28.04.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 232 / Zusatzpunkt 7

Hubertus ZdebelDIE LINKE - Ausfuhr von Brennelementen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Linke fordert die Bundesregierung auf, ein sofortiges Exportverbot von Urankernbrennstoffen aus den Anlagen in Gronau und Lingen zum Einsatz in den störanfälligen belgischen Atomkraftwerken Tihange und Doel anzuordnen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anfragen der Linken hatten bereits im September vergangenen Jahres gezeigt, dass allein im letzten Jahr, also 2016, insgesamt 68 neue Brennelemente aus der Uranfabrik in Lingen an den maroden Risikoreaktor im belgischen Tihange geliefert worden sind. Die Haltung der Bundesregierung ist in unseren Augen komplett schizophren. Einerseits fordern Sie, Frau Ministerin Hendricks, vollkommen zu Recht – übrigens auch auf Empfehlung der Reaktor-Sicherheitskommission –, dass diese Anlagen dringend abgeschaltet gehören. Andererseits sorgen Sie dafür, dass weiterhin der Brennstoff für den Weiterbetrieb dieser maroden Atomkraftwerke aus Deutschland geliefert wird. Das passt doch hinten und vorne nicht zusammen, was die Regierung da macht.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Lieferung von angereichertem Uran aus der Atomfabrik in Gronau und Brennelementen aus der Atomfabrik in Lingen werden etwa ein Drittel aller Atomkraftwerke weltweit mit dem notwendigen Brennstoff versorgt. Trotz der Forderung der Antiatombewegung weigert sich die Bundesregierung bisher, die Uranfabriken in Gronau und Lingen stillzulegen. Das muss politisch korrekt so weiterentwickelt werden, dass auch diese Anlagen in den Atomausstieg aufgenommen werden. Das fordern wir Linke schon seit Jahren. Das muss endlich umgesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist ein Skandal, dass die Atomreaktoren in Doel und Tihange durch die Atomanlagen in Lingen und Gronau weiterhin atomaren Brennstoff erhalten.

(Beifall der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Damit wird der unverantwortliche Weiterbetrieb dieser Schrottanlagen durch die Exportgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das im Nuklearbereich dem Bundesumweltministerium und damit Ihnen, Frau Hendricks, untersteht, ermöglicht. Nicht nur in NRW und insbesondere rund um Aachen sorgen sich die Menschen um eine Atomkatastrophe durch den maroden Block 2 des AKW Tihange und die anderen altersschwachen Reaktoren. Damit muss endlich Schluss gemacht werden. Die Bundesregierung muss die Ausfuhrerlaubnis für derartige Uranlieferungen untersagen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Handlungsmöglichkeiten, Frau Ministerin. Exporte von Uranbrennstoff und dessen Nutzung in Atomkraftwerken wie im belgischen Tihange tragen direkt zur Sicherheitsgefährdung Deutschlands bei. Ein Gefährdungsausschluss ist aber nach dem Atomgesetz zwingende Genehmigungsvoraussetzung. Darauf hatte vor einigen Monaten die Rechtsanwältin Ziehm in einem Rechtsgutachten hingewiesen. Wir erleben an dieser Stelle allerdings ein unerträgliches Doppelspiel. Inzwischen fordern alle Landtagsfraktionen in NRW inklusive der CDU – hört, hört! – und der SPD sowie sogar der FDP einen Exportstopp für die Lieferungen nach Tihange und Doel.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na so was aber auch! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Laschet vorneweg!)

Hier im Bundestag, wo entschieden wird, machen allerdings die Bundesregierung, die SPD-geführten Ministerien für Umwelt und Wirtschaft und das Bundeskanzleramt nicht mit. Sie, Frau Hendricks, streiten jegliche weitere Handlungsmöglichkeit ab.

Ich gebe Ihnen recht: Es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ich habe gerade deutlich gemacht, welche Rechtsauffassung ich teile und dass Sie durchaus von Ihren Möglichkeiten Gebrauch machen sollten, um das zu untersagen. Aber was macht man denn in einem Fall, in dem es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt? Man lässt das juristisch prüfen. Ich fordere Sie auf, sämtliche rechtliche Schritte zu unternehmen, damit die Angelegenheit geklärt wird. Das wäre doch konsequentes Handeln. Stattdessen verstecken Sie sich hinter einem Rechtsgutachten.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen insbesondere in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Rheinland-Pfalz haben einen Anspruch darauf, dass CDU/CSU und SPD im Deutschen Bundestag vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen Farbe bekennen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann kann dieses unerträgliche Doppelspiel endlich aufhören. Einerseits sagen Sie in NRW, dass Sie dagegen sind. Andererseits sagen Sie hier im Bundestag – wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Weisgerber –: „Wir wissen es nicht“, oder: „Wir sind dafür.“ Das muss aufhören. An dieser Stelle müssen Sie Farbe bekennen. Dazu haben Sie nachher die Möglichkeit bei dem Antrag, den die Grünen gestellt haben.

Wir fordern von der Bundesregierung, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, mit allen juristischen Mitteln gegen den Weiterbetrieb der in Rede stehenden Atomkraftwerke vorzugehen und jegliche Lieferung von Uranbrennstoff an diese Anlagen zu verhindern.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Bundesregierung hat nun die zuständige Bundesministerin Frau Hendricks das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7103214
Wahlperiode 18
Sitzung 232
Tagesordnungspunkt Ausfuhr von Brennelementen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta