Hiltrud LotzeSPD - Ausfuhr von Brennelementen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Menschenketten kenne ich auch aus dem Wendland, aus Gorleben. Aber zu sagen, dass die Bundesregierung nicht handelt, ist natürlich falsch und Quatsch.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Es ist heute Morgen schon erwähnt worden: Wir haben in dieser Woche an die Katastrophe von Tschernobyl vor 31 Jahren gedacht. Vor sechs Jahren hatten wir den schweren Unfall in Fukushima. Es ist aller Ehren wert, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass Sie mit Ihrem Antrag und der Debatte heute noch einmal daran erinnern.
Es bleibt so: Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, die vom Menschen nicht beherrschbar ist. Der infolge von Tschernobyl und Fukushima beschlossene Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie muss unumkehrbar bleiben. Wer diesen Atomausstieg zurücknehmen will oder wer sogar die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängern will, der handelt menschenfeindlich.
(Beifall bei der SPD)
Die Zukunft einer sicheren, bezahlbaren und klimafreundlichen Energieversorgung liegt allein in den erneuerbaren Energien. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wir teilen viele Ansätze Ihres Antrages. Aber nicht alles, was politisch wünschenswert ist, ist rechtlich sofort umsetzbar. Auch wir sind der Ansicht, dass das Betreiben von Uranfabriken und der Export von Brennelementen nicht zum Ausstieg aus der Atomenergie passen. Wir wissen – das wissen Sie auch –, dass ein sofortiges Exportverbot des Kernbrennstoffes Uran und die Stilllegung von Uranfabriken ein weitreichender Eingriff in bestehende Rechte sind. Ob und unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen dieses gerichtsfest möglich ist, müssen wir eben prüfen.
(Beifall bei der SPD)
Ein Gutachten zum Exportverbot liegt vor. Ein weiteres Gutachten zur Stilllegung der Anlagen ist in Auftrag gegeben worden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse werden wir das Thema gründlich beraten und dann einen rechtssicheren – ich betone: rechtssicheren – Weg finden und Schritte beschließen, um zum gemeinsamen Ziel zu kommen.
(Beifall bei der SPD)
Klar ist: Die Verantwortung für den Betrieb eines Atomkraftwerkes endet nicht an den Staatsgrenzen. Dass Menschen und Umwelt diesseits und jenseits der Grenzen geschützt werden müssen, muss das oberste Ziel sein. Das müssen wir in Europa durch Überzeugungsarbeit, durch Verhandlungen und Verträge erreichen. Hier – das haben wir hier schon gehört – liegt noch eine Menge Arbeit vor uns und, ich fürchte, auch ein etwas längerer Weg. Die Ministerin hat es beschrieben.
Stattdessen, liebe Kolleginnen und Kollegen, erwecken Sie mit Ihren Anträgen den Eindruck, als könnte die Umweltministerin die Lieferung der Brennelemente sofort stoppen. Sie wollen weiter den Eindruck erwecken, als könnte die Umweltministerin mal eben so veranlassen, dass die Schrottreaktoren in Belgien stillgelegt werden. Sie machen den Leuten etwas vor.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Steffen Kanitz [CDU/CSU])
Wir leben in einem Rechtsstaat, wir leben in der Europäischen Union: Ein souveräner Staat ist ein souveräner Staat, ein Vertrag ist ein Vertrag, und ein Gesetz ist ein Gesetz. Die deutsche Umweltministerin hält sich an Recht und Gesetz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann will auch die nordrhein-westfälische rot-grüne Landesregierung nichts anderes, als einen rechtssicheren Weg beschreiten. Wir sind sehr dankbar dafür und wollen diese demokratische und rechtsstaatliche Errungenschaft, die wir haben, nicht zu gering einschätzen. Meine Fraktion und ich werden diese Werte immer verteidigen, auch wenn uns das Ergebnis, wie in diesem Fall, nicht gefallen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es hat bisher keinen Umweltminister oder keine Umweltministerin gegeben, die den Atomausstieg so glaubhaft vertritt
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch das Allerletzte!)
und so systematisch vorantreibt wie Barbara Hendricks.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie macht das unaufgeregt und pragmatisch. Sie macht es, weil es ihr wichtig ist.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Wie sieht es mit der Strategie der Grünen, der Doppelstrategie, aus? Sie attackieren heute hier die Umweltministerin, während Sie im Landtag von Nordrhein-Westfalen, wenn ich es richtig gelesen habe, in der sehr erfolgreichen rot-grünen Landesregierung mit Anträgen den Kurs der Bundesumweltministerin unterstützen, nämlich den Rechtsweg zu beschreiten.
(Beifall bei der SPD – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch ich werde einfach den Eindruck nicht los, dass der Antrag hier etwas mit dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen zu tun hat.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)
Ich verstehe natürlich sehr gut, dass man sich etwas einfallen lassen muss, wenn die Umfragewerte nicht so gut sind.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Sie müssen heute Abend mal Politbarometer gucken!)
Aber wenn Sie jetzt den Menschen weismachen wollen, die Bundesumweltministerin würde sich nicht genug für die Menschen in den Grenzregionen einsetzen, dann ist das nicht nur sehr durchsichtig, sondern auch falsch; denn das genaue Gegenteil ist der Fall.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich habe gesagt, wir teilen Ansätze aus Ihrem Antrag, und wir sind im Ziel überhaupt nicht auseinander. Ich glaube deswegen, dass es schlicht die falsche Strategie ist, mit der Sie hier gerade vorgehen. Denn auch wir haben das Ziel – das hat auch die Ministerin gesagt –, einen rechtssicheren Weg zu beschreiten, um am Ende dazu zu kommen, dass die Uranfabriken irgendwann die Arbeit einstellen und wir keine Brennelemente mehr exportieren müssen.
Ich erlaube mir einen letzten Halbsatz.
Aber nur einen Halbsatz, Frau Kollegin Lotze.
Genau. – Ich kenne das aus Gorleben: Wenn wir über die Schließung von Firmen sprechen, dann reden wir auch über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das sollten wir an dieser Stelle auch nicht vergessen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt hat jetzt die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Bitte schön.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7103222 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Ausfuhr von Brennelementen |