Marina KermerSPD - Personalbemessung in den Krankenhäusern
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir alle sind uns einig, dass ausreichendes und gut qualifiziertes Pflegepersonal der Schlüssel zu qualitativ hochwertiger Pflege ist.
(Mechthild Rawert [SPD]: Jawohl!)
Denn ein komplexer und hochprofessioneller operativer Eingriff kann nur erfolgreich sein, wenn eine gute Wundversorgung und die Einhaltung von Hygienevorschriften garantiert sind. Insofern ist das Anliegen der uns vorliegenden Anträge ja nicht falsch. Im Gegenteil: Es ist gut und richtig, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen und auf die Probleme des Pflegepersonals hinzuweisen.
(Beifall bei der SPD)
In vielen Krankenhäusern und Kliniken klagen die Pflegerinnen und Pfleger über zu wenig Personal und zu viel Arbeit bei der Pflege am Bett, direkt beim Patienten. Als Regierungskoalition haben wir in dieser Legislatur mit verschiedenen Gesetzen, insbesondere mit dem Krankenhausstrukturgesetz in 2015, aktiv begonnen, Abhilfe zu schaffen. Mit anderen Worten: Damit sind wir erheblich weiter als in den Anträgen gefordert. Wir sind nämlich bereits auf dem Lösungsweg.
(Beifall bei der SPD)
Aktuell beraten wir die Einführung von verbindlichen Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen. Das ist ein wichtiges Zeichen für die Pflegerinnen und Pfleger in unseren Krankenhäusern, und es ist ein wesentlicher Baustein, um langfristig zu generellen Personalbemessungsstandards zu kommen.
(Beifall bei der SPD)
Warum? Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wurden umfassende Maßnahmen zur Sicherung der Krankenhausversorgung in Deutschland beschlossen. Seit 2016 können die Krankenhäuser erhebliche Mittel für mehr Personal abrufen. Nur: Mehr Geld für Personal allein hilft nicht, den Pflegenotstand in vielen Regionen aufzulösen. Es braucht strukturelle Veränderungen und Strategien, um mit den verfügbaren Fachkräften auch die Qualität zu sichern. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wurde die Einsetzung einer Expertenkommission beschlossen, deren Aufgabe es ist, bis Ende 2017 erstens die erhöhten Pflegebedarfe durch demenzielle oder sonstige Einschränkungen der Patienten darzustellen, zweitens Verbesserungen des allgemeinen Pflegebedarfs aufzuzeigen und drittens die Gelder aus dem Pflegestellen-Förderprogramm auf Dauer zu sichern. Meine Damen und Herren, das Ergebnis liegt bereits vor – ein Zeichen, wie intensiv die Kommission gearbeitet hat. Vielen Dank dafür allen Beteiligten!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ein Ergebnis der Arbeit der Expertenkommission ist die Feststellung, dass wir Pflegepersonaluntergrenzen besonders in pflegesensitiven Bereichen brauchen. Das wollen wir umsetzen; denn Pflegepersonaluntergrenzen legen fest, wie viele Pflegekräfte pro Patient in pflegesensitiven Bereichen arbeiten müssen. Damit werden wir die Pflegekräfte in diesen Bereichen aus dem Zustand der Dauerüberlastung befreien und ihnen das zurückgeben, was den eigentlichen Sinn ihrer Arbeit ausmacht: Zeit für die Versorgung der Patientinnen und Patienten. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern seit langem eine generelle Personalbemessung. In dieser Woche sind wir diesbezüglich einen entscheidenden Schritt weitergekommen.
(Beifall bei der SPD)
Wer allerdings einwendet, Pflegepersonaluntergrenzen seien keine generellen Personalbemessungsstandards, hat recht; denn generelle Personalstandards beinhalten Vorgaben für alle Stationen. Es fehlt derzeit das Personal, das dafür benötigt würde. Das wurde heute auch schon mehrfach dargestellt. Schon allein deshalb sind die Forderungen des Antrags unrealistisch.
Ja, wir haben einen Fachkräftemangel bei den Pflegekräften. Deshalb müssen wir heute nach Dringlichkeit entscheiden. In einem ersten Schritt wollen wir Mindeststandards festlegen, um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Um langfristig die Personaldecke in allen Krankenhäusern zu sichern, haben wir mit dem Reformpaket Krankenhausstrukturgesetz die gesamte Krankenhauslandschaft in Deutschland in den Blick genommen.
Die Situation in den einzelnen Bundesländern ist sehr unterschiedlich. Es gibt Regionen, in denen zu viele Krankenhäuser auf dem Markt sind, die um Patienten konkurrieren. Deshalb haben wir mit dem Krankenhausstrukturgesetz verschiedene Steuerungsmöglichkeiten beschlossen. Zum Beispiel können Krankenhäuser, die dauerhaft schlecht behandeln und keine gute Qualität gewähren, zum Schutz der Patienten aus dem Krankenhausplan herausgenommen werden; denn wir wollen, dass in allen Krankenhäusern gut behandelt und gut versorgt wird. Neben den überversorgten Regionen gibt es Gebiete, in denen nur wenige Einwohner leben. Auch dort brauchen Menschen keine Sorge zu haben; denn es gibt den Sicherstellungszuschlag. Damit können Krankenhäuser unterstützt werden, die in strukturschwachen Regionen ein stationäres Versorgungsangebot gewährleisten.
Wir haben viele Verbesserungen angestoßen, aber Reformen brauchen auch Zeit und Geduld. Noch sind nicht alle Maßnahmen wirksam. Allerdings dürfen wir es auch nicht zulassen, dass Teile der Reform verschleppt werden. Das gilt insbesondere beim Pflegestellen-Förderprogramm. Die Neueinstellung von Personal mit Förderung kann erst erfolgen, wenn Krankenkassen und Krankenhäuser ihre Budgetverhandlungen abgeschlossen haben. Einige verhandeln das Budget von 2016 noch immer. Es ist dringend an der Zeit, hier endlich zum Abschluss zu kommen.
(Beifall des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Es ist schwer vermittelbar, dass der Bundestag zwar große finanzielle Unterstützung für die Pflegerinnen und Pfleger beschließt, aber die Partner der Selbstverwaltung, Kassen und Krankenhäuser, diese nicht schnellstmöglich spürbar umsetzen. Deshalb ist es gut, für die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen feste Fristen aufzuerlegen. Wenn sich die Kassen und Krankenhäuser nicht einigen können, wird das Bundesgesundheitsministerium die notwendigen Entscheidungen fällen.
Wir werden darauf achten, dass erstens das Pflegepersonal nicht innerhalb eines Krankenhauses verschoben wird – es dürfen keine Engpässe auf der einen Station neue Engpässe auf einer anderen Station verursachen –, dass zweitens die Mindeststandards vor Ort von ausreichend gut qualifiziertem Personal erfüllt werden und dass drittens die Nichteinhaltung von Standards entsprechend sanktioniert wird.
(Beifall der Abg. Sabine Dittmar [SPD])
Der Wille des Gesetzgebers darf nicht durch zu viele Ausnahmetatbestände unterlaufen werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
In dieser Legislatur haben wir viele Gesetze mit dem Auftrag und dem Ziel auf den Weg gebracht, unsere Gesundheitsversorgung für die Zukunft zu sichern. Dass uns das gelungen ist, war und ist nur durch eine kritische, konstruktive und zielorientierte Beteiligung, Zusammenarbeit und auch Transparenz möglich. Dafür danke ich Ihnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Reiner Meier.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7103283 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Personalbemessung in den Krankenhäusern |