Harald PetzoldDIE LINKE - Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! 16-mal haben wir jetzt das Thema „Öffnung der Ehe für alle“ allein in dieser Wahlperiode hier im Plenum diskutiert. Kein Thema – mit Ausnahme vielleicht der Auslandseinsätze der Bundeswehr – hat hier öfter im Zentrum unserer Diskussion gestanden als dieses.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da können Sie mal sehen, wie wichtig uns das Thema ist!)
Es ist der dritte Bericht der Vorsitzenden des Rechtsausschusses, in dem sie zum dritten Mal den Fraktionen der Großen Koalition ins Stammbuch schreiben muss, dass sie ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, nämlich überwiesene Gesetzentwürfe zu behandeln, nicht erfüllen.
(Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Wer stellt denn immer den Antrag?)
Wir haben inzwischen die paradoxe Situation, dass der Bundestagspräsident – für die Besucherinnen und Besucher: der kommt aus der CDU/CSU-Fraktion – an alle Fraktionsvorsitzenden geschrieben hat, dass er darum bittet – das möge man sich auf der Zunge zergehen lassen –, dass die Fraktionen dafür sorgen mögen, dass der Gesetzentwurf des Bundesrats in angemessener Frist, so wie es im Grundgesetz vorgesehen ist – sprich: noch in dieser Wahlperiode –, wenigstens behandelt wird. Schlimmer können Sie Ihren eigenen Präsidenten nicht vorführen, als ihn zu nötigen, so einen Brief zu schreiben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion.
(Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Wer stellt denn immer den Antrag auf Vertagung?)
Das geht nicht, und das sollten wir heute endlich beenden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir werden nachher eine Geschäftsordnungsdebatte führen, in der sich die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion dazu bekennen können, ob das Wirklichkeit wird, was der Kollege Kahrs versprochen hat, nämlich dass sie dann, wenn die nächste Abstimmung zu diesem Thema hier im Plenum stattfindet und sich die Union immer noch nicht durchgerungen haben sollte, freiwillig mit abzustimmen, der Unionsfraktion eine Abstimmungsniederlage beibringen wollen.
(Beifall der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich bin gespannt, wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion hier abstimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen auch: Am letzten Sonntag war Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Es kann sein, dass Sie solche Ergebnisse kalt lassen. Es kann aber auch sein, dass Sie sich fragen, wie solche Ergebnisse zustande kommen. Ich kann Ihnen zumindest meine Wahrnehmung mitteilen: indem Sie den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl versprechen, 100 Prozent Gleichstellung gebe es nur mit Ihnen, aber nach der Wahl zu denjenigen gehören, die die hundertprozentigen Verhinderer dieser Gleichstellung sind. Das lassen sich Wählerinnen und Wähler nicht gefallen, und dann gibt es solche Wahlergebnisse.
(Zuruf von der CDU/CSU: Deshalb seid ihr auch draußen!)
Der heutige Tag – die Kollegin Göring-Eckardt hat darauf hingewiesen – ist auch der Internationale Tag gegen Homo- und Transphobie. Ich möchte meine Rede nicht beenden, ohne wenigstens auf diesen Anlass hingewiesen zu haben.
Der Kollege Hirte hat sich mit der liberalen Antidiskriminierungspolitik der Bundesrepublik gebrüstet. Ich war in der vorigen Woche in Guatemala und habe mich dort mit Regierungsvertretern, mit Parlamentariern über die Frage unterhalten, ob es dort einen Gesetzentwurf geben soll, der schon das Sprechen über Homosexualität in der Öffentlichkeit unter Strafe stellen soll. Ich war peinlich berührt davon, dass diese Kolleginnen und Kollegen sich genau auf die Verweigerungshaltung von Ihnen berufen, was die Frage der Öffnung der Ehe und der Gleichstellung und die Frage einer konsequenten Antidiskriminierungspolitik betrifft.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: In Guatemala?)
– In Guatemala. Die kennen Ihre Position ziemlich gut.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: In Guatemala berufen sie sich auf uns!)
Das ist etwas Schlimmes, wie ich finde, weil es deutlich macht, dass wir mit diesem schlechten Beispiel genau denjenigen Vorschub leisten, die, wie in Tschetschenien, so mit Homosexuellen umgehen, wie es die Kollegin Göring-Eckardt geschildert hat. Wir leisten denen Vorschub, die sich darauf berufen, dass es eben keine Gleichstellung für alle in der Gesellschaft gibt. Ich werde mich damit nicht abfinden. Ich werde mich somit auch mit Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen weltweit solidarisieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Mechthild Rawert [SPD])
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächster Redner spricht Dr. Karl-Heinz Brunner von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110278 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare |