Ursula Groden-KranichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Vorschlägen von Präsident Macron zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hat Präsident Macron sein Regierungsteam vorgestellt. Entgegen altbewährten Traditionen hat er den Mut gehabt, ein Team aus unterschiedlichen Parteien zu berufen. Er hat damit den ersten Schritt zur Zusammenführung der bürgerlichen Kräfte getan, um zu einer Überwindung der starken Spaltung, die es in Frankreich gibt, zu kommen. Machen wir uns nichts vor: Viele haben Macron nicht um seinetwillen gewählt; sie haben ihn gewählt, weil sie Le Pen verhindern wollten. Herr Ulrich, die Linke hat nicht den Mut gehabt, wie alle anderen Parteien zu sagen: Wählt Macron, auch wenn es nicht unsere Überzeugung und er nicht unsere erste politische Wahl ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ja, jetzt ist es an uns allen, zu überlegen, wie wir mit Macron ein gemeinsames Europa schaffen können. Die Politik der offenen Hände, die sowohl von Macron als auch von unserer Kanzlerin begonnen wurde, sollten wir auch bei den Parlamentswahlen unterstützen, die jetzt in Frankreich anstehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn das ist die eigentliche Herausforderung für den neuen Präsidenten: Wie schafft er es, in seinem eigenen Land eine Mehrheit zu finden, um in fünf Jahren nicht eine erstarkte radikale antieuropäische Fraktion gegen sich zu haben? Wir haben eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, ein niedriges Wirtschaftswachstum und eine hohe Staatsverschuldung in Frankreich zu verzeichnen. Was wir jetzt brauchen, ist ein Zusammenhalt aller bürgerlichen Kräfte, nicht nur der Parteien: erst das Land, dann die Partei und dann man selbst. Ich glaube, diesen ersten Schritt sind sowohl Macron als auch unsere Kanzlerin bei ihrer Begegnung hier in Berlin gegangen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist ein schönes Signal, dass in Paris wieder ein wenig deutsch gesprochen wird, und zwar in dem Sinne, dass Ministerinnen und Minister berufen wurden, die deutsch sprechen. Damit meine ich nicht die deutsche Sprache und das deutsche Denken, sondern die europäische Ausrichtung in diesem Zusammenhang. Auch wir hier in Berlin müssten ein Stück mehr französisch sprechen, und das meine ich nicht nur sprachlich, sondern – ich sehe, dass viele Mitglieder der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe anwesend sind – im Sinne eines Miteinanders und gegenseitigen Verstehens. Es ist nicht immer nur eine Frage der Sprache, sondern auch eine Frage des Verstehens. Dafür werbe ich sehr.
(Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Très bien!)
Uns muss auch klar sein, dass Europa mehr ist als nur Deutschland und Frankreich. Aber wenn Deutschland und Frankreich mit gutem Beispiel vorangehen, haben wir eine gute Chance, dass wir in Europa gemeinsam weiterkommen. Dass wir unterschiedliche Prioritäten sehen, Herr Özdemir, liegt in der Natur der Sache. Aber wenn wir uns im Ziel einig sind, werden wir weiterkommen. Das können wir hoffentlich nach einer erfolgreichen Parlamentswahl in Frankreich, nach der es wahrscheinlich eine Cohabitation gibt. Wenn Macron eine starke Parlamentsmehrheit bekommt, dann haben wir eine Chance, gemeinsam für Europa zu kämpfen und Europa attraktiv zu machen.
Ich selbst komme aus einer Stadt, die über viele Jahrhunderte mit Frankreich durchaus nicht immer freundschaftlich verbunden war. Aber in meiner Heimatstadt Mainz gibt es eine lange Verbindung zu Frankreich, Partnerschaften, die auch das wirtschaftliche Interesse im Auge haben und die auch junge Menschen die Zukunft eines gemeinsamen Europas lehren.
Meine erste Auslandsreise mit der Schule ging nach Dijon. Leider gehen Auslandsreisen heute eher in die weite Welt als nach Europa. Auch da liegt es an uns allen, die Nähe zu unseren europäischen Partnern wieder zu stärken, und das liegt nicht nur, aber eben doch ganz besonders an Deutschland und Frankreich. Deswegen müssen wir uns hier im Deutschen Bundestag in den nächsten Monaten trotz des Wahlkampfes viel stärker und durchaus positiv mit Europa auseinandersetzen. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass es nicht nur ein gemeinsames Europa der Nationalstaaten gibt, sondern dass wir auch für eine gemeinsame europäische Idee kämpfen müssen. Deswegen sage ich auch hier: Es lebe Europa! Vive l’Europe!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat der Kollege Dr. Axel Troost für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7110948 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Vorschlägen von Präsident Macron zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik |