18.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 9

Gitta ConnemannCDU/CSU - Verbraucherpolitischer Bericht

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was haben Sie heute Morgen um 7 Uhr gemacht?

(Zuruf von der CDU/CSU: Geduscht!)

– Geduscht, ist eine Antwort. – Ich war im Tiergarten. Da kamen mir Jogger entgegen. Ihre Ausstattung bestand aus Fitnessarmbändern und Proteinshakes, und sie hatten Musik im Ohr. Das ist Realität nicht nur in Berlin, sondern inzwischen im ganzen Land. Die Sportler glauben, ihren Körpern etwas Gutes zu tun. Aber die Frage ist: Können sie sich wirklich auf die Angaben ihres Activity Trackers verlassen, und ist der Energydrink, den sie konsumieren, wirklich gesund?

Hier setzt Verbraucherschutz an. Für meine Fraktion, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist das ein Kernanliegen; denn jeder Bürger ist auch immer ein Verbraucher, und die Belange der Verbraucher sind für uns Lebensthemen, auch und gerade im Bereich von Ernährung und Gesundheit, der bis dato kaum angesprochen worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Verbraucherpolitische Bericht der Bundesregierung, über den wir heute sprechen, beweist eines: Der Verbraucherschutz in Deutschland steht auf höchstem Niveau, siehe Ernährung. Essen und Trinken sind so sicher wie nie zuvor, und in Deutschland gibt es bezahlbare und hochwertige Lebensmittel im Überfluss. Diesen Reichtum verdanken wir übrigens unseren Landwirten, Gartenbauern, Fischern, Bäckern, Fleischern, Verarbeitern und der Ernährungsindustrie. An diese gerichtet sage ich an dieser Stelle, auch im Namen meiner Fraktion, Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diesen Dank spreche ich auch im Namen meiner Fraktion dem Bundesverband der Verbraucherzentralen aus. Er gibt den Verbrauchern in Deutschland eine unüberhörbare Stimme, und deswegen stärken und unterstützen wir ihn. Auch die Kollegin Mechthild Heil hat es dargestellt. Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben gemeinsam vieles auf den Weg gebracht; auch wenn die Kollegin Maisch es in Zweifel gezogen hat. Da habe ich mir schon überlegt: Wie kann ich diesem Zweifel begegnen? Wir haben dargestellt, was an Maßnahmen gemacht worden ist; dies negiert Frau Maisch in Gänze. Da habe ich an einen Satz von Konrad Adenauer gedacht. Er hat einmal gesagt:

Wir leben alle unter demselben Himmel. Aber wir haben nicht alle denselben Horizont.

Das hat sich heute für mich hier sehr deutlich bestätigt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man bereit wäre, die Realität zur Kenntnis zu nehmen, würde man feststellen: Wir haben neuar­tige Produkte bis hin zu Energydrinks geregelt. Jemand, der heute ein Produkt mit Chia-Samen isst, soll genauso sicher sein wie der Jogger, was die Höchstmengen an Koffein in Energydrinks angeht. Wir haben ein elektronisches Früherkennungssystem für die Lebensmittelüberwachung auf den Weg gebracht; denn das beste Gesetz hilft nicht ohne Kontrolle. Um Lebensmittelbetrügereien wie Pferdefleischskandale zu verhindern, wurden ein europäisches Netzwerk gegründet und eine nationale Kontaktstelle für Lebensmittelbetrug eingerichtet, übrigens beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Seit 2016 gibt es das Bundeszentrum für Ernährung. Dieses neue Zentrum soll die Flut an Informationen zusammenführen, analysieren und auch vermitteln; denn der Verbraucher benötigt am Ende verständliche Informationen. Es muss draufstehen, was drin ist, und es muss drin sein, was draufsteht. Informationen sollen aber auch nicht überfordern. Ein Karottensaft braucht keinen Beipackzettel, eine Kortisonsalbe dagegen schon.

Auch deshalb haben wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stark für eine Reform der Lebensmittelbuch-Kommission eingesetzt. Wir haben diese personell und finanziell mit unserem Koalitionspartner gestärkt, damit Angaben zu Lebensmitteln besser auf dem aktuellen Stand gehalten werden können. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben ein Gesetz auf den Weg gebracht, das zum Beispiel den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung auf das absolut notwendige Maß beschränkt. Dadurch konnte der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung seit 2011 um 53 Prozent gesenkt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Seit April ist ein neues Allergieportal in Betrieb. Wir haben uns für diese Einrichtung ganz starkgemacht; denn wir wissen: 20 Prozent der Erwachsenen und zunehmend auch Kinder sind von Allergien betroffen, und sie brauchen eines: unabhängige und wissenschaftlich belegbare Informationen – und, und, und.

Besonders wichtig war und ist meiner Fraktion das Thema der Kennzeichnung. Wir sind davon überzeugt, dass der Verbraucher kein Kleinkind ist, das gemaßregelt werden muss. Deswegen lehnen wir Instrumente wie Veggiedays, Lebensmittelampeln oder auch Strafsteuern ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sei an dieser Stelle noch einmal wiederholt.

Um eigenverantwortlich entscheiden zu können, braucht der Verbraucher aber eines zwingend: Er braucht umfassende Informationen, und er braucht verständliche Informationen. Deshalb haben wir eine europaweit einheitliche Kennzeichnung von Lebensmitteln eingeführt und umgesetzt. Das geschah übrigens durch das Ministerium von Herrn Bundesminister Schmidt. Der Verbraucher kann sich heute über Inhaltsstoffe, Nährwerte und 14 Allergene informieren. Zusammengefügte Fleisch- und Fischprodukte müssen speziell gekennzeichnet werden, wie übrigens auch der Einsatz von Lebensmittel­imitaten, wie zum Beispiel von Analogkäse in veganen Produkten. Auch das ist Verbraucherschutz.

Zur Transparenz gehören für uns zwingend verlässliche Herkunftsangaben. Bei Obst, Gemüse, unverarbeitetem und vorverpacktem Fleisch ist das schon heute Pflicht. Aber wir wollen diese Pflicht auf alle Lebensmittel ausdehnen, insbesondere auf tierische Produkte in Fertigerzeugnissen. Für uns gilt: Was aus deutschen Landen kommt, soll auch so gekennzeichnet werden. Dafür brauchen wir, Frau Binder, die Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene; denn tatsächlich dürfen wir nur eingeschränkt alleine kennzeichnen. Das ist ein großes Problem.

Im Großen und Ganzen können wir aber feststellen: Im Bereich der Lebensmittel ist der Verbraucherschutz weitgehend reguliert. Die Aufgabe wird zukünftig darin bestehen, diese Regeln umzusetzen und Vollzugsdefiziten zu begegnen. Dies ist übrigens eine große Aufgabe für die Länder; denn die Länder sind zuständig für die Lebensmittelüberwachung. Da wünschte ich mir schon mehr Engagement des einen oder anderen Landes, was sowohl die personelle als auch die finanzielle Ausstattung der Lebensmittelüberwachung angeht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für uns als Gesetzgeber auf Bundesebene liegt die Herausforderung der Zukunft auf einem anderen Feld, dem Bereich der Digitalisierung. iPhone, iWatch, Gesundheits-Apps, synthetische Lebensmittel – täglich kommen neue Produkte und Verfahren auf den Markt. Das Verbraucherverhalten ändert sich rasant. Darauf müssen sich nicht nur Verbraucherorganisationen, sondern auch die Politik einstellen. Wir stehen vor einer wirklichen Herkulesaufgabe, nämlich den analogen in einen digitalen Verbraucherschutz zu transferieren, und das auch im Bereich Ernährung und Gesundheit.

Ein Beispiel: das Thema Internethandel. Wir haben bereits eine Kontrollstelle für den Onlinehandel mit Lebensmitteln eingerichtet. Denn das Internet ist ein immer größerer virtueller Marktplatz für Lebensmittel, Kosmetika und anderes. Der Internetkauf birgt Gefahren. Nicht selten werden gesundheitsgefährdende Lebensmittel verkauft oder eben Verbraucher getäuscht. Dafür haben wir die Kontrollstelle. Aber wir müssen auch sicherstellen, dass beim Onlinehandel alle anderen lebensmittelrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen. Angebote, die nicht den europäischen Vorschriften entsprechen, die nicht von registrierten Anbietern stammen, die Verbraucher gesundheitlich schädigen oder täuschen, dürfen nicht beworben werden. Hier brauchen wir klare Regeln – das geht nur europäisch – für die Risikobewertung und effektive Strukturen für die Einfuhrkontrolle und Überwachung des Onlinehandels.

Weiteres Beispiel: Informationen über Lebensmittel. Bereits heute informieren sich mehr als die Hälfte der Verbraucher im Internet über Lebensmittel. Das ist eines der Ergebnisse des Ernährungsreports des Ernährungsministeriums aus dem Jahr 2017. Auch hier ist der Verbraucherschutz gefordert. Es geht darum, Onlineinformationen über Lebensmittel genau denselben Vorgaben des Lebensmittelrechts zu unterwerfen, wie wir sie schon für greifbare Produkte haben.

Und als letztes Beispiel: digitale Medizinprodukte. Auch hier sind wir gefordert. Jeder dritte Verbraucher nutzt heute schon eine Fitness- oder Gesundheits-App. Sie zählen die Schritte, messen den Puls, überwachen den Schlaf, wollen gegen Tinnitus behandeln. Ohne Frage, diese Produkte werden eine wichtige Rolle gerade auch im Bereich der Prävention einnehmen können, aber sie halten nicht immer, was sie versprechen. Ihre Qualität reicht von sehr gut bis zu äußerst fragwürdig. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion setzen uns deshalb für verbindliche Mindeststandards bei Datenschutz, Datennutzung und auch Finanzierung ein. Wir fordern ein Impressum mit Pflichtangaben zu Urheber und Aktualität. Der Verbraucher muss erkennen können, ob die Wirksamkeit des Produkts tatsächlich gegeben ist. Denn Versprechen sind das eine, ein wissenschaftlicher Nachweis ist das andere.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für uns ist klar: Bei der Gestaltung des digitalen Wandels wird das Thema Verbraucherschutz eine unverzichtbare Rolle spielen für den Schutz und die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das betrifft uns alle, auch den Jogger heute Morgen im Tiergarten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Gitta Connemann. – Nächste Rednerin: Renate Künast für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7110924
Wahlperiode 18
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Verbraucherpolitischer Bericht
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