Thorsten FreiCDU/CSU - Jemenpolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar, lieber Herr Annen, dass Sie etwas Sachlichkeit in diese Debatte gebracht haben
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Wadephul konnte es ja nicht!)
und dass Sie im Großen und Ganzen ein Stück weit relativiert haben, was hier vorgetragen worden ist.
Wenn man sich den Antrag der Grünenfraktion anschaut, stellt man fest, dass er zunächst einmal durchaus positive Aspekte enthält – darauf sind die Vorredner eingegangen –, etwa wenn es darum geht, die größte humanitäre und auch Hungerkatastrophe der Welt ein Stück weit in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken und dafür zu sorgen, dass auch unser Haus dieses Thema diskutiert. Was da zu diskutieren ist, haben wir ja gehört. Dabei geht es in der Tat im Ergebnis um nichts anderes als darum, dass das seit Jahren ärmste Land der arabischen Welt im Grunde genommen in die Steinzeit zurückkatapultiert wird. Vieles, was dort passiert ist, ist angesprochen worden. Nach drei Jahren des Bürgerkriegs, nach zwei Jahren des Bombardements sind letztlich das Gesundheitssystem und die Infrastruktur so zerstört, dass auch an sich heilbare oder vermeidbare Krankheiten zu massenhaftem Sterben führen. Es gibt auch schreckliche Verbrechen, die in diesem Zusammenhang begangen werden. Dass auf der Seite der Huthis zehnjährige Kinder an die Waffen und an die Fronten gebracht werden, ist etwas, was ebenfalls zum Gesamtbild gehört.
Was Sie in Ihrem Antrag auch noch richtigerweise erwähnen, ist die Tatsache, dass es am Ende keine militärische Lösung, sondern nur eine politische und Verhandlungslösung geben kann. Aber gerade wenn man das als richtig voraussetzt, muss doch klar sein, dass man sich ein Stück weit in die unterschiedlichen Kombattanten hineinfühlen muss, dass man sich anschauen muss, wo die Problemlagen sind, damit man eine Basis für Verhandlungslösungen finden kann. Das setzt voraus, dass man nicht einseitig argumentiert,
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Eben!)
sondern klarlegt, dass man es hier mit vielen Verbrechern zu tun hat. Natürlich ist es so, dass die Saudis gemeinsam mit der Hadi-Regierung Verantwortung tragen. Aber die Hadi-Regierung ist letztlich auch eine legitime und von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannte Regierung. Sie ist von den Huthis vertrieben worden, und nicht nur von denen. Sie haben sich ausgerechnet mit dem früheren Machthaber Saleh verbündet, der vorher Hunderttausende Huthis verfolgt, bekämpft und ermordet hat. Insofern muss man schon das gesamte Bild zeichnen.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir alles gesagt!)
Es ist auch richtig, dass es an der Hunderte Kilometer langen Grenze zwischen den beiden Ländern auch Sicherheitsinteressen Saudi-Arabiens gibt,
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Grenze, nicht im Jemen!)
die es zu respektieren gilt.
Gleiches gilt letztlich für die Rolle der USA; ich sage das vor dem Hintergrund des anstehenden Besuchs des amerikanischen Präsidenten. Tatsächlich ist es so, dass die Amerikaner hier durchaus eine gute Rolle spielen. Schauen Sie sich beispielsweise die Geberkonferenz an, die Sie angesprochen haben, bei der 1,1 Milliarden Euro eingesammelt worden sind. Allein die Hälfte des Geldes kommt von den USA. Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich andere Weltmächte gerieren. Schauen Sie sich einmal an, was China und Russland machen. Ich kann Ihnen sagen: Die tun nichts, gar nichts. Auch das gehört zu dem Gesamtbild.
Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass wir in Deutschland eine radikale Änderung der Jemenpolitik brauchen. Ich frage mich: Was sollen wir denn ändern? In dieser Woche war der jemenitische Premier in Berlin. Seit dem vergangenen Sonntag diskutieren unterschiedliche Vertreter jemenitischer Gruppen und Parteien in Berlin, wie man Verhandlungslösungen erzielen kann. Deutschland wirft seine Position in der Region und das Vertrauen, das es genießt, in die Waagschale, um zu Verhandlungslösungen zu kommen.
Wenn Sie sich auf die Waffenlieferungen kaprizieren, dann ist es falsch, zu behaupten, dass dort mit deutschen Waffen getötet würde. Man muss sich genau anschauen, um was es geht. Es geht um Patrouillenboote und um Radarsysteme, die letztlich zum Schutz von Küsten und zum defensiven Einsatz verwendet werden. Zur Wahrheit gehört auch, was nicht geliefert wird, beispielsweise Bestandteile für Gewehre des Typs G36 oder Panzerbestandteile, also all die Dinge, die für offensive Einsätze und damit auch für Krieg, Bürgerkrieg und zum Morden eingesetzt werden können. Das gehört doch zum Gesamtbild. Wenn Sie das nicht berücksichtigen, dann werden Sie nie die Basis dafür schaffen, zu einer Verhandlungslösung zu kommen; aber nichts anderes kann das Ziel sein.
Im Hinblick auf den Besuch des amerikanischen Präsidenten hoffen wir, dass er auf seinen Verteidigungsminister hört, der genau das statuiert hat: Es kann nur eine Verhandlungslösung geben. – Wir sind bereit, auch in diesen Zeiten unseren Beitrag dazu zu leisten. Ich glaube, dass Deutschland viel dazu beitragen kann und dies auch tut.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7111179 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Jemenpolitik |