27.04.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 231 / Tagesordnungspunkt 6

Susanne MittagSPD - Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr de Maizière! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der heute zu beschließenden Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes haben wir es mit einem, wie man bei uns im Norden – da sind die richtigen Bundesländer – sagt, echten Dickschiff zu tun, und zwar nicht nur, was den Tiefgang der Beratungen angeht – wir haben uns damit ordentlich beschäftigt –, sondern auch, welche Bugwelle das Ganze gesetzgeberisch und besonders organisatorisch für das BKA vor sich herschiebt. Denn wir haben es nicht nur mit einer vollkommenen Umstrukturierung – das ist schon erwähnt worden – des Datenbestandes des BKA zu tun, die auch die Länder betrifft, nein, in diesem Geleitzug werden wir heute auch das Datenschutz-Anpassungs- und ‑Umsetzungsgesetz und das Europol-Gesetz beschließen. Alle drei Gesetze haben Bezüge zueinander. Das Europol-Gesetz wird heute Abend ebenfalls im Plenum behandelt und wurde hinsichtlich der Umsetzungsfristen dem BKA-Gesetz angepasst.

Bei der Diskussion und Prüfung wurde deutlich, dass die Gesetze nur bedingt aufeinander bzw. auf die Bundesländer abgestimmt waren. Wir haben nochmals Experten aus den Polizeien der Länder zu Rate gezogen. Dabei stellte sich heraus, dass das BKA-Gesetz in seinem ersten Entwurf in der Praxis gar nicht hätte umgesetzt werden können.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)

Die Daten der Länderpolizeien hätten nicht automatisiert in das neue System übernommen werden können, sondern hätten erst überprüft und katalogisiert werden müssen. Das wäre nur mit einem immensen Personalaufwand möglich gewesen und war damit indiskutabel. Ich möchte mich deswegen ganz ausdrücklich bei den Länderpolizeien aus Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern bedanken, die uns innerhalb kürzester Zeit mit ihrer Expertise geholfen und zu einer praktikablen Lösung beigetragen haben, wie auch beim Kollegen Binninger. Sie haben das Gesetz zusammen mit der SPD gemacht, damit es umsetzbar ist und sich nicht die Länder fragen, was wir hier im Bund beschlossen haben.

Ausgangspunkt für die komplette Umstrukturierung der Datensysteme war das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes – das ist hier schon erwähnt worden –, das das BKA-Gesetz in der bisherigen Form in Teilen als nicht rechtmäßig ansah.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie Mist gemacht haben!)

Das hat dazu geführt, dass das BMI uns sicherheitshalber – wie passend – einen Entwurf vorgelegt hat, der sich zum Teil wortwörtlich an den Vorgaben des höchsten deutschen Gerichtes orientiert. In Anhörungen haben einige Sachverständige bemängelt, so genau hätte man das gar nicht machen müssen, das wäre gar nicht nötig gewesen. Das mag sein, verhindert, wie ich denke, aber sicherlich eine neue Verfassungsrechtsproblematik.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na!)

Denn wir müssen dem BKA die nötige Zeit und Sicherheit geben, um die so wichtige Aufgabe der Umstrukturierung neben den bereits erheblich gewachsenen Aufgaben erfüllen zu können. Dabei fangen sie jedoch nicht bei Null an.

Ich habe gerade schon die Zusammenarbeit mit den Länderpolizeien bei den Beratungen gelobt. Diese Zusammenarbeit wird sich in den nächsten Jahren noch vertiefen, und zwar als gleichberechtigte Partner.

Ich möchte hier klarstellen, dass das Bundeskriminalamt eine Zentralstellenfunktion für das polizeiliche Nachrichten- und Auskunftswesen hat und Dienstleister ist. Das heißt nicht, dass sich daraus eine übergeordnete Vorgesetztenfunktion ergibt. Ziel ist eine informationstechnische Verknüpfung in einem föderalen System. Wir alle haben es mitgekriegt: Das hat in den letzten Jahren nicht immer gut geklappt.

Bei endlichen finanziellen und personellen Ressourcen, wachsenden Aufgaben und neuen Phänomenen können wir uns 19 Parallelstrukturen in diesem Land nicht leisten. Man denke nur an das Ausmaß der Netzkriminalität, die zu bearbeiten ist. Bei den Verfahren geht es derzeit locker um Daten im Terabyte-Bereich.

Als Beispiel möchte ich hier auch einmal das Hinweis­portal des BKA nennen, die sogenannte Boston Cloud. Diese vom BKA betriebene Infrastruktur wird anlassbezogen und für einen begrenzten Zeitraum, in dem die Bürgerinnen und Bürger Fotos und Videos hochladen können, freigeschaltet. Diese Daten stehen dann den Polizeibehörden in den Ländern für ihre Ermittlungen zur Verfügung. Das ist zuletzt nach den Angriffen bei dem Bundesligaspiel des BVB gegen Leipzig am 4. Februar 2017 der Fall gewesen.

Das sind wichtige Strukturen, die die Polizei für ihre länderübergreifende Arbeit benötigt. Durch die flächendeckende Verbreitung und den andauernden Gebrauch von Smartphones kommen hier riesige Datenmengen zusammen, die den Behörden übermittelt werden. Diese müssen auch erst einmal verarbeitet und geschützt werden; denn es gab auch schon Hackerangriffe auf dieses Portal.

Es ist zukunftsorientiert, dass das BKA als Zentralstelle diesen Service anbietet und die Arbeit der Polizei vernetzt und unterstützt. Das gilt auch in Bezug auf die Informations-, Einsatz- und Kriminaltechnik in der bisherigen Form – diese ganze Arbeit läuft ja weiter –, in Bezug auf die neuen Bereiche wie die elektronische Aufenthaltsüberwachung – so heißt das nämlich – und in Bezug auf die Organisation des Inneren Sicherheitsfonds – unter anderem zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität –, was nämlich auch beim BKA stattfindet.

Ich denke, dieser Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung unserer Sicherheitsstrukturen und zur effizienten Kriminalitätsbekämpfung. Über die haushalterischen Auswirkungen unterhalten wir uns demnächst noch einmal; denn dazu gibt es auch noch einiges zu beschließen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. – Als letzter Redner in dieser Debatte spricht jetzt Clemens Binninger von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7102790
Wahlperiode 18
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes
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