Alexander HoffmannCDU/CSU - Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Brunner, ich will damit einleiten, zu sagen, dass ich glaube, dass dieses Thema mehr Sachlichkeit verdient hat, als Sie gerade zu erkennen gegeben haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Nach 16 Debatten!)
Damit hier im Plenum überhaupt kein Missverständnis aufkommt: Auch ich glaube, dass dieses Thema ganz am Anfang meiner Rede die parteiübergreifende Feststellung verdient hat, dass wahrscheinlich wir alle hier genau dasselbe wollen:
(Mechthild Rawert [SPD]: Was? – Elfi Scho-Antwerpes [SPD]: Ist ja nicht wahr!)
100-prozentige Gleichstellung.
Wir unterscheiden uns im Weg dorthin. Sie sagen: 100-prozentige Gleichstellung erreichen wir nur dann, wenn auch Lebenspartnerschaften als Ehe bezeichnet werden.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Selbstverständlich!)
Wir sagen: Wir begreifen die Gleichstellung als Prozess. Wir kommen schrittweise zu Gesetzesänderungen – immer da, wo Bedarf zu erkennen ist.
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
– Ich weiß nicht, warum Sie sich gerade über diese Position so echauffieren. – Das ist zugegebenermaßen etwas langwierig; aber bei der Gleichstellung von Mann und Frau sind wir genauso vorgegangen.
(Mechthild Rawert [SPD]: Die dauerte ja auch so lange!)
Zu keinem Zeitpunkt wäre jemand von uns auf die Idee gekommen, zu sagen: 100-prozentige Gleichstellung erzielen wir nur, wenn wir eine neutrale Bezeichnung verwenden, sodass man den Unterschied nicht mehr erkennt. – Damit hat man an keiner Stelle irgendeinen Widerspruch ausgelöst.
Ganz ehrlich, Sie selbst haben mit uns doch 20 Jahre lang eine Gleichstellungsdebatte geführt. Wenn ich den Begriff der Gleichstellung im Duden nachschlage, dann sehe ich, dass es nach dem, was dort steht, darum geht, unterschiedliche Dinge gleich zu behandeln. Ich glaube, dass es immer noch sachgerecht ist, unterschiedliche Dinge unterschiedlich zu bezeichnen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen das im Grundgesetz nachschlagen! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Lassen Sie ihn doch mal reden!)
Ich will noch weiter gehen; ich rede ja nicht zum ersten Mal zu diesem Thema. Von Ihnen hat mir noch niemand ein Argument bringen können, warum es, nachdem wir bei Mann und Frau Gleichstellung damals anders herbeigeführt haben, heute nur so gehen sollte, wie Sie es sagen, nämlich dass nur über die Bezeichnung „Ehe“ sich für Gleichstellung sorgen ließe.
(Mechthild Rawert [SPD]: Wir differieren dort mittlerweile!)
Es wird da die These aufgestellt, dass nur mit der Umsetzung der Ehe für alle jegliche Diskriminierung ausgeschlossen werden kann.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist aber die Grundlage! – Mechthild Rawert [SPD]: Rechtsinstitut!)
Auch habe ich die letzten Male immer wieder herausgearbeitet, dass sich diese These relativ schnell widerlegen lässt. Ich will Ihnen Beispiele dafür nennen; andere Länder sind ja bereits genannt worden. Der Supreme Court der USA hat 2015 den Weg für die Ehe für alle freigemacht. Man sollte meinen, es bestehe dort 100-prozentiger Diskriminierungsschutz. Ich sage Ihnen: Weit gefehlt. – Mehr als die Hälfte aller Bundesstaaten in den USA hat heute noch keinerlei Regelung zur Antidiskriminierung im Arbeitsleben.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Elfi Scho-Antwerpes [SPD]: Wir brauchen rechtliche Gleichstellung!)
Noch viel trauriger, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Eindruck, den man gewinnt, wenn man nach Mexiko schaut.
Herr Kollege Hoffmann, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schauws zu?
Ja, aber selbstverständlich.
Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann, dass Sie die Frage zulassen. – Sie haben gerade davon gesprochen, dass es in den USA nach wie vor Diskriminierung gibt, dass es dort keine Gleichstellung gibt. Eben haben Sie auch gesagt, dass die Ehe für alle für Sie nicht das einzig wahre Gleichstellungsmerkmal sei, das man herbeiführen müsse, und dass es für Sie auch begründbar sei, warum es nicht notwendig sei, die Ehe für alle einzuführen.
Vielleicht können Sie mir folgenden Fall erklären: Wie kann es sein, dass jemand, der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und mit seinem Partner oder seiner Partnerin zum Beispiel in die USA reisen will, um dort zu arbeiten, dort nicht mit der Partnerin oder dem Partner hingehen kann, weil die eingetragene Lebenspartnerschaft dort eben nicht in gleicher Weise wie die Ehe anerkannt wird?
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das amerikanische Recht können wir hier schlecht ändern!)
Das ist doch genau der Punkt. Wenn wir jetzt anfangen, unsere Rechtslage dahin gehend anzupassen, dass es für unsere Staatsbürger keinerlei nachteilige Auswirkungen in anderen Ländern gibt,
(Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
dann werden wir am Ende – das sage ich Ihnen – unter die Räder kommen.
Ich kann sogar noch ein Stück weitergehen, Frau Kollegin: Letztendlich ist es doch so, dass die USA ihre Hausaufgaben in diesem Bereich machen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Man kann mit völkerrechtlichen Verträgen die nötigen Vereinbarungen treffen; das wissen Sie auch.
(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Im Grundsatz stimme ich Ihnen zu! In diesem Punkt: Nein!)
Ich will Ihr Augenmerk doch noch einmal auf Mexiko lenken, gerade weil das, was man dort wahrnimmt, so beklemmend ist. In Mexiko gibt es die Ehe für alle seit 2006, und die tragische Wahrheit ist, dass man dort im Bereich Antidiskriminierung bis heute keinen Millimeter weitergekommen ist.
(Zurufe der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Neuere Umfragen weisen aus, dass nach wie vor 63 Prozent der Bevölkerung – und das ist tragisch – Homosexualität ablehnen. Deswegen glaube ich, dass der Weg, den wir als Union gewählt haben – nämlich zu sagen: wir achten auf den Inhalt und nicht so sehr auf das Etikett –, am Schluss der richtige Weg ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will an das anknüpfen, was der Kollege Hirte vorhin schon ausgeführt hat. Wir hatten am 28. September 2015 eine Anhörung, und ich will die rechtliche Lage noch einmal ein bisschen beleuchten. In der Anhörung habe ich die Frage gestellt, ob wir die Bezeichnung „Ehe“ brauchen, um jedwede Diskriminierung zu vermeiden. Damals war die Antwort von Professor Ipsen: Nein. Auch er hält es nach wie vor möglich, dass wir mit einfachen gesetzlichen Regelungen Stück für Stück Diskriminierung vermeiden.
(Mechthild Rawert [SPD]: Wie lange soll denn der Prozess dauern?)
Wichtig ist mir, am Ende meiner Rede noch einmal zu skizzieren, was das Bundesverfassungsgericht dazu gesagt hat, weil immer wieder der Eindruck erweckt wird: Das Bundesverfassungsgericht fordert die Ehe für alle. – Vom Bundesverfassungsgericht stammt ziemlich sinngemäß der Satz, gesprochen am 7. Mai 2013: Die Ehe ist das Institut, das allein der Verbindung zwischen Mann und Frau vorbehalten ist. – Wenn man die Entscheidung liest, stellt man fest, dass das Bundesverfassungsgericht sehr schön differenziert, und zwar, indem es feststellt, dass Lebenspartnerschaften sehr wohl Familien begründen können und insoweit dann auch von Artikel 6 Grundgesetz geschützt sind, aber dass sie eben nicht unter den Begriff der Ehe fallen.
(Mechthild Rawert [SPD]: Deshalb keine Adoptionen!)
Die Ehe ist grundgesetzlich geschützt, und auch dafür gibt es einen Grund, nämlich den biologischen Unterschied, dass aus einer Ehe grundsätzlich und rein potenziell Kinder hervorgehen können.
Meine Damen, meine Herren, ich habe es das letzte Mal schon gesagt: Ich habe meine Position. Ich habe keinen Abstimmungsbedarf. Ich habe meine Argumente. – Deswegen werden Sie sich damit auseinandersetzen müssen.
Ich will am Schluss schon noch einmal eine Lanze für meine Fraktion, die Union, brechen. Wir sind eine Volkspartei. Es gehört zum Charakter einer Volkspartei, dass sie eine ganz breit gefächerte repräsentative Vertretung der Bevölkerung ist. Es ist ganz natürlich, dass es Menschen gibt, die die Ehe gern für alle öffnen würden, und andere, die, so wie ich, Gegenargumente haben und das anders sehen. Aber ich will mir das nicht als Vorwurf entgegenhalten lassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann. – Als letzte Rednerin dieser Debatte spricht Elfi Scho-Antwerpes von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110337 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare |