18.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 17

Andrea LindholzCDU/CSU - Soziale Grundrechte in das GG

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zwei Gesetzentwürfe der Opposition. Beide Vorlagen erinnern mich an ein Zitat von Kurt Tucholsky:

Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.

Die Linken wollen soziale Grundrechte im Grundgesetz verankern. Sie wollen, dass jeder Mensch den Staat auf einen Arbeitsplatz und bezahlbaren Wohnraum verklagen kann. Im Grunde fordern Sie eine grundlegend andere Wirtschaftsordnung. Sie wollen, dass der Staat wieder über die Wirtschaft bestimmt. Solche Ideen aus der sozialistischen Mottenkiste werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch nach Jahren nicht besser. Ausgehend von unserem Grundgesetz, dem Artikel 1 und unserem Sozialstaatsprinzip, brauchen wir keine neuen Kreationen im Grundgesetz.

Zur Begründung schreiben Sie:

Die bisherige Ausgestaltung des Grundgesetzes reicht nicht aus, um wirksam vor Sozialabbau und sozialer Ausgrenzung zu schützen.

Dieser Vorwurf ist vollkommen absurd. Ich darf heute auch einmal Zahlen nennen: Deutschland hat 2015 888,2 Milliarden Euro für Sozialleistungen ausgegeben. Das macht fast ein Drittel unseres Bruttoinlandproduktes aus. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland halbiert. Trotzdem sind die Sozialleistungen um über 220 Milliarden Euro gestiegen. Und Sie reden an dieser Stelle von Sozialabbau!

Bei Ihrem Bild von Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, wundert es mich nicht, dass Ihnen sowohl in NRW als auch in Schleswig-Holstein der Einzug ins Landesparlament verwehrt wurde.

Zum Gesetzentwurf der Grünen: Er ist aus meiner Sicht leider nicht viel besser, gerade wenn man ihn im Lichte des Zuzugs nach Deutschland in den letzten zwei Jahren betrachtet. Sie wollen allen Ernstes öffentlichen Einrichtungen wie Gerichten und Krankenhäusern verbieten, Ausländerbehörden über Menschen zu informieren, die sich illegal in Deutschland aufhalten.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie das Gegenteil erreichen von dem, was sie erreichen wollen! Die Leute gehen dort einfach nicht hin!)

Wir reden nicht von Menschen ohne Papiere; denn Menschen ohne Papiere können sich auch legal in Deutschland aufhalten.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie eigentlich manchmal mit den Kirchen? Kennen Sie noch Kirchen von innen?)

Sie begründen das in Ihrem Gesetzentwurf so:

Bislang sehen Menschen ohne Aufenthaltsstatus oftmals von der Durchsetzung schadensersatzrechtlicher, arbeitsvertraglicher oder sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche ab, weil sie zu Recht befürchten, dass im laufenden Verfahren ihr Aufenthalt den Ausländerbehörden mitgeteilt wird. Durch die Änderung wird ihre Position ... gegenüber ausbeuterischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gestärkt.

Wenn ich das lese, dann frage ich mich, ob ich ein falsches Weltbild habe.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen allen Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten – ich rede von „illegal“ und nicht von Menschen ohne Papiere –,

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne legalen Aufenthaltsstatus, ja!)

den Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnen, und gleichzeitig sollen die Ausländerbehörden davon nicht erfahren dürfen. Es tut mir leid, aber damit legalisieren Sie den unerlaubten Aufenthalt. Sie laden zur Illegalität ein und untergraben vor allen Dingen den deutschen Rechtsstaat.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Absurd! Sicherheitsbehörden müssen natürlich beteiligt werden! Ach, Frau Lindholz!)

Unser Aufenthaltsrecht können wir dann bald abschaffen, und wir können das, was Sie wollen, auf einen Punkt bringen: Wer nach Deutschland kommt, erhält ein Bleiberecht und auch vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!)

So wie Sie sich das vorstellen, funktioniert unser Rechtsstaat nicht. Daher lehnen wir auch Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Über 1,2 Millionen Menschen sind in den letzten beiden Jahren nach Deutschland gekommen, 485 000 Ausreisepflichtige werden zum Ende dieses Jahres erwartet. Wir wollen, dass diese Menschen ihrer Ausreisepflicht nachkommen, und wir wollen sie nicht in die Illegalität drängen. Der Bund, die Länder, die Behörden und der Bundestag betreiben einen großen Aufwand, um diese Menschen zu registrieren. Im Interesse der inneren Sicherheit gilt: Wir müssen wissen, wer zu uns kommt und wer sich dauerhaft bei uns aufhält. Wir können Illegalität nicht auch noch zementieren.

Die Lösung ist auch nicht, das Leben in der Illegalität zu vereinfachen. Die Lösung muss sein, die Menschen aus der Illegalität herauszuholen. Wir haben mit unserer Bleiberechtsreform dafür gesorgt, dass sich Menschen, die sich seit vielen Jahren mit einem umgekehrten Aufenthaltsstatus in Deutschland aufhalten, gut integrieren und einen Aufenthaltstitel bekommen können. Damit haben wir ein Signal gegen die Illegalität gesetzt.

Wir wollen keine unkontrollierte und auch keine unrechtmäßige Zuwanderung. Ihrem Gesetzentwurf können wir daher nicht zustimmen.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7111121
Wahlperiode 18
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Soziale Grundrechte in das GG
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine