Mechthild HeilCDU/CSU - Verbraucherpolitischer Bericht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder Mensch hat seine ganz besonderen Fähigkeiten. Wir trauen den Menschen und ihren Fähigkeiten. Diese Erkenntnis ist ganz tief verwurzelt in der CDU und in der CSU. Deshalb ist unser erstes Ziel in der Verbraucherpolitik auch immer, den Verbraucher zu stärken, damit er eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann. Dafür schaffen wir die Grundlagen. Wir stellen natürlich auch klare Rahmenbedingungen und Regelungen zur Verfügung.
An dieser Prämisse hat die Union in den letzten vier Jahren ihre Verbraucherpolitik ausgerichtet. Wir unterstützen den Verbraucher dabei, auf Augenhöhe mit den Unternehmen zu kommen. Verbraucher können besser beurteilen, was für sie in ihrer ganz speziellen, individuellen Lebenssituation die richtige Entscheidung ist. Das können sie viel besser, als es die Politik könnte. Verbote sind deshalb für uns in der CDU/CSU das allerletzte Mittel.
Ihnen allen liegt der Verbraucherpolitische Bericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2016 vor. Auf den gut 48 Seiten: gute Nachrichten für die Verbraucher. Die Liste der umgesetzten Vorhaben zeigt, dass wir in den vier Jahren wirklich sehr viel für Verbraucher auf den Weg gebracht haben:
Wir haben die Marktwächter für die Bereiche Finanzen und Digitales geschaffen. Dafür haben wir viel Geld in die Hand genommen. Auch die Verbraucherzentralen haben wir mit einer großen Aufgabe betraut und sie vor eine große Herausforderung gestellt.
Wir haben den Sachverständigenrat für Verbraucherfragen ins Leben gerufen, der auch schon einige Gutachten vorgelegt hat. Mit diesen Sachverständigen haben wir eine gute Diskussion. Manches wird von uns kritisch begleitet, aber immer mit dem Hinweis: Wir wollen etwas nach vorne entwickeln, auch beim Sachverständigenrat.
Die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher haben wir deutlich vereinfacht und auch erweitert, beispielsweise durch das Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen im UKlaG, also dem Unterlassungsklagegesetz.
Wir haben die alternative Streitbeilegung, also die Schlichtungsstellen, weiter ausgebaut.
Auch im Bereich Finanzen haben wir den Fokus ganz stark auf die Verbraucher gelegt:
Wir haben den kollektiven Verbraucherschutz neu bei der BaFin verankert, und wir haben das Kleinanlegerschutzgesetz verschärft, das die BaFin als neues, scharfes Instrument an die Hand bekommen hat.
Wir haben – das hat der Minister schon gesagt – den Kontowechsel bei den Banken deutlich erleichtert. Die Dispozinsen sind endlich online einzusehen, sodass man sie jetzt als Kunde auch vergleichen kann. Das sollte im digitalen Zeitalter eine Selbstverständlichkeit sein, aber die Banken mussten in dem Fall wirklich zum Jagen getragen werden.
Wir haben die Informationspflichten und Anforderungen an die Immobilienkreditvergabe für Berater deutlich erhöht. Neben der provisionsgestützten Beratung haben wir auch die Honorarberatung gesetzlich geregelt. Am Ende gilt für jeden Kunden: Es gibt mehr Wahlfreiheit bei der Finanzberatung.
Ich könnte die Liste noch viel, viel weiter ausführen. Aber Sie sehen schon an den wenigen Beispielen: Verbraucherpolitik findet heute nicht nur im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz statt, sondern betrifft auch viele andere Bereiche. Sie betrifft den Bereich Finanzen, den Bereich Digitales, den Bereich Gesundheit oder auch den Ernährungsbereich. Verbraucherpolitik war und ist immer noch eine Querschnittsaufgabe.
Viele drängende Fragen des Verbraucherschutzes konnten wir in dieser Wahlperiode beantworten. Das lässt sich wunderbar auf den 48 Seiten des Berichtes nachlesen. Ja, wir können auf diesen Bericht stolz sein. Aber ausruhen werden wir uns darauf nicht.
Wir schauen nach vorne. Was müssen wir heute tun, damit Verbraucher sich auch morgen noch sicher und sorglos in den verschiedenen Märkten bewegen können? Verbraucherinformation und natürlich auch die Rechtsdurchsetzung werden uns ständig weiter beschäftigen; das ist klar. Aber mit der fortschreitenden Digitalisierung wollen wir in den Bereichen „rechtlicher Verbraucherschutz“ und „wirtschaftlicher Verbraucherschutz“ auch neue Akzente setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn ich den Blick in die Zukunft richte, dann sehe ich einen Verbraucherschutz, der es Bürgerinnen und Bürgern noch leichter macht, ihre Interessen selbst zu vertreten und durchzusetzen, und einen Verbraucherschutz, der nicht nur reagiert, sondern manche Konflikte erst gar nicht entstehen lässt. Wir wollen, auch wenn die Welt immer komplizierter wird, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Entscheidungen einfach und in einem überschaubaren Zeitraum selbst fällen können. Dafür steht die richtige Aufarbeitung guter Informationen nach wie vor im Zentrum unserer Bemühungen. Innovative Ideen dazu gibt es zuhauf. Ich nenne Ihnen einige Beispiele.
Es gibt zum Beispiel die Idee, manche AGB in Zukunft maschinenlesbar zu machen. Dann stünde am Ende für den Verbraucher vielleicht eine leicht zu verstehende Zusammenfassung, oder am Ende stünde ein Hinweis auf die Besonderheiten ebendieses Vertrages, oder es stünde einfach am Ende, dass diese AGB den Anforderungen des Kunden nicht gerecht werden. Diese Entscheidungshilfe wäre wirklich eine Verbesserung. Denn gelesen werden heute AGBs von den wenigsten Kunden.
Eine ähnliche technische Unterstützung könnte es auch bei den Datenschutzerklärungen geben, damit der Kunde leichter nachvollziehen kann, wer, wie und zu welchem Zweck eigentlich seine Daten nutzt. Das gilt umso mehr bei so komplexen Fragestellungen wie beispielsweise bei Daten in einer Cloud oder beim automatisierten Fahren. Dabei fragt sich der Fahrer schon: Wem gehören eigentlich die Daten? Wer nutzt meine Daten, die dort alle gesammelt werden?
Im digitalen Verbraucherdatenschutz stellt sich auch die Frage, wie Verbraucher besser Einwilligungen in die Datenverarbeitung händeln können. Auch dazu gibt es ein paar spannende Ansätze. Ich mache es ganz praktisch: Der Nutzer formuliert einmal seine Datenschutzwünsche und hinterlegt diese auf einer Plattform. Wenn er dann zum Beispiel etwas online bestellt, dürfen die verschiedenen Apps, die er dann nutzt, auf seine Lieferadresse, auf seine Kontonummer bzw. seine Kontodaten oder was auch immer zugreifen. Nutzt er aber einen anderen Dienst, sind seine Daten natürlich tabu. Das kann man heute schon teilweise mühsam einstellen. Die Idee ist aber, dass der jeweilige Wille des Nutzers dem Dienstleister automatisch angezeigt wird. Das heißt für uns: Wir werden neue Technologien wie Blockchain oder intelligente Verträge auch im Verbraucherschutz mitdenken, ausprobieren und fördern.
Ich möchte Ihnen eine weitere Idee vorstellen. Wäre es nicht gut, wenn der Verbraucher alle Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung weiterhin hätte, er aber nicht darauf zurückgreifen müsste, weil er seine Ziele schneller, quasi automatisch erreichen würde? Ein Beispiel: Die Bahn oder der Flieger hat Verspätung, und dem Kunden wird automatisch – ganz ohne Anstehen in einer langen Schlange und ohne kompliziertes Antragsverfahren – eine Entschädigung überwiesen. Das könnte ganz einfach deshalb so geschehen, weil der Kunde seine Daten ja schon bei der Bahn oder der Fluggesellschaft hinterlassen hat und weil der Buchungsvorgang bekannt ist und es daher keinen Zweifel an dem Ausfall des Fliegers oder der Verspätung des Zuges gibt. Das wäre unbürokratisch, und es ginge schnell.
Wir könnten auf diese Weise viele solcher Fälle im Interesse des Verbrauchers einfach lösen. Die Verbraucher müssten dann nicht mehr gegen hohe Abschläge ihre Forderungen an Dienstleister abtreten oder sogar den langen Klageweg einschlagen.
Ich sehe die Digitalisierung also als Chance für Verbraucher: ob sie im Supermarkt eine Verpackung einscannen – womit sie mehr und bessere Informationen bekämen, als jemals zuvor auf dem kleinen Etikett zu finden gewesen wären – oder ob sie wissen wollen, wo und in welchen Produktionsschritten ihr Sakko oder ihr Pullover hergestellt worden ist. Und wenn wir an die Informationsportale, ein Klassiker, denken: Diese haben bei weitem nicht ausgedient. Auch sie könnten weiterentwickelt werden. Mein Vorschlag ist: Wir sollten eine Altersvorsorgeplattform schaffen, auf der sich jeder über den Stand seiner Altersvorsorge informieren könnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von der SPD, Sie schauen immer zurück. Immer und immer wieder drehen Sie an den gleichen Schrauben, glauben an Verbote, Ampeln und Kontrolle. Wir aber schauen nach vorne und sehen die Chancen der Digitalisierung für innovative und moderne Verbraucherpolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unser Ziel ist es deshalb, den Verbrauchern von Anfang an – und nicht erst dann, wenn der Schaden entstanden ist – zu helfen. Dafür brauchen wir keine neuen Verbote, sondern wir brauchen intelligente Lösungen. Jeder muss die Chance haben, seine eigenen Entscheidungen bestmöglich zu treffen. Das ist unsere ganz tiefe Überzeugung. So machen wir Politik für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Mechthild Heil, auch für Ihre Punktlandung, was die Zeit angeht. – Nächste Rednerin: Nicole Maisch für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110916 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Verbraucherpolitischer Bericht |