Johannes FechnerSPD - Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Zu den positiven Errungenschaften des Internets gehört, dass Millionen Menschen miteinander in Kontakt treten können. Aber die Schattenseite ist, dass es auch unendlich viele Möglichkeiten gibt, Hassbotschaften, Beleidigungen und Straftaten millionenfach zu verbreiten. Weil es nach der heutigen Rechtslage so unendlich schwierig ist, gegen diese Hassbotschaften im Netz vorzugehen, brauchen wir eine Regulierung. Soziale Netzwerke dürfen kein rechtsfreier Raum sein, in dem gemobbt, beleidigt wird oder in dem zu Straftaten oder gar zum Mord aufgerufen wird. Auch in sozialen Netzwerken muss Recht und Gesetz gelten, und dem dient dieses Gesetz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist schon komisch, Herr von Notz, dass Sie sagen, die Bundesregierung kommt erst auf den letzten Drücker. Selber haben Sie Ihren Antrag aber erst im April 2017 eingebracht.
(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da sieht man mal wieder die Verlogenheit!)
Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, stelle ich einmal mehr fest, dass Sie keinen konkreten Gesetzesvorschlag machen, dass Sie keine ausformulierten Vorschläge machen, wie es die SPD zu Oppositionszeiten gemacht hat, sondern Sie bringen lose Aufforderungen, schwammig formuliert.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, hören Sie doch auf, Herr Fechner! Ihre eigenen Leute kritisieren das massiv! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch nicht die Fraktion geschrieben! Das ist doch Angabe! Das hat das Ministerium geschrieben!)
Wir handeln. Wir legen ganz konkrete Gesetzentwürfe vor, die den Bürgerinnen und Bürgern helfen werden, Herr von Notz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir machen das, weil wir von Einrichtungen wie etwa jugendschutz.net wissen, dass bei YouTube, Twitter oder auch Facebook – YouTube muss ich ausnehmen; dort hat es sich gebessert –
(Die Verblendung eines Sitzplatzes in den Reihen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN fällt zu Boden)
– bei den Grünen bricht schon Panik aus –
(Vereinzelt Heiterkeit – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Baumangel!)
bzw. bei Twitter oder Facebook nicht freiwillig gelöscht wird und wir nicht auf die Freiwilligkeit dieser Unternehmen setzen können. Ich finde, wenn Unternehmen Milliardengewinne machen, dann können wir ihnen auch zumuten, dass sie Rechtsanwälte beschäftigen oder eine juristische Abteilung aufbauen, um dafür zu sorgen, dass Lügen und Straftaten im Netz nicht verbreitet werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dabei ist wichtig, zu wissen: Schon heute gibt es Unterlassungsansprüche. Daran ändern wir mit diesem Gesetz nichts, sondern wir sorgen dafür, dass diese Ansprüche tatsächlich durchgesetzt werden können. Die wichtigste Regelung ist dabei, dass wir für die Unternehmen die Pflicht einführen, in Deutschland eine Zustellperson zu benennen, also eine Person, an die Zivilrechtsklagen, Unterlassungsklagen oder auch strafrechtliche Verfügungen der Ermittlungsbehörden zugestellt werden können. Wir müssen dafür sorgen, dass die Opfer in Deutschland ihre Rechte durchsetzen können.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Es ist wichtig, eines klarzustellen: Es geht nicht darum, die Unternehmen zu verpflichten, zu bewerten, ob sie Löschungen vornehmen müssen oder nicht. Es ist ausdrücklich geregelt, dass eine Bußgeldbehörde, bevor sie ein Bußgeld verhängt, eine Gerichtsentscheidung einholen muss, ob ein Inhalt rechtswidrig ist oder nicht. Deswegen kann von einer Privatisierung, die auch wir selbstverständlich nicht wollen, überhaupt keine Rede sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Der entscheidende Punkt ist, dass die Sanktion, das Bußgeld kommt, wenn kein systematisches Beschwerdemanagement, kein taugliches Verfahren zur Löschung von rechtswidrigen Inhalten vorhanden ist.
Ja, auch wir achten ganz genau darauf, dass dieses Gesetz klar und präzise formuliert ist. Wir haben schon einige Änderungen in der Gesetzesbegründung vorgenommen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Begründung? Ja, was hilft das denn?)
Wir haben den Anwendungsbereich präzisiert. Jetzt ist klar, dass Maildienste wie GMX oder Web.de, Bewertungsportale oder Berufsportale wie LinkedIn oder XING nicht unter dieses Gesetz fallen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schreiben Sie das ins Gesetz! In der Begründung hilft das niemandem, Herr Fechner!)
Wir stehen dem Vorschlag, das auch im Gesetzestext zu ändern, offen gegenüber. Das können wir gerne beraten. Wenn dort entsprechende Regelungen erforderlich sind, dann machen wir das zur Klarstellung gerne.
Ein weiter Punkt ist uns wichtig: Einen Auskunftsanspruch darf es nur geben, wenn ein Gericht dies anordnet.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht gar nicht im Gesetz!)
Bestandsdaten dürfen nur dann herausgegeben werden, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt, wenn also eine der Straftaten begangen wurde, die wir im Gesetz abschließend und genau normiert haben.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt nicht!)
Auch das ist eine Änderung, auf die wir uns schon verständigt haben und die wir in den Gesetzestext einfügen wollen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum bringen Sie denn dann ein falsches Gesetz ein?)
Das ist für uns in der SPD ein ganz wichtiger Punkt.
Sie sehen: Wir haben schon eine ganze Menge Kritikpunkte aufgenommen. Für uns gilt, dass im Zweifel für die Meinungsfreiheit zu entscheiden ist. Es darf bei den sozialen Netzwerken nicht die Situation eintreten, dass diese – quasi in vorauseilendem Gehorsam – im Zweifel aus Angst vor einer harten Sanktion zurückschrecken und einen Inhalt deshalb löschen. Genau das wollen wir nicht. Deswegen haben wir eine klare Regelung ins Gesetz aufgenommen.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die SPD setzt sich dafür ein, dass für die Opfer von Straftaten und Verleumdungen in der digitalen Welt die gleichen Rechte wie in der analogen Welt gelten. Dazu brauchen wir ein Gesetz. Wir wollen dieses Gesetz. Wir sind bereit, in den Beratungen die eine oder andere Präzisierung vorzunehmen, möglicherweise auch im Gesetzestext. Darüber, dass wir dieses Thema behandeln müssen, und zwar noch in dieser Legislaturperiode, sollten wir uns aber alle einig sein. Es wird viel zu viel Hass und Hetze im Internet verbreitet. Dagegen müssen wir vorgehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dr. Stefan Heck erhält das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7111292 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 235 |
Tagesordnungspunkt | Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken |