Michael GerdesSPD - Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass wir gerade zum Tag der Arbeit bereits zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode Verbesserungen für Erwerbsgeminderte auf den Weg bringen. Das zeigt die Dringlichkeit bzw. den Ernst der Lage. Wir wollen und dürfen nicht übersehen: Erwerbsminderung ist ein echtes Armutsrisiko. Insbesondere für diejenigen, die sich private Vorsorge gar nicht erst leisten können oder deren Berufsunfähigkeitsversicherungen dann doch nicht zahlen, ist es wichtig, dass sie vernünftig abgesichert werden. Viel zu lange waren die Erwerbsminderungsrenten im freien Fall, wie es der DGB einmal vor Jahren beschrieben hat. Als Sozialdemokrat und Gewerkschafter bin ich froh, dass unsere Arbeitsministerin Nahles beim Thema Rente einen sehr umfassenden Ansatz verfolgt.
(Beifall bei der SPD)
Wer aufgrund von Krankheit nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft aufzubringen, darf und muss auf die Hilfe der Solidargesellschaft setzen. So definieren wir soziale Absicherung. Bauchschmerzen macht mir vor allem, dass relativ viele Erwerbsminderungsrentner auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Das erscheint wenig gerecht, vor allem dann, wenn man lange Jahre gearbeitet und ins System eingezahlt hat. Schließlich liegt das Durchschnittsalter der Antragsteller bei knapp 52 Jahren. Da ist ein großer Teil des Arbeitslebens bereits absolviert, und es ist schwer, zu akzeptieren, auf ein Existenzminimum zu fallen.
Das wollen wir ändern. Diese Gerechtigkeitslücke schließen wir ein Stück weit. Mit der angestrebten Gesetzesänderung erhalten all diejenigen, die nicht mehr arbeiten können, ein wenig mehr Rente.
(Beifall bei der SPD)
Das erreichen wir, wie bereits gehört, durch die Verlängerung der Zurechnungszeiten. Gleichzeitig wissen wir, wie bescheiden das Niveau der Rentenzahlung an Erwerbsgeminderte ist.
Losgelöst von der Verlängerung der Zurechnungszeiten möchte ich an dieser Stelle den Vorsorgegedanken in den Fokus rücken. Wichtig ist, dass wir nicht erst aktiv werden, wenn es um die vorzeitige Verrentung geht. Unser Grundgedanke lautet: Prävention vor Reha, Reha vor Rente.
(Beifall bei der SPD)
Frühzeitig müssen Unternehmen über Gesundheitsförderung und Belastungen am Arbeitsplatz nachdenken. Das tun auch viele. An vielen Stellen kann durch moderne technische Hilfsmittel die Zahl arbeitsbedingter Verschleißerkrankungen verringert werden. Wir müssen gemeinsam mit den Unternehmen darauf abzielen, Erwerbstätige vor Berufsunfähigkeit zu bewahren.
Dabei ist zwischen körperlichen und mentalen Belastungen zu unterscheiden. Insbesondere die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt. Nicht von ungefähr hat die SPD-Fraktion in dieser Legislaturperiode laut über eine Antistressverordnung nachgedacht. Immerhin gibt es seit wenigen Monaten die neue Arbeitsstättenverordnung, die auch eine psychische Gefährdungsbeurteilung vorsieht.
Der Leistungsdruck in der Arbeitswelt von heute ist enorm. Das Gesundheitsmanagement der Betriebe und die Eingliederung der von Krankheit Betroffenen stellen daher eine große Herausforderung dar. Ohne Prävention wird es vor dem Hintergrund der älter werdenden Gesellschaft nicht gehen. Ein diesbezüglich interessantes und durchaus vorbildliches Unternehmen sind die Berliner Verkehrsbetriebe. Hier arbeiten überdurchschnittlich viele Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Viele der BVG-Mitarbeiter sind erst im Laufe ihres Berufslebens erkrankt und werden nach Begutachtung ihrer veränderten Fähigkeiten an anderer Stelle im Unternehmen eingesetzt. Die Leistungen der Rentenversicherung zur Teilhabe am Arbeitsleben sind diesbezüglich sehr vielfältig. Es macht Sinn, die Versicherten und die Unternehmen mehr und mehr auf diese Hilfestellungen hinzuweisen.
Trotz allem behält die Erwerbsminderungsrente ihre Berechtigung. Umschulung heißt nicht zwangsläufig Wiederherstellung von Arbeitsfähigkeit. Jeder Fall ist anders und muss individuell betrachtet werden. Das macht die Rentenverfahren in der Regel so aufwendig und langwierig.
Ein Wort noch zu den sogenannten Bestandsrentnern. Hier sind erneut keine Veränderungen bzw. Verbesserungen vorgesehen. Das ist schmerzlich. Wir bekommen als Abgeordnete viele Zuschriften, von denen jede einzelne beklagenswert ist. Aber jede Sozialreform, jede Aufstockung von Leistungen muss finanziert werden, und genau an dieser Stelle bleiben wir immer wieder stecken, so bedauerlich ich das auch finde. Aber wir bleiben am Ball.
Herzlichen Dank und Glück auf! Ich wünsche Ihnen einen schönen 1. Mai.
(Beifall bei der SPD)
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Stephan Stracke für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7103205 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit |