Christina Jantz-HerrmannSPD - Futtermittel- und tierschutzrechtliche Vorschriften
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir unsere Vorhaben, gegen Pelztierfarmen und gegen das Töten hochträchtiger Tiere vorzugehen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Mir geht es ähnlich wie Kollegin Maisch; auch ich habe in den letzten Monaten oft nicht daran geglaubt, dass wir in dieser Legislaturperiode tatsächlich diesen Gesetzentwurf vorliegen haben und beschließen werden; denn es ist bereits anderthalb Jahre her, dass wir uns in den Koalitionsfraktionen darauf verständigt haben, hier etwas zu unternehmen. Es ist ebenfalls anderthalb Jahre her, dass Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt dieses Vorhaben medienwirksam – wie so vieles – angekündigt hat. Doch es war ein zähes Ringen mit den Kollegen der Union – das zeigt die Dauer von anderthalb Jahren –, dieses Gesetzespaket in Form zu gießen.
Dabei ist es wenig hilfreich für die Sache, wenn ein Minister trotz Ankündigung von seiner eigenen Fraktion bei dem Vorhaben blockiert wird. Er wird nicht nur von seinen Wirtschaftsfreunden blockiert, sondern – wir haben es zuletzt im Landwirtschaftsausschuss gesehen – sogar aus den eigenen Reihen: Ein Kollege aus der CDU, der eigentlich für den Tierschutz zuständig sein sollte, hat gegen das Gesetzespaket gestimmt.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Der will auch weiter Fohlenbrennen!)
Die SPD-Bundestagsfraktion – Sie sehen es, meine Damen und Herren – hat für dieses Vorhaben intensiv gekämpft; natürlich nicht, um Ehrenrettung des Ministers zu betreiben, sondern – ganz klar –, weil es einfach höchste Zeit war, die unhaltbaren Zustände in der Pelztierhaltung und bei der Schlachtung hochträchtiger Nutztiere zu beenden.
(Beifall bei der SPD)
Erstens wollen wir mit dem Gesetzentwurf verhindern, dass schmerzempfindliche Tierföten bei der Schlachtung des betäubten Muttertieres qualvoll – so ist es nämlich – verenden; denn Tierföten, wie zum Beispiel im Falle von Kälbern, können zumindest ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit bei der Schlachtung des Muttertieres bis zu ihrem eigenen Tod Schmerzen und Leiden empfinden. Indem wir verbieten, dass hochträchtige Tiere überhaupt zum Schlachthof gebracht werden, wollen wir dieser Praxis nun einen Riegel vorschieben.
Ausnahmen sollen nur gelten – das ist schon angesprochen worden –, wenn im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation eine Tötung geboten ist. Eine weitere Ausnahme, die wir – aus meiner Sicht: leider – machen müssen, umfasst Schafe und Ziegen. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir die Bundesregierung auffordern, in diesem Bereich weitere Untersuchungen anzustellen. Denn: Auch wenn es für die Ausnahme jetzt noch Gründe gibt, ist es doch unser Ziel, dass zukünftig auch Schafe und Ziegen in dieses Verbot einbezogen werden.
(Beifall bei der SPD)
Zweitens wollen wir den Pelztierfarmen in unserem Land endlich ein Ende setzen. Auch wenn es mein persönlicher Wunsch gewesen wäre: Wir können diese Farmen aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit leider nicht sofort schließen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Ehrlichkeit!)
Der Gesetzentwurf verbietet deshalb die Pelztierzüchtung, räumt aber ein, dass die Farmen befristet genehmigt werden, wenn sie hohe Ansprüche an eine artgerechte Tierhaltung erfüllen. Die Einführung und Einhaltung von solch hohen Tierschutzstandards in der Pelztierhaltung machen diese aber deutlich teurer und sicher auch unrentabel, sodass wir damit den aktuellen Geschäftsmodellen ein Ende setzen werden.
(Beifall bei der SPD)
Drittens müssen wir – ich sage: müssen – das Fettverfütterungsverbot bei Wiederkäuern, wie Rindern, aufheben. Es gibt leider keine wissenschaftliche Grundlage für ein Fortbestehen des Verbots. Ich persönlich finde das – ich habe es auch schon an anderer Stelle gesagt – ethisch besonders schwierig.
Viertens streben wir mit dem Gesetzespaket eine weitere Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches an. Wir führen einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog ein. Damit legen wir einen ersten Grundstein – ich sage bewusst: ersten Grundstein – für eine Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der staatlichen Kontrollen im Lebensmittelsektor.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist bereits bei meiner Kollegin Ute Vogt angeklungen: Der Gesetzentwurf ist ohne Frage ein Kompromiss. Er ist aber der beste Kompromiss – das sage ich ganz offen –, den wir mit unserem Koalitionspartner erreichen konnten. Er ist auch ein Kompromiss zwischen dem Tierschutz und anderen Verfassungsgütern, insbesondere der Berufs- und Gewerbefreiheit. Hier sind dem Tierschutz – viele von uns sagen sicherlich: leider – Grenzen gesetzt. Nach der Güterabwägung dürfen wir Pelztierfarmen nicht direkt schließen, Übergangsfristen allerdings auch nicht beliebig kurz ansetzen. Es wäre rechtssicher ebenfalls nicht möglich, die Fettverfütterung an Wiederkäuer als einziges EU-Land weiterhin verboten zu lassen, wenn es keine wissenschaftlichen Belege gibt, dass aufgrund der Fettverfütterung ein erhöhtes BSE-Risiko für den Verbraucher entsteht.
Selbstverständlich – Sie haben es an dieser Debatte schon gemerkt –: Regierungsverantwortung zu tragen, bedeutet immer auch, um Kompromisse zu ringen. Beim Tierschutz ist das Ringen mit der Union – unter uns gesagt – ein tägliches Tauziehen, zumal dann, wenn sich der Minister vor allem im Ankündigen versteht und seine Fraktion nicht immer mitzieht, sondern eher den Status quo erhalten will, egal wie belastend er für die Landwirte und Landwirtinnen, für die Tiere und für die Umwelt ist. Leider viel zu oft mussten wir Herrn Schmidt – auch das ist in dieser Debatte schon angeklungen – beim Tierschutz zum Jagen tragen. Viel zu sehr war der Minister auf sein Konzept der freiwilligen Verbindlichkeit fixiert. Kritische Zungen würden sein Handeln eher als organisierte Unverantwortung beschreiben.
Meine Damen und Herren, nach zähem Ringen konnten wir zu einem Gesetzentwurf kommen, der den Tierschutz verbessert. Ich bitte Sie daher, unserem Gesetzentwurf und unserer Entschließung zuzustimmen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7111025 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Futtermittel- und tierschutzrechtliche Vorschriften |