Sebastian HartmannSPD - Soziale Grundrechte in das GG
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Beck, wer mit zwei Päpsten beginnt und mit einem SPD-Kollegen, dem geschätzten Kollegen Castellucci, endet, der kann eigentlich nur Zustimmung bekommen.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie haben tatsächlich einen Gesetzentwurf aufgegriffen, den wir in der vergangenen Wahlperiode als Opposition formuliert haben. Wir haben gemeinsam an der Frage von aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen gearbeitet und einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht. Tatsächlich haben wir in der damaligen Debatte zum Teil auch die damalige Koalition gelobt und sie darauf hingewiesen, dass sie schon ein paar Verbesserungen durchgesetzt hat.
Lassen Sie uns auch benennen, dass es ein grundsätzliches Dilemma ist, wenn wir es mit Menschen zu tun haben, die sich illegal in Deutschland aufhalten, weil bestimmte aufenthaltsrechtliche Fragen nicht ausreichend geklärt sind. Man darf sich jetzt nicht vorstellen, dass es um jemanden geht, der es böse meint oder etwas anderes im Schilde führt, sondern es handelt sich vielfach um Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, die über Jahre und Jahrzehnte Beschäftigung ausüben, deren Kinder sogar ohne Aufenthaltsstatus in unsere Schulen gehen. Meine Damen und Herren, das ist in der Tat ein Problem. Zugleich müssen wir aber auch sehen, dass ein handlungsfähiger Staat jederzeit wissen muss, wer sich in seinem Staatsgebiet aufhält. Und das ist die Problemlage. Wir würden allerdings nicht so weit wie die Grünen in ihrem Antrag gehen, pauschal eine Abschaffung von ganzen Gesetzesteilen zu fordern oder sich pauschal auf die EU zu beziehen.
Es ist in der Tat richtig, wenn wir einen der drei Punkte einmal herausnehmen, und zwar die Frage der Arbeitsentlohnung von illegal Beschäftigten,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gesundheitsversorgung brennt am meisten auf den Nägeln!)
dass wir auf die 2009 beschlossene EU-Richtlinie noch mal eingehen und an dieser Stelle sagen sollten: Ja, in der Tat gibt es das Problem, dass zwar einerseits erreicht werden kann, dass der Lohn gezahlt wird, andererseits aber der Arbeitsrichter eine sogenannte öffentliche Stelle ist, die dann die Daten übermitteln muss.
Natürlich ist es, wenn man schon über den Schutz der Bevölkerung spricht, genauso geboten, darauf hinzuweisen: Ja, in der Tat trifft es zu, dass es am Ende, wenn es einen konkreten Notfall gibt, die Behandlung in Aufnahmezentren gibt. Dafür einen großen Dank an die Migrationsdienste, die Fachärzte vermitteln und sich darum kümmern, dass illegal Aufhältige Zugang zur Gesundheitsversorgung bekommen. Zugleich muss man sich aber fragen: Kann es sinnvoll sein, finanz- und gesundheitspolitisch diesen Menschen so lange Krankenschutz vorzuenthalten, bis es dann zu einer Notaufnahme kommt?
Es gibt gute Beispiele dafür, was man hier tun kann – auch aus meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen und aus Niedersachsen. Dort gibt es zum Beispiel den anonymisierten Krankenschein; diese Initiative möchte ich ausdrücklich begrüßen. Dadurch kann man möglicherweise eine konkrete Verbesserung und eine finanzielle Auskömmlichkeit im System erreichen und insgesamt auch etwas für den Gesundheitsschutz tun.
(Beifall bei der SPD)
Wir werden diese Debatte sehr ernsthaft führen, aber wir müssen sie unter anderen Voraussetzungen als denen des Jahres 2015 führen, als Sie den Antrag formuliert und gestellt haben. Wir reden jetzt über eine Vielzahl von Menschen, deren Aufenthaltsstatus infrage steht und überprüft wird. Es sind wahrlich nicht wenige Menschen. Nach einem Zeitungsbericht waren es 2016 allein in Berlin 50 000 Menschen, die von diesen Regelungen möglicherweise umfasst sind.
Die SPD wird diesen Ansatz aufnehmen und im Benehmen mit dem Koalitionspartner diskutieren. Dabei können wir sicherlich auf das zurückgreifen, was wir in der vergangenen Legislaturperiode erarbeitet und gemeinsam eingebracht haben, um hier im Plenum zu einer großen, breiten Mehrheit zu kommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt Andrea Lindholz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7111117 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Grundrechte in das GG |