriebliche Altersvorsorge. Es bekämpft Altersarmut gezielt. Es verbessert die soziale Absicherung von Selbstständigen. Und es schafft 27 Jahre nach der deutschen Einheit ein einheitliches Rentenrecht in Ost und West.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zulasten zukünftiger Rentenbezieher im Osten!)

Meine Damen und Herren, für die SPD ist klar: Die gesetzliche Rente ist und bleibt der zentrale Grundpfeiler unserer Alterssicherung. Wir wollen ein weiteres Absinken des Rentenniveaus verhindern. Deshalb begrüßen wir den Vorschlag der Ministerin für eine doppelte Haltelinie.

(Beifall bei der SPD)

Markus Kurth, dir will ich an dieser Stelle sagen: 46 Prozent sind die gesetzliche Haltelinie im Gesamtkonzept der Ministerin, aber das ist nicht die politische Zielgröße. Natürlich müssen wir alles tun – das muss das politische Ziel bleiben –, damit das Rentenniveau über diesen 46 Prozent bleibt. Mit dieser doppelten Haltelinie wird das Rentenniveau stabilisiert, ohne dass die Beiträge übermäßig steigen. Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil wir wissen, dass eben nicht nur die Rentenversicherung von der demografischen Veränderung betroffen ist, sondern auch die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung.

Beides, eine Stabilisierung des Niveaus und eine Verhinderung eines übermäßigen Anstiegs der Rentenbeiträge, funktioniert nur, wenn wir mehr Steuermittel in Form eines Demografiezuschusses, wie das die Ministerin genannt hat, einbringen und wenn wir gesamtgesellschaftliche Aufgaben konsequent über Steuermittel finanzieren.

Dieses Konzept der doppelten Haltelinie ist in der Anhörung, die der Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Rentenpolitik gemacht hat, auf positive Resonanz gestoßen. Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin Herrn Dr. Thiede von der Deutschen Rentenversicherung zitieren, der gesagt hat:

Wir halten dieses Konzept für sehr sinnvoll, weil es sicherstellt, dass die demographischen Belastungen nicht einseitig einer Gruppe zugewiesen werden. Wenn man gar keine Haltelinie hätte, oder nur eine, dann wäre die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die demographische Belastung ganz überwiegend oder sogar komplett entweder die Beitragszahler oder die Rentenempfänger tragen müssten.

Die gleiche Anhörung hat auch deutlich gemacht, dass Altersarmut eben nicht vorrangig eine Frage des Rentenniveaus ist, sondern eine Frage der Erwerbsbiografie. In diesem Zusammenhang wurden bestimmte Personengruppen genannt: Kleinselbstständige, Erwerbsgeminderte, Langzeitarbeitslose, die von Altersarmut besonders betroffen sind. Auch hier hat die Ministerin mit ihrem Gesamtkonzept zielgerichtete Vorschläge vorgelegt. Wir als Große Koalition verbessern – das werden wir am Freitag debattieren – zum zweiten Mal die Erwerbsminderungsrente, weil Erwerbsminderung ein so zentrales Risiko für Altersarmut ist.

Darüber hinaus hat die Ministerin vorgeschlagen, Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Das unterstützt unsere Fraktion als ersten konkreten Schritt hin zu einer Erwerbstätigenversicherung ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen: Wer sein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, der soll, auch wenn das Einkommen gering war, im Alter nicht zum Sozialamt gehen müssen. Das ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine Frage der Würde. Deshalb unterstützen wir den Vorschlag der Ministerin für eine Solidarrente. Wir halten es für einen sehr klugen Vorschlag, dass sie für diese Personen in jedem Fall über der Grundsicherung liegt, unabhängig davon, ob sie auf dem flachen Land in Mecklenburg-Vorpommern oder in Ballungsräumen wie in Stuttgart oder Tübingen leben. Wir fragen uns, warum der Koalitionspartner an dieser Stelle diesen pragmatischen und sinnvollen Vorschlag nicht unterstützen konnte.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, um die demografischen Herausforderungen – also Babyboomer, sinkende Geburtenrate und steigende Lebenserwartung – auch in Zukunft bewältigen zu können, braucht es neben einer starken gesetzlichen Rente auch eine möglichst flächendeckende betriebliche Altersvorsorge. Mit unserer Betriebsrente Plus setzen wir genau da an. Wir setzen auf eine zielgenaue Förderung von Geringverdienern, eine stärkere Arbeitgeberfinanzierung bei der betrieblichen Altersvorsorge und auf einfache und attraktive Angebote für Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Tarifpartner, von denen auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren können. Vor allem setzen wir bei der betrieblichen Altersvorsorge auf Solidarität: große kollektive Systeme statt individuelle Lösungen.

Ich komme zum Schluss. Egal ob gesetzliche Rente oder betriebliche Altersvorsorge: Grundlage für gute Renten ist immer eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Auch gilt für jede und jeden Einzelnen der Zusammenhang zwischen guter Bildung, guter Arbeit, guten Löhnen und guten Renten. Deswegen fängt gute Rentenpolitik schon mit der Bildungspolitik an und geht auf dem Arbeitsmarkt weiter. Deshalb müssen wir Erwerbsbiografien stärken und gleiche Chancen schaffen.

Genau das haben wir in dieser Wahlperiode an unterschiedlichen Stellen begonnen: mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, mit Anreizen für eine bessere Tarifbindung, mit der Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen, mit all dem, was wir getan haben und noch tun wollen, um die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern zu reduzieren, und vor allem auch dadurch, dass wir es Menschen ermöglichen, länger gesund im Arbeitsleben zu bleiben, mit einem vorsorgenden Sozialstaat, der in Prävention und Rehabilitation und in die Qualifikation der Beschäftigten investiert und sie auf dem Weg durch das Arbeitsleben begleitet und auch bei Umbrüchen unterstützt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Peter Weiß für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7102727
Wahlperiode 18
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Rentenpolitik
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