18.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 13

Alois RainerCDU/CSU - Kita- und Schulverpflegung

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Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist schon eine interessante Debatte. Es soll um eine hochwertige und unentgeltliche Essensversorgung in Kita und Schule gehen, wir debattieren aber zum Teil über übergewichtige Männer mittleren Alters

(Karin Binder [DIE LINKE]: Ja, das ist das Ergebnis!)

oder über Mittel für den Schulausbau in Thüringen, der irgendwann mal kommen wird.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es liegt ein Antrag vor, über den wir hier debattieren, weil er eingereicht wurde. Aber wir sind nicht zuständig. Die Zuständigkeit liegt nämlich ganz klar bei den Ländern und bei den Kommunen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ganz so einfach wollen wir es uns natürlich auch nicht machen. Man muss einfach festhalten: Wir leben in einem föderalistisch aufgebauten Staatssystem, und darin gibt es nun einmal feste Zuständigkeiten.

Ich sage Ihnen auch: Das Kooperationsverbot aufzuheben, wäre meines Erachtens nicht zielführend; es wäre völlig falsch. Und die Schulverpflegung bundesweit zu steuern und zu reglementieren, wäre genauso falsch.

(Karin Binder [DIE LINKE]: Es geht nur ums Finanzieren, Herr Kollege, nicht ums Steuern!)

– Ja, ich komme noch zum Finanzieren, Frau Kollegin.

Kita- und Schulverpflegung müssen diejenigen regeln und auch finanzieren, die vor Ort dafür zuständig sind, und das sind einfach die Kommunen und die Länder. Diese und nicht schon wieder der Bund, der die Kommunen und Länder in dieser Legislaturperiode sowieso schon unterstützt wie noch nie, sind hier die Sachaufwandsträger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist unumstritten, dass gesunde Ernährung eine große Bedeutung in der Gesellschaft haben muss. Einige Ziele bei der Schulverpflegung empfinde ich als durchaus vernünftig, zum Beispiel, dass sie gesund, abwechslungsreich und regional geprägt ist und dass Ökoprodukte verwendet werden.

Allerdings möchte ich hier weniger den Weg der Reglementierung als vielmehr den Weg der Freiwilligkeit vorschlagen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten: Wenn Kommunen, Schulen und Eltern die Verpflegung auf lokaler Ebene gemeinsam organisieren, dann wird das angenommen und auch unterstützt. Ich könnte das gleiche Beispiel nennen wie der Kollege Albert Weiler. Auch in meiner Kommune hat das über viele Jahre hinweg wunderbar funktioniert. Das geht also sehr gut.

(Karin Binder [DIE LINKE]: Aber in einer Großstadt wie München klappt das nie und nimmer!)

Natürlich darf gutes Essen – es ist gute Ware – auch etwas kosten. Das ist richtig so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich meine – so habe ich es auch in der öffentlichen Anhörung gehört –: Viel wichtiger als die Kosten ist, dass man gemeinsam mit dem Caterer, den verantwortlichen Lehrern und den Eltern anhand von Leitlinien für gesunde Ernährung eine ausgewogene Ernährung zur Verfügung stellt. Ich denke, da sind wir uns im Großen und Ganzen einig.

Im Übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang auf Bayern verweisen. Bayern hat dazu am Dienstag die Leitlinien Schulverpflegung herausgegeben: Mit gutem Essen Schule machen – Genussort Mensa. Die Broschüre kann ich Ihnen gerne geben. Da kann man nachlesen, dass dieses System in Bayern sehr gut funktioniert. Dabei soll es das Ziel sein, diese Leitlinien im jeweiligen Schulleitbild zu verankern. Gute Schulverpflegung muss als Teil eines gelingenden Schullebens selbstverständlich werden.

Lassen Sie mich kurz auf die Forderung in Ihrem Antrag nach unentgeltlicher Essensversorgung eingehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Sie fordern die Bundesregierung auf, dass der Bund den Ländern eine Pauschale von 4,50 Euro pro Kind bzw. pro Jugendlichen je Verpflegungstag zahlen soll.

Herr Kollege Rainer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bulling-Schröter?

Natürlich.

Dann hat sie das Wort.

Vielen Dank, Kollege Rainer. – Sie haben behauptet, in Bayern sei alles in Ordnung. Es gibt ja einen Ministerpräsidenten, der schon vom Paradies spricht.

Jetzt gibt es diese Ausschreibungsverordnung. Vielfach wird das Essen nicht in den Schulküchen in Bayern gekocht – vielleicht bei Ihnen, bei mir in Ingolstadt nicht –, sondern es wird von weither angeliefert. Ein Blick auf den Preis zeigt, dass das angelieferte Essen vielleicht um 10 Cent billiger ist.

Ich halte dieses Vorgehen für falsch; denn es ist sinnvoll, das Essen vor Ort zu produzieren. Sie selber haben gesagt: Lebensmittel müssen etwas kosten. – Darin sind wir uns einig: Gute Lebensmittel kosten einfach etwas. Sehen Sie nicht Handlungsbedarf dahin gehend, dafür zu sorgen, dass das Essen vor Ort aus regionalen Produkten zubereitet wird? Denn unsere beiden Parteien setzen sich ja explizit für regionale Wirtschaftskreisläufe ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr verehrte Frau Kollegin Bulling-Schröter, wir haben uns schon öfter über gute und nachhaltige Verpflegung unterhalten. Natürlich wäre es vernünftig und gut, wenn das Essen vor Ort aus frischen und regionalen Produkten zubereitet würde. Leider Gottes geht das nicht immer. Deshalb gibt es die Informationen der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern. Es soll wohl auch bei uns in einigen Bereichen noch Nachholbedarf geben. Ich hoffe natürlich, dass wir den einen oder anderen Caterer finden, der das macht. Es ist immer schwierig, eine Kita, die – in Anführungszeichen – nur 30 oder 40 Essen benötigt, wirtschaftlich mit Essen zu versorgen. Trotzdem sind wir, denke ich, auf einem guten Weg. Wir beide können uns dahin gehend weiter austauschen.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der Mann versteht was von der Sache!)

Zurück zu den Kosten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, ich habe das Ganze kurz überschlagen. Bei 6 Millionen berechtigten Kindern am Tag macht das 27 Millionen Euro täglich. Liebe Freunde, 27 Millionen Euro täglich ist eine unglaubliche Summe. Wenn ich diese Zahl mit circa 200 Schultagen multipliziere – in der Kita sind das noch mehr Tage mit Verpflegung –, komme ich auf ein Ergebnis von circa 5,4 Milliarden Euro. Wenn ich die Kitatage noch hinzunehme, bin ich wahrscheinlich bei circa 6 Milliarden Euro. Das ist eine unglaubliche Summe.

Vor allem gibt es über das SGB II schon die Möglichkeit, sich die Kosten erstatten zu lassen. Der Betrag von 10 Euro monatlich bezieht sich auf Vereine. Nein, Familien mit Kindern bekommen die Kosten für die Verpflegung ganz erstattet. Ja, Frau Kollegin Maisch, der eine Euro muss zurückgezahlt werden, weil in den Regelsätzen Ausgaben für Verpflegung enthalten sind. Darüber könnte man diskutieren; da bin ich ganz bei Ihnen. Es ist eben so. Aber die Behauptung, dass Kinder aus finanzschwachen Familien das nicht bekommen, ist meines Erachtens nicht richtig. Das muss man am Ende des Tages ja auch finanzieren. Gerade für finanziell schwächere Familien ist es möglich, hier eine Unterstützung zu erhalten.

Es ist vorhin gesagt worden – das ist nicht verwerflich –: Was nichts kostet, ist einfach nichts wert. – Ich bleibe dabei: Das ist einfach so. Wenn das Essen nichts kostet, dann ist es auch nichts wert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zum Ende meiner Rede noch einmal kurz auf eines eingehen: Bildung ist zwar Ländersache, aber unser Landwirtschaftsministerium hat einiges dafür getan. Schon seit 2008 setzt sich das BMEL für eine Verbesserung der Verpflegung in den Kitas und Schulen sowie der vorschulischen Ernährungsbildung ein. Das BMEL hat die Vernetzungsstellen für die Kita- und Schulverpflegung seit 2008 mit insgesamt 7,7 Millionen Euro gefördert.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie gekürzt!)

Ein wichtiger Meilenstein ist meines Erachtens die Errichtung des Nationalen Qualitätszentrums für Ernährung in Kita und Schule – wir haben uns kürzlich im Ausschuss damit befasst –, das seit Februar 2017 im Rahmen des neuen Bundeszentrums für Ernährung tätig ist.

Das Nationale Qualitätszentrum ist ein zentraler Baustein der Qualitätsoffensive für besseres Essen in Kita und Schule. Es bereitet in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ein Verfahren vor, mit dem sich Caterer und Essensanbieter als besonders qualifizierte Vertragspartner für Kitas und Schulen empfehlen können. Ich kann es nur gutheißen, dass es – Frau Pflugradt hat es schon gesagt – Auszeichnungen für Caterer gibt. Das ist gut; daran müssen wir weiter arbeiten, und das wollen wir auch. Denn Qualität muss das oberste Ziel sein.

Mit dem Wettbewerb „Klasse, Kochen!“ prämiert das BMEL bereits seit sieben Jahren die besten Schülerideen zur Nutzung von Schulküchen. Mehr als 60 Schulen haben eine hochwertige Schulküche gewonnen. Das ist unglaublich wichtig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, das Ziel muss sein, anhand von Leitlinien bundesweite Qualitätsstandards für das Essen in Kita und Schule zu definieren. In diesem Sinne freue ich mich auf viele weitere Debatten zu diesem Thema.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Abschluss dieser Aussprache hat die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß das Wort für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7111044
Wahlperiode 18
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Kita- und Schulverpflegung
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