Heribert HirteCDU/CSU - Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für den Applaus! Lassen Sie mich zunächst einmal klarstellen: Ich halte es für ausgesprochen wichtig, an diesem 17. Mai der Homophobie entgegenzuwirken und um Verständnis für unterschiedliche sexuelle Orientierungen zu werben.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da braucht es aber gleiche Rechte!)
Allerdings – und da bin ich schon beim entscheidenden Punkt – sollte diese Diskussion nicht platt, sondern mit der notwendigen Differenzierung geführt werden.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten wir machen können! Im Ausschuss!)
In Bezug auf das Adoptionsrecht etwa ist es wichtig, zu betonen, dass es nicht um das Recht auf Adoption, sondern um das Recht der Adoption geht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dabei steht nicht das Recht der Eltern auf ein Kind, sondern das Recht der Kinder auf fürsorgliche Erziehung im Vordergrund.
(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Das ist unabhängig von der sexuellen Identität!)
Das wird nach dem geltenden Adoptionsrecht in der Tat nicht immer so gesehen, und deshalb bedarf es der Reform – ganz unabhängig davon, ob durch Heterosexuelle oder Homosexuelle adoptiert wird.
Schauen wir aber konkret auf die Frage der von Ihnen geforderten Ehe für alle. Wenn Sie hier den Eindruck erwecken, liebe grüne Kollegen, meine Fraktion würde die gebotene Gleichstellung grundsätzlich ablehnen, so ist das schlicht falsch. Denn natürlich gibt es neben mir viele Kolleginnen und Kollegen, die eine Verbesserung der aktuellen gesetzlichen Lage für notwendig halten. Und Sie wissen das auch.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann handeln Sie!)
Aber abgesehen davon, dass der Prozess, eine Mehrheit im ganzen Land hinter sich zu versammeln, Zeit braucht, gilt: Viele von uns verwahren sich gegen den Vorwurf, bei uns in Deutschland gäbe es in Bezug auf Homosexualität – manche behaupten sogar: eine systematische – Diskriminierung. Liebe Frau Göring-Eckardt, Sie haben Gott sei Dank keine Beispiele aus Deutschland, sondern aus dem Ausland gewählt, wo es in der Tat anders ist. Bei uns ist das Gegenteil wahr. Gerade Deutschland ist – nicht zuletzt wegen seiner historischen Erfahrungen – ein Staat, in dem die Diskriminierung von Minderheiten zu Recht ein Tabubruch ist.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch gar nicht!)
Gerade unser Vorgehen in der Flüchtlingskrise hat das mit großer Deutlichkeit gezeigt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb war es auch uns – und gerade mir persönlich – wichtig, die Rehabilitierung der nach § 175 Strafgesetzbuch Verurteilten voranzutreiben.
(Mechthild Rawert [SPD]: Hart erkämpft von der SPD!)
Hier sind wir, finde ich, auf einem guten Weg. Gerade dieser Hinweis zeigt aber auch, wo das Problem bei Ihren Anträgen liegt; denn Fragen der sexuellen Orientierung sind von sensibler Natur. Sie verlangen hier durchaus – im Ansatz zu Recht – Gleichstellung. Aber Sie müssen verstehen, dass nicht jeder dies teilt und erst recht nicht darüber öffentlich diskutieren will. Deshalb war es uns wichtig – gerade den Lesben und Schwulen in der Union, mit denen wir darüber in einem intensiven Austausch stehen –, die im Zusammenhang mit § 175 StGB stehenden Themen zusammen mit vielen meiner Kollegen in nichtöffentlichen Gesprächen anzugehen; denn nur so gewinnt man die Herzen und das Verständnis der Menschen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie wie gestern E-Mails herumschicken, in denen behauptet wird, dass alles andere als eine Eins-zu-eins-Umsetzung Ihrer Vorlagen ein Kasperletheater darstelle, gewinnen Sie die Mehrheit gerade nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nun ein paar Worte zur Sache. Sie weisen darauf hin, dass eine weiter gehende Gleichstellung verfassungsrechtlich geboten sei. Leider ist aber auch nach der dazu durchgeführten Sachverständigenanhörung der verfassungsrechtliche Befund unklar, abgesehen davon, dass wir nicht wissen, wie das Bundesverfassungsgericht in Zukunft entscheidet.
(Mechthild Rawert [SPD]: Positiv!)
Wir hatten deshalb vorgeschlagen – darauf sind Sie nicht eingegangen –, die notwendige Gleichstellung auf der Ebene des Grundgesetzes vorzunehmen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wann wollten Sie das? – Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD]: Schwindel!)
– Wir haben darüber gesprochen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Da waren Sie doch dagegen! – Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Noch zehn Zeilen. Dann können Sie sich melden.
Das gilt in gleicher Weise für die von meinem – das betone ich ganz bewusst – CSU-Kollegen ins Gespräch gebrachte Möglichkeit, den Begriff des Verheiratetseins neu zu definieren, sodass er einerseits die klassische Ehe und andererseits die Partnerschaft umfasst. Damit sind wir genau bei dem, was Sie, liebe Frau Göring-Eckardt, gesagt haben. Liebe ist für beide gleich, und dann könnten wir den Begriff des Verheiratetseins wunderbar definieren. Aber auch das stieß auf keine Sympathie.
Das alles zeigt: Wir sind an dem Thema dran. Aber wir werden die Dinge auf eine Weise reformieren, sodass die Mehrheit unseres Landes dahinterstehen kann.
(Mechthild Rawert [SPD]: 81 Prozent sind eine klare Aussage!)
Sie haben völlig recht: Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, steht das – da verweise ich gerne auf die gestrige Aussage von Daniel Günther – im Einklang mit unserem christlichen Menschenbild.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Das Wort hat Kollege Volker Beck von Bündnis 90/Die Grünen für eine Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110273 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare |