31.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 7

Olav GuttingCDU/CSU - Vermögensteuer

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! – Jetzt muss ich schon husten. Herr Ernst, das muss am Staub auf dem Antrag, den Sie hier eingebracht haben, liegen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn Sie haben ihn 2010 und 2012 schon einmal vorgelegt. Jetzt haben Sie die Vermögensteuer wiederbelebt und Ihren Antrag aus der Mottenkiste gezogen. Der einzige Unterschied ist: Heute wollen Sie nicht nur Privatvermögen ab 1 Million Euro, sondern auch noch die Betriebsvermögen ab 5 Millionen Euro mit einem Steuersatz von 5 Prozent jährlich besteuern.

(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Ganz genau! Schwachsinn!)

Wir haben das in den letzten Wahlperioden abgelehnt, und wir werden das auch heute wieder tun. Das, was Sie hier vorschlagen, war falsch, es ist falsch, und es wird auch falsch bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Vermögensteuer, also eine Substanzbesteuerung, führt zu Kapitalflucht. Vermögen, aber auch Produktionsstätten und Betriebe sind mobil. Das ist leider so. Sie können einfach ins Ausland verlagert werden. Mit einer Substanzbesteuerung provozieren Sie ja geradezu Standortverlagerungen.

(Zuruf der LINKEN)

– Dann wird es verkauft, und man kauft sich woanders eines; das ist doch ganz einfach.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann bleibt es aber da!)

Sie können dem Arbeitnehmer dann zwar erzählen, dass Sie eine tolle Vermögensteuer eingeführt haben, und Sie können ihm sagen: „Jetzt können wir endlich einmal den von uns definierten Reichen ans Portemonnaie gehen“, dass dabei sein Arbeitsplatz über die Wupper ging, müssen Sie ihm dann aber auch erklären.

Eine Substanzbesteuerung zerstört Wachstum und kostet Arbeitsplätze. Wenn Sie den Familienunternehmen, die ja Gott sei Dank Ertragsteuern bezahlen, auch noch an die Substanz gehen, dann entziehen Sie den Unternehmen zusätzliche Liquidität, und am Ende bedrohen Sie damit ihre Existenz.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Genau das ist es!)

Sie begründen Ihren Antrag ja mit Mehreinnahmen für die öffentliche Hand. Sie haben vorhin eine Zahl in den Raum gestellt und von 500 Milliarden Euro gesprochen. Da bleibt einem tatsächlich die Spucke weg. Sie lassen aber den bürokratischen Aufwand außer Acht, den Sie betreiben müssten, um die Vermögensteuer überhaupt erheben zu können.

Wir haben bereits in den 90er-Jahren die Vermögensteuer gehabt.

(Margaret Horb [CDU/CSU]: Richtig!)

Damals betrugen die Erhebungskosten knapp ein Drittel des Aufkommens. Ich glaube, es gäbe keine teurere Steuer als die Vermögensteuer, wenn sie so ausgestaltet würde, wie Sie es beabsichtigen. Die Verwaltungskosten für die Unternehmen, die Bürger, aber gerade auch die Finanzverwaltungen wären enorm und stünden in keinem Verhältnis zu den von Ihnen versprochenen Mehreinnahmen.

(Margaret Horb [CDU/CSU]: Ganz genau!)

Dank guter Rahmenbedingungen sind die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen gegenüber 2015 um insgesamt 28 Milliarden Euro gestiegen. Im letzten Jahr haben wir 648 Milliarden Euro an Steuern eingenommen. Das ist ein absolutes Rekordniveau. Hinzu kommt, dass die Einkommensschere seit Jahren nicht mehr auseinandergeht, sondern konstant bleibt. Das ist Ergebnis unserer Politik! Herr Ernst, da Sie gefragt haben: Das haben wir für die Bevölkerung gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vernünftige wirtschaftliche und steuerliche Rahmenbedingungen fördern den Konsum und Investitionen, und das führt zu Steuermehreinnahmen. Steuerlich falsche Rahmenbedingungen, wie Sie sie hier vorschlagen, führen am Ende zu einer geringeren Steuer und zu einem geringeren Anspruch des Staates.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung vom Kollegen Ernst?

Ich führe das jetzt zu Ende und weiß auch schon, was kommen wird. Sie verschweigen nämlich auch immer, dass wir 1997, als wir auf die Erhebung der Vermögensteuer verzichtet haben, andere Steuern erhöht haben, um den Verlust auszugleichen. Wir haben die Erbschaft-, die Schenkung- und die Grunderwerbsteuer erhöht, um den Verlust bei der Vermögensteuer wieder auszugleichen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Mehrwertsteuer vergessen!)

Die Steuersätze bei der Erbschaftsteuer – Sie haben vorhin Millionenvermögen genannt – betragen bis zu 50 Prozent, und Sie wissen selbst, dass eine verfassungsgemäße Vermögensbesteuerung die Neubewertung des gesamten Grundbesitzes in Deutschland mit sich bringen würde. Das wäre ein riesiger Aufwand für die Verwaltung. Sie müssten die Betriebsvermögen, die starken Schwankungen innerhalb der Jahre unterliegen, jedes Jahr mit individuellen Gutachten neu bewerten. Das wäre eine Mammutaufgabe für die öffentliche Verwaltung, und diese Mammutaufgabe stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem zu erwartenden Ertrag.

Tun Sie bitte auch nicht so, als ob sich die von Ihnen benannten sogenannten Reichen nicht an der Finanzierung unseres Staates beteiligen würden. Aufgrund der Progression bei der Einkommensteuer tragen bereits heute die 10 Prozent, die die höchste Einkommensteuer zahlen, über 50 Prozent der gesamten Einkommensteuer. Die oberen 50 Prozent der Einkommensteuerzahler spülen 94 Prozent des Gesamtaufkommens der Einkommensteuer in die Kassen. Das ist Umverteilung, und sie funktioniert.

Es bleibt also festzuhalten: Mit der Einführung der Vermögensteuer wären Steuergestaltung und Steuerflucht ins Ausland vorprogrammiert. Diese Art von Vermögensteuer würde die Volkswirtschaft schädigen. Sie wäre investitionsfeindlich, bürokratisch und teuer. Sie würde schon mittelfristig zu weniger Investitionen, zu mehr Arbeitslosigkeit und wegbrechenden Steuereinnahmen führen. Aus den eben genannten Gründen bleibt uns auch dieses Mal nichts anderes übrig, als Ihren wirklich staubigen Antrag zurückzuweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Olav Gutting. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Klaus Ernst.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7114510
Wahlperiode 18
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Vermögensteuer
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta