Uda HellerCDU/CSU - Berufsbildungsbericht 2017
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbst auszubilden, ist die beste Art für einen Betrieb, sich gute Fachkräfte zu sichern und damit auch wettbewerbsfähig zu bleiben. Ohne Lehrlinge sieht man im wahrsten Sinne des Wortes alt aus. Das sagte mir ein Unternehmer, in dessen Betrieb der Altersdurchschnitt bei 60 Jahren lag. Nach diesem Grundsatz handelte er und erhielt im vorigen Jahr von der Bundesagentur für Arbeit das Zertifikat für hervorragende Arbeit in der Nachwuchsförderung. Als Politiker im Bildungsbereich wünscht man sich natürlich solche vorbildlichen Ausbildungsbetriebe und Erfolgsgeschichten. Die Realität sieht jedoch nicht immer ganz so positiv aus. Im Mittelstand sind viele Branchen vom Fachkräftemangel betroffen, allerdings regional sehr unterschiedlich; das möchte ich betonen.
Sinkende Schulabgängerzahlen und die unausgewogene Studien- und Berufsorientierung an Gymnasien in Richtung akademischer Studiengänge führen leider dazu, dass viele Schülerinnen und Schüler die guten Einkommens- und Karriereperspektiven, die ihnen das duale Ausbildungssystem bietet, nicht richtig einschätzen können. Es ist beunruhigend, dass mittlerweile nur noch 12 Prozent der Kleinstbetriebe ausbilden. Besetzungsprobleme ergeben sich vor allem durch regionale und berufsspezifische Unterschiede bei Angebot und Nachfrage dualer Ausbildungsstellen. Einerseits fehlen die Bewerber, andererseits sind die kleinen Betriebe nicht in der Lage, ebenso viel Zeit und Kraft in eine Ausbildung zu investieren wie größere Unternehmen. Sie müssen viel Geld in eine Ausbildung investieren und sind deshalb bemüht, dass junge Menschen fester Bestandteil des Unternehmens bleiben. Das ist ein wichtiger Vorteil, den das Studium nicht bieten kann.
Die Bundesregierung unterstützt mit soliden Maßnahmen wie zum Beispiel mit der Assistierten Ausbildung, dem Programm Jobstarter plus oder auch mit der Förderung überbetrieblicher Bildungsstätten vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen. Um die berufliche Bildung zusätzlich zu stärken, wurde die Allianz für Aus- und Weiterbildung als gemeinsame Handlungsplattform geschaffen. Wenn Sie den Bericht richtig lesen, können Sie zahlreiche Maßnahmen feststellen, wo die Allianz bereits gewirkt hat.
Meine Damen und Herren, Kompetenzvermittlung muss bereits in der Schule beginnen. Dies machte mir ein Beispiel auf einer Logistikmesse deutlich. Die Anforderung, hochmoderne und millionenteure technische Geräte wie zum Beispiel landwirtschaftliche Maschinen, Busse usw. zu bedienen, erfüllen nur noch wenige Bewerber. Dieser Tatsache müssen wir ins Auge sehen. Auch Betriebe anderer Branchen sind mit dem Dilemma mangelnder Ausbildungseignung junger Menschen konfrontiert. Dieses Argument werden Sie immer wieder hören. Deshalb ist es umso notwendiger, Berufsorientierung endlich an allen Schulformen – speziell an unseren Gymnasien – durchzusetzen. Da wir im Bund nicht über schulische Inhalte und Lehrpläne zu befinden haben, lautet meine Forderung an die Bildungsminister der Länder: Die Berufsorientierung muss in allen Schulformen verpflichtend und im Lehrplan verankert sein.
Was wir brauchen, ist eine solide, langfristige und auf Praxis angelegte Berufsorientierung. Da sind Maßnahmen wie der ehemalige polytechnische Unterricht kein alter Hut, sondern praxistauglich. Es ist wichtig, die beteiligten Akteure – Schüler und Lehrer – mehr in die Veränderungen des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes einzubeziehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Herausbildung von Schlüsselkompetenzen, die Überprüfung der Ausbildungsreife und die Förderung praktischer Fähigkeiten dürfen dabei nicht wegfallen. Ich empfehle, dass wir die Agenturen für Arbeit und damit die Fachleute im Bereich der Berufsberatung mehr von bürokratischer Arbeit entlasten, damit sie regelmäßig vor Ort, also an den Schulen, tätig werden können. Das ist sowohl für Schüler als auch für Lehrer, die sich im Angebotsdschungel orientieren sollen, hilfreich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen verwundert mich die Aussage, wir hätten politisch nicht gehandelt und nur kleine Schritte gemacht. Natürlich ist man in der Opposition angehalten, Kritik zu üben. Tatsachen sollte man aber zur Kenntnis nehmen und die Schwerpunkte der Bundesregierung im Jahr 2016 noch einmal aufmerksam lesen. Ich glaube, Sie wollen einfach nicht begreifen, dass wir für viele Aufgaben in der Bildung, die Sie gerne angehen möchten, nicht zuständig sind. Bildungspolitik ist nur dann erfolgreich, wenn jede einzelne politische Ebene ihren Beitrag leistet. Wir haben viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Aber man muss ihnen auch Zeit geben, zu wirken.
Verehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe heute nach drei Legislaturperioden die letzte Rede in diesem Hohen Haus gehalten. Ich verlasse freiwillig die politische Bühne und bin dankbar, dass ich in den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus, Bildung und Forschung arbeiten durfte und einiges für mein Bundesland Sachsen-Anhalt und den Wahlkreis 74 erreichen konnte. Dankbar bin ich auch Ihnen, Frau Ministerin, den Staatssekretären, den Referenten und allen Mitgliedern des Ausschusses für die stets kollegiale und konstruktive Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
(Beifall im ganzen Hause)
Vielen Dank, Frau Kollegin Heller. – Als Nächster spricht der Kollege Oliver Kaczmarek von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110694 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Berufsbildungsbericht 2017 |