17.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 233 / Zusatzpunkt 1

Lars KlingbeilSPD - Aktuelle Stunde zu möglichen rechtsextremen Strukturen in der Bundeswehr

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, das ist keine einfache Diskussion; das will ich gleich zu Beginn sagen. Ich bin seit acht Jahren Mitglied des Verteidigungsausschusses und bin der Meinung, dass gerade dieser Ausschuss von dem Bewusstsein einer gemeinsamen Verantwortung, die wir für die Bundeswehr haben, lebt. Aber ich muss in den letzten Wochen feststellen, dass vieles von dem, was ich als gemeinsames Fundament wahrgenommen habe, von anderen verlassen wurde. Deswegen ist es richtig, dass wir heute hier eine kritische Debatte führen.

Frau Ministerin, ich will das gleich zu Beginn sagen: Das, was wir bisher im Fall Franco A. wissen, erschüttert uns und macht uns fassungslos. Das muss in aller Konsequenz aufgeklärt werden. Dafür haben Sie, dafür hat das Ministerium – so hoffe ich – die volle Unterstützung dieses Hauses.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir über diesen Fall reden, müssen wir auch darüber sprechen, wer Verantwortung trägt. Wir müssen klären, wo Fehler passiert sind. Wenn – das will ich hier deutlich sagen – ein blonder, deutscher Mann, der kein Wort Arabisch spricht, in einer Behörde, für die Herr de Maizière Verantwortung trägt, einen Schutzstatus als syrischer Flüchtling bekommt, dann müssen wir feststellen, dass in der Verantwortung von Herrn de Maizière etwas falsch gelaufen ist. Das muss aufgeklärt werden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, da in Ihrer Verantwortung mittlerweile zwei Personen verhaftet wurden, die aktiv bei der Bundeswehr waren und bei denen es deutliche Hinweise nicht nur auf rechtsextremes Denken, sondern auch auf rechtsextremes Handeln gab – die Masterarbeit und die Anwerbeversuche wurden bereits angesprochen –, und es keine deutlichen Konsequenzen gegeben hat, muss ich sagen, dass auch Sie, Frau Ministerin, Verantwortung für das tragen, was dort passiert ist. Das muss klar angesprochen werden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man Ihnen, Frau von der Leyen, zuhört, dann bekommt man manchmal den Eindruck, Sie seien erst seit zwei Wochen im Amt. Aber Sie tragen die Verantwortung für die Bundeswehr seit knapp vier Jahren, und deswegen sind für die Aufklärung auch folgende Fragen berechtigt: Was haben Sie eigentlich in diesen vier Jahren getan, um die politische Bildung zu stärken? Was haben Sie eigentlich getan, um die Innere Führung in der Bundeswehr zu stärken?

Ich will daran erinnern, dass wir Anfang des Jahres sogar noch eine Diskussion über einen Maulkorberlass aus dem Ministerium hatten, bei dem es darum ging, dass Soldatinnen und Soldaten weniger mit Politikern, Journalisten und Wirtschaftsvertretern reden sollen. Das ist das Gegenteil von Stärkung der Inneren Führung, und auch das fällt in Ihre Verantwortung, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch sagen: Ihre Rede vorhin war gut. Da war vieles dabei, dem ich zustimmen und zu dem ich sagen kann: Da sagt die Ministerin richtige Dinge. – Aber die Skepsis ist gewachsen. Wir erleben doch immer wieder, dass gewisse Situationen eintreten und dann Reden und Auftritte mit Pathos erfolgen; wir erleben Inszenierungen, Ankündigungen und sehen große Überschriften. Aber wenn man näher darauf schaut, dann sieht man, dass in der Substanz wenig bleibt. Alles, was angestoßen wird, wird auf die nächste Legislatur verschoben. Frau Ministerin, das ist nicht die Politik, die ich mir für unsere Bundeswehr wünsche.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen am Ende sagen: Ich bin Munsteraner. Münster ist der größte Heeresstandort. Ich kenne dort viele Soldatinnen und Soldaten, habe Freunde und Bekannte, die dort tagtäglich tadellos ihren Dienst in der Truppe leisten. Das sind gute Demokraten, die sich darum kümmern, dass das Gemeinwohl und das Zusammenleben zwischen Bundeswehr und Gesellschaft funktionieren. Das sind Leute, denen wir den Rücken stärken müssen, weil sie den richtigen Weg in dieser Bundeswehr gehen. Diesen Leuten sind Sie, als Sie unter Druck geraten sind, mit Ihrer Pauschalkritik, dass die Bundeswehr ein Führungs- und Haltungsproblem habe, in den Rücken gefallen. Bei diesen haben Sie Enttäuschung hervorgerufen; da ist Vertrauen verloren gegangen. Frau Ministerin, Sie hätten heute hier an diesem Pult die Chance gehabt, sich bei all diesen Menschen zu entschuldigen. Das haben Sie nicht getan; das kritisiere ich hier zutiefst.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Ministerin, wenn am Ende die Abgeordneten der Linkspartei die Einzigen im Parlament sind, die ehrlich für das applaudieren, was Sie tun, dann sollten Sie sich fragen, was Sie falsch gemacht haben.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der LINKEN)

Für die CDU/CSU spricht jetzt die Kollegin Gisela Manderla.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7110204
Wahlperiode 18
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu möglichen rechtsextremen Strukturen in der Bundeswehr
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