Hans-Peter FriedrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Vorschlägen von Präsident Macron zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Frankreich hat einen neuen Präsidenten. Er ist begeistert von Europa. Er ist ein leidenschaftlicher Europäer.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Kann das die CSU?)
Er ist ein Deutschfranzose, der die deutsch-französische Zusammenarbeit als Motor, als Achse, als Zukunft für Europa sieht.
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doppelpass, oder was? Skandal!)
Ich glaube, das ist eine gute Nachricht für Europa in einer vielleicht düsteren Zeit. Aber, meine Damen und Herren und auch Sie, Herr Özdemir, vielleicht haben Sie sich in Ihrer Partei schon einmal Gedanken darüber gemacht, warum ein Drittel der Franzosen für eine europafeindliche Politik gestimmt hat. Wir sollten uns ab und zu die Frage stellen, warum das in vielen Ländern um uns herum der Fall ist. Aber das ist heute nicht Thema.
Wir freuen uns, dass Macron Präsident geworden ist, und wir werden ihm zur Seite stehen. Die leidenschaftliche Europäerin Angela Merkel hat ihm bereits in dieser Woche die Hand gereicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich weiß nicht, ob Sie das vielleicht verpasst haben.
Die erste Reise, die Macron gemacht hat, ging nach Berlin, um mit Angela Merkel über die Zukunft zu sprechen, und ich denke, es sind schon wichtige Punkte vereinbart worden. Man will die Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Handelspolitik vertiefen und die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich stärken, bei durchaus unterschiedlichen Wirtschaftssystemen – wir wissen, bei uns ist die Wirtschaft mehr mittelständisch geprägt und die französische Wirtschaft kommt aus der Staatswirtschaft; das ist also kein leichtes Unterfangen –, und man will die bilaterale Zusammenarbeit beim Thema Digitalisierung – das haben Sie angesprochen –, beim Thema Bildungspolitik und beim Thema Verteidigungspolitik angehen. Ich glaube, das sind gute Voraussetzungen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser deutsch-französische Motor für Europa, zu dem wir uns alle bekennen, kann nur funktionieren, wenn Frankreich selber wieder ökonomisch stärker wird, die Hürden und Fesseln überwindet und zu mehr Wettbewerbsfähigkeit kommt. Der Schlüssel dafür liegt in erster Linie in Frankreich. Der französische Präsident weiß das und hat es auch zum Ausdruck gebracht. Er weiß, dass Frankreich eine Staatsquote von 57 Prozent hat. Das muss man sich einmal vorstellen: Alles, was in Frankreich jeden Tag erwirtschaftet wird, geht zu mehr als die Hälfte – zu 57 Prozent – in den Schlund des Staates und wird dort in irgendeiner Weise verarbeitet.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In den Schlund des Staates? Es sind Schulen und Polizei und keine Schulden! – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eher „la bouche“, Herr Friedrich!)
Das ist nicht sehr effizient, wie die Arbeitslosenquote im zweistelligen Bereich zeigt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist eben so: Eine hohe Staatsquote führt zu einer hohen Arbeitslosigkeit, zu einer Jugendarbeitslosigkeit von 25 Prozent, wie in Frankreich. Daran muss er dringend etwas ändern.
Auch der Marsch in den Schuldenstaat – auch das wird am Beispiel Frankreich deutlich – ist verhängnisvoll: über 2 Billionen Euro Schulden.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie einfach Ihr Weltbild ist! Wie ganz, ganz schlicht und einfach!)
Das ist die Bürde. Das sind die Voraussetzungen, unter denen der neue, junge, mutige Präsident jetzt antritt.
Er selbst hat hier in Berlin gesagt, er wisse, dass Frankreich das einzige große europäische Land ist, dem es in den letzten 30 Jahren nicht gelungen ist, die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen. Deswegen wird er das jetzt anpacken. Er wird die Fesseln auf dem Arbeitsmarkt beseitigen, er wird die Staatsquote senken. Dazu ist natürlich nicht nur der Reformwille der Politiker bzw. der Eliten notwendig, sondern auch der Reformwille der Bevölkerung. Das ist wichtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Reformwille der französischen Bevölkerung kann nicht durch Geld von außen ersetzt werden, auch nicht durch Steuergeld aus Deutschland. Wenn die Grünen jetzt fordern, dass die Deutschen einfach mal ihre Ausgaben für die Europäische Union um Milliarden aufstocken sollen, dann kann ich nur sagen: Auch Sie in der Opposition haben eine Verantwortung für deutsche Steuergelder, die sparsam und zielgerichtet ausgegeben werden müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Die gehen da nicht in irgendeinen Schlund, sondern die werden produktiv verwendet!)
Und was den Vorschlag des deutschen Außenministers angeht, Frau Staatsministerin, der sagt: „Da gibt es doch irgendwo einen Fonds für Altlasten der Atomenergie; den könnten wir doch gleich mal nehmen“, fällt mir der Satz von Franz Josef Strauß ein: Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass ein Sozi Geld, das irgendwo angelegt ist, nicht noch verbrät.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Da gibt es noch nicht mal Beifall von Ihren Leuten! – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das ist jetzt äußerst schwach!)
Ich glaube, auch das ist nicht der richtige Weg.
Wir schauen nach Frankreich und freuen uns. Frankreich hat einen leidenschaftlichen Europäer zum Präsidenten gewählt. Macron liebt Europa, und Macron liebt Frankreich. Wir lieben Europa, und wir lieben Deutschland.
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorschläge habt ihr keine!)
Das ist eine gute Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich in Europa in den nächsten Jahren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Alexander Ulrich für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110942 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Vorschlägen von Präsident Macron zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik |