27.04.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 231 / Tagesordnungspunkt 13

Patrick SensburgCDU/CSU - Aufenthaltsüberwachung extremistischer Straftäter

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Nachmittag haben wir über das Thema Fußfessel im präventiven Einsatz diskutiert, also bei Gefährdern. Von diesen gibt es – wir haben es eben gehört – in Deutschland fast 600. Übrigens sind fast 100 dem Land Nordrhein-Westfalen zuzuordnen; auch das muss man sagen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden auch weiter ohne Fußfessel rumlaufen!)

Man muss feststellen, dass allein diese Zahl zeigt, dass Nordrhein-Westfalen eines der unsichersten Bundesländer ist.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: So ein Quatsch! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihnen das nicht langsam irgendwie peinlich?)

– Das festzustellen, gehört dazu, wenn man sich die Kriminalitätsstatistik anschaut. – Wenn man sich zum Beispiel die Zahl der Einbrüche anschaut, stellt man fest, dass es in Nordrhein-Westfalen genauso viele Wohnungseinbrüche gab wie in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zusammen.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Vergleichen Sie das mal mit Bayern! 10 Prozent Zunahme in Bayern, 3 Prozent Rückgang in NRW! Kriminalstatistik 2016!)

Auch das ist eine Zahl, die dafür spricht, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung Sicherheit in diesem Bundesland nicht herstellen kann.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Das ist unter Ihrem Niveau!)

Darum ist es traurig – das muss ich ganz ehrlich sagen –, dass Nordrhein-Westfalen, wenn es um Sicherheitsgesetze geht, im Bundesrat immer wieder blockiert und dagegenstimmt.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Völliger Quatsch, was Sie erzählen! Völliger Blödsinn!)

Kollege Ströbele hat es gerade angesprochen: Die Zahl derer, für die die Fußfessel im präventiven Bereich – darüber haben wir heute Nachmittag debattiert – angeordnet werden könnte, ist gering. Heute Nachmittag haben wir den Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes beschlossen. Darin ging es um die Fußfessel im Zuständigkeitsbereich des BKA. Die Länder müssen jetzt natürlich auch ihre Hausaufgaben machen. Gerade die Länder sind mit ihren Landespolizeien dafür zuständig, dass auch dort die Fußfessel präventiv eingesetzt wird. Nordrhein-Westfalen könnte da jetzt sehr aktiv werden und zeigen, dass Nordrhein-Westfalen es mit der Sicherheitspolitik ernst meint.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Die Debatte hatten wir heute schon!)

Aber ich glaube, dass Nordrhein-Westfalen hier wieder ein Ausfall sein wird und nichts für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger tun wird.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Was für ein Quatsch! – Dr. Eva Högl [SPD]: Was für eine schlechte Rede!)

Herr Kollege Sensburg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gerne.

(Frank Tempel [DIE LINKE]: Hätten Sie die von mir auch angenommen?)

Vielen Dank, Herr Kollege Sensburg, und vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich möchte Ihnen eine einfache mathematische Frage stellen. Wenn von 600 Gefährdern 100 aus NRW kommen, ist das ein Sechstel. Wenn NRW wirklich so viel gefährdeter sein soll, müsste die Gesamtbevölkerungszahl Deutschlands also mehr als 102 Millionen Einwohner betragen,

(Heiterkeit der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Sehr gut!)

weil Nordrhein-Westfalen, was die Zahl der Gefährder betrifft, ansonsten unter dem Durchschnitt liegen würde – und liegt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)

Ich habe gesagt, dass sie dem Land Nordrhein-Westfalen zuzuordnen sind. Nicht alle 600 Gefährder – das wissen auch Sie – sind derzeit in Deutschland. Sie kommen aus verschiedenen Bundesländern, und es besteht die Gefahr, dass sie dorthin zurückkehren.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn, dann gehen sie nach NRW! Das ist ja klar!)

Die Frage ist, was wir in den Landespolizeigesetzen jetzt präventiv machen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 100 von 600, das ist ein Sechstel! Nordrhein-Westfalen hat aber ein Fünftel der Einwohner! Wie kann das denn sein?)

Werden die einzelnen Bundesländer präventiv die Fußfessel einführen, werden sie also dem Vorbild des Bundes – Stichwort „BKA-Gesetz“ – folgen, oder werden sie nichts tun?

(Ulli Nissen [SPD]: Wie war das noch mit dem Dreisatz, Herr Kollege? – Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)

– Ich bin noch bei der Beantwortung Ihrer Frage.

Herr Kollege Lenkert, Sie müssen schon stehen bleiben, bis die Frage beantwortet wurde.

(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Das ist ja nicht die Antwort auf meine Frage! – Weitere Zurufe von der LINKEN: Das, was er sagt, hat ja mit der Frage nichts zu tun! – Die wird doch nicht mehr beantwortet!)

Doch, ich bin noch mittendrin.

Der Kollege Sensburg entscheidet, was zur Antwort gehört.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist ja noch mit seiner Rechenaufgabe beschäftigt!)

Sie müssen schon stehen bleiben, bis er fertig ist. – Danke schön.

Es geht um die Frage – ich sage es noch einmal –: Werden die Bundesländer und gerade das Land Nordrhein-Westfalen präventiv tätig werden, um die ihnen zuzuordnenden Gefährder auch mit einer Fußfessel überwachen zu können? Wenn Sie die Debatte heute Nachmittag verfolgt hätten, hätten Sie gehört, dass der Kollege Binninger gesagt hat, man brauche 25 bis 30 Polizeibeamte, um einen Gefährder die ganze Zeit zu beobachten. Ich glaube, es ist eine deutlich effektivere Maßnahme, eine Fußfessel einzusetzen, um zu wissen, wo sich der jeweilige Gefährder befindet. Wenn man in einem Bundesland bis zu 100 Personen, die Gefährder darstellen, zugeordnet hat, dann sollte auch ein Land wie Nordrhein-Westfalen tätig werden und nicht die Hände in den Schoß legen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das BKA ist auch für Nordrhein-Westfalen zuständig!)

Jetzt komme ich zur repressiven Anwendung der Fußfessel; denn darüber debattieren wir heute. Das ist eben ziemlich durcheinandergegangen. Auch der Kollege Ströbele hat wieder vom Fall Amri geredet, obwohl dieser noch gar nicht verurteilt war, sodass es also um die präventive Fußfessel ging. Schauen wir uns jetzt also die repressive Anwendung der Fußfessel und die Änderungen im Strafgesetzbuch sowie in der Strafprozessordnung an.

Hier geht es – das ist vom Kollegen Dr. Ullrich gesagt worden, der eben übrigens seine 100. Rede in dieser Legislaturperiode hier im Plenum gehalten hat –

(Beifall des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU] – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, dann muss er einen ausgeben!)

um Delikte wie die Bildung einer terroristischen Vereinigung, schwere staatsgefährdende Gewalttaten und die Finanzierung solcher Straftaten. Ich muss sagen: In diesen Fällen wäre der Einsatz der Fußfessel richtig. Als der Kollege Ullrich eben angesprochen hat, dass wir die Fußfessel bei Sexualstraftätern schon einsetzen, habe ich aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen Zurufe wie: „Das ist auch richtig!“ gehört.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben wir ja auch denselben Tätertyp! Da macht das Sinn!)

Wenn der Einsatz der Fußfessel in diesen Fällen richtig ist, Sie bei solchen Straftaten nicht die Abschaffung der Fußfessel fordern, Sie also ihre Brauchbarkeit anerkennen, dann müssen Sie konsequenterweise sagen, dass wir sie auch bei schweren Straftaten mit terroristischem Hintergrund einsetzen sollten.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das hat etwas mit dem Tätertyp zu tun!)

Sie macht Sinn, verhindert Straftaten und lässt Straftaten zuordnen.

Wir werden erleben, dass immer mehr Täter nach Verbüßung einer Haftstrafe unter Führungsaufsicht gestellt werden müssen, weil sie die Gefahr bergen, wieder ähnliche Straftaten zu begehen, die Landesgrenzen zu überqueren, sich an Orten zu treffen, die wir kennen, und sich möglicherweise an Orten zu verabreden, wo Hassprediger ihrem schlimmen Treiben nachgehen. Deswegen ist es gut, dass wir die Fußfessel nicht nur präventiv einsetzen, sondern auch dann, wenn jemand schon verurteilt worden ist, wir wissen, dass er entsprechende Taten begangen hat, und er immer noch eine Gefahr birgt. Da gibt es eben nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch viele, viele Zwischenstufen. Manche Personen haben sich vielleicht verleiten lassen. Mit der klaren Ansage: „Da gehst du nicht mehr hin; das machst du nicht mehr“, erkennen sie mit der Zeit vielleicht, dass sie auf einem Irrweg waren.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7103089
Wahlperiode 18
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Aufenthaltsüberwachung extremistischer Straftäter
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