Jeannine PflugradtSPD - Kita- und Schulverpflegung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer hochwertigen Verpflegung in Kita und Schule stimmen wir als SPD-Bundestagsfraktion selbstverständlich zu. Die Forderung der Partei Die Linke nach einer unentgeltlichen Kita- und Schulverpflegung halten wir allerdings für unangemessen.
(Karin Binder [DIE LINKE]: Schade!)
Warum sollte der Bund sämtliche Kosten für alle Kinder übernehmen? Dass wir diejenigen Eltern und Kinder unterstützen, die sich tatsächlich keine Schulverpflegung leisten können, ist unbestritten. Das ist Teil unseres Systems, und das ist auch gut so. Eine Gegenleistung in Form einer Bezahlung zu erbringen, hat für mich etwas mit Wertschätzung zu tun. Gute und hochwertige Schulverpflegung hat einen Preis, und der sollte für alle Eltern – ich betone: für alle Eltern – bezahlbar sein.
Natürlich sind wir, die SPD-Bundestagsfraktion, für eine ausgewogene sowie hochwertige Essensversorgung in Kitas und Schulen, an der jedes Kind teilnehmen kann. Deshalb sollten wir unbedingt gemeinsam eine Lösung suchen, wie der Bund die Länder und Kommunen finanziell unterstützen kann. Denn leider besteht noch immer – das brauche ich Ihnen eigentlich nicht zu sagen; aber ich weise immer, wenn ich hier stehe, darauf hin – das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich. Ich hoffe, dass es nicht mehr lange bestehen wird. Wir als SPD-Bundestagsfraktion kämpfen dafür, dass es aufgehoben wird.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Falsch!)
– Das ist nicht falsch, sondern das ist gut. – Wir haben bereits einen Fuß in der Tür. In der nächsten Sitzungswoche werden wir das hoffentlich beschließen.
Der Bund engagiert sich dort, wo es ihm laut Grundgesetz erlaubt ist. Seit 2008 unterstützt er die Schulvernetzungsstellen in den Ländern mit über 7,7 Millionen Euro. Die Bundesländer müssen ihrer Verantwortung hier auch in Zukunft gerecht werden und ihre Vernetzungsstellen weiterhin finanzieren.
Jüngst hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Bundeszentrum für Ernährung eingerichtet. Das Nationale Qualitätszentrum für gesunde Ernährung in Kita und Schule ist ein Organisationsteil davon. Es arbeitet eng mit den Vernetzungsstellen zusammen. Das Nationale Qualitätszentrum entwickelt gerade unter anderem Standards für die Qualität des Essens für unsere Kinder in Kitas und Schulen. Dabei arbeitet es eng mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammen. Das unterstützen wir als SPD-Bundestagsfraktion ausdrücklich. Auch wir sind dafür, endlich verbindliche statt freiwillige Qualitätsstandards für Schulcaterer und für das Essen in Kita und Schule einzuführen. Denn wie es mit der Freiwilligkeit ist, das wissen wir doch alle.
In Berlin und im Saarland sind entsprechende Standards seit Jahren eine Voraussetzung in den Rahmenverträgen für Caterer. Sie gehen also mit gutem Beispiel voran. Dort dürfen nur Caterer Essen an Kitas und Schulen ausliefern, die das Siegel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung tragen. Daran sollten sich, denke ich, alle Bundesländer orientieren.
Wir dürfen in der Diskussion aber auch nicht vergessen, dass die Bundesländer oder Kommunen selbst die Verantwortung tragen, den Kindern in Kitas und Schulen gutes Essen zu ermöglichen. Doch ob wir in jeder Schule eine Lernküche benötigen – die Einrichtung solcher Küchen wird im Antrag gefordert – und uns diese auch leisten können, das bezweifle ich. Ob alle anderen allgemeinbildenden Fächer, die die Schule während einer Schulwoche anbietet, der richtige Lernort für das Kochen sind, bezweifle ich ebenso.
So wie ich die Bundesländer bei der Qualität in der Pflicht sehe, sollten wir den Eltern die Verantwortung überlassen, gemeinsam mit ihren Kindern zu kochen, ihnen aufzuzeigen, aus welchen Bestandteilen Gerichte bestehen, oder gemeinsam mit ihnen einkaufen zu gehen, auch wenn das manchmal schwer fällt und sehr nervig ist. Da spreche ich aus eigener Erfahrung; das können Sie mir glauben. Wir können und sollten den Eltern nicht jegliche Verantwortung abnehmen.
(Beifall der Abg. Rita Stockhofe [CDU/CSU])
Ernährungsbildung und -aufklärung halte ich für ausgesprochen wichtig. Doch für ein eigenes Schulfach, so meine ich, reicht das nicht. Es kann sehr gut in den höheren Klassenstufen in den Sozialkundeunterricht integriert werden. In der Grundschule könnte ich mir ein Fach Schulgarten vorstellen. Die Abgeordneten aus den neuen Bundesländern werden das noch kennen. Auch ich hatte als Kind dieses Schulfach. Es hat mir Spaß gemacht, und zu meinem Schaden war es nicht; das denke ich jedenfalls. Selbst tätig sein, lernen, wie etwas angepflanzt wird, gepflegt werden muss und geerntet wird, das ist, denke ich, wichtig. Kinder lernen, unsere Lebensmittel auch mehr wertzuschätzen, wenn sie wissen, wie viel Arbeit und Mühe es macht, bis etwas auf dem Teller liegt und gegessen werden kann.
Des Weiteren stimmen wir für eine Mehrwertsteuerbefreiung oder zumindest für eine Absenkung des Steuersatzes auf 7 Prozent für Kita- und Schulverpflegung.
(Beifall bei der SPD)
Hundefutter zum Beispiel ist nur mit 7 Prozent besteuert. Nichts gegen Tiere – ich selbst bin Hundebesitzerin –, aber sind Tiere mehr wert als unsere Kinder? Diese Frage stelle ich ganz provokativ in Richtung des Finanzministers Herrn Schäuble. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte gerade erst wieder angekündigt, dies in der nächsten Legislaturperiode erreichen zu wollen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollen immer alles in der nächsten Legislaturperiode erreichen!)
Darauf bin ich sehr gespannt. Ich wünsche allen Beteiligten schon jetzt viel Erfolg.
Den Antrag der Linken finde ich überzogen, und zwar für alle Beteiligten. Die Forderung nach der frischen Zubereitung von Mahlzeiten an jeder Schule bedeutet, dass jede Schule eine Köchin oder einen Koch sowie Küchenhilfen benötigt. Eine Küche, in der man frisch zubereiten kann, benötigt frische Produkte, die täglich angeliefert werden müssen. Diese Bedingungen erfüllen nicht einmal die Kantinen hier im Bundestag.
(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das ist wohl wahr!)
Wie soll das mit 4,50 Euro pro Kind pro Tag bezahlt und logistisch umgesetzt werden?
Aber nicht alles im Antrag ist schlecht. Einige Forderungen unterstützen wir als SPD-Bundestagsfraktion. Besonders gut gefällt mir persönlich, dass Sie einen ganzheitlichen Ansatz hinsichtlich der Kita- und Schulverpflegung haben. Denn Essen ist mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es verbindet Kinder miteinander.
Einer unentgeltlichen Verpflegung in Kita und Schule können wir aber dennoch nicht zustimmen.
Ein bisschen ist ja schon über den Freistaat Thüringen gesagt worden. Wie sieht es dort eigentlich wirklich aus? Sie als Linke sind ja dort schon einige Zeit in der Regierungsverantwortung und könnten ein Signal setzen. Ich habe gehört: Das letzte Jahr in der Kita ist kostenfrei. – Das ist ja schön.
(Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
– Hören Sie doch einfach weiter zu! – Aber laut der gestrigen Aussage der Schulvernetzungsstelle ist die Versorgung der Kinder noch nicht kostenfrei. Setzen Sie ein Signal! Fangen Sie doch dort an!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die SPD regiert in Thüringen, glaube ich, doch auch?)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicole Maisch für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7111042 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Kita- und Schulverpflegung |