31.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 5

Claudia Lücking-MichelCDU/CSU - Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Schluss der Debatte will ich den Themenbereich aufgreifen, den der Bericht selbst zum Schwerpunkt seiner dritten Auflage macht, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und akademischer Karriere. Zu der Notwendigkeit und dem Bedarf von aktuellen und aussagekräftigen Zahlen haben wir jetzt genug gehört. Das brauche ich nicht zu wiederholen, will es aber unterstreichen. Ich möchte auf einige strukturelle Fragen hinweisen, die mir aufgefallen sind und die wir in Zukunft verstärkt in den Blick nehmen sollten, wenn wir Veränderungen feststellen und beobachten.

Für mich ist Folgendes interessant: Wenn es um die Vereinbarkeitsfrage ging, die vom wissenschaftlichen Nachwuchs als problematisch eingeschätzt wurde, dann waren es – das war eklatant – vor allen Dingen junge Frauen, die selbst noch gar keine Kinder hatten, die diesen Eindruck geäußert haben. Dieser Eindruck führt dann dazu, dass sie ausscheiden und den Wissenschaftsbetrieb verlassen, wenn es um die Familienplanung geht. Darauf sollten wir in Zukunft genau achten. Zu den Gründen, die genannt werden, gehört nicht etwa einzig und an erster Stelle die Befristung von Verträgen; wenn wir das so adressieren, springen wir zu kurz. Genannt werden auch die Verfügbarkeitskultur, hohe Mobilitätsanforderungen und nach wie vor der Bedarf an mehr Betreuungsmöglichkeiten. Auch da müssen wir hinschauen. Mir ist wichtig, zu sagen: Das alles sollten doch Probleme und Herausforderungen sein, die sowohl Väter als auch Mütter betreffen. Aber nein, nach wie vor sind praktisch vor allen Dingen Frauen betroffen.

Da wir gerade bei Zahlen und Phänomenen sind: Es gibt in dem Bericht von 2016 ein Fundstück, das ich besonders erwähnen will. Es geht darum, dass sich eine Vaterschaft positiv auf den Karrierestatus auswirkt, eine Mutterschaft hingegen negativ. Was genau ist gemeint? Es lässt sich nachweisen, dass zum Beispiel in den USA, so der Bericht, eine familienbedingte Verlängerung der Tenure-Track-Phase bei Assistant Professors unterschiedliche Folgen hat. Bei Frauen, die sich ein Jahr lang vorrangig um ihre Kinder kümmern, sank die Wahrscheinlichkeit, an eine der 50 Topuniversitäten berufen zu werden. Bei Männern stieg die Wahrscheinlichkeit unter den gleichen Bedingungen. Angesichts der vielen Fragen und der Zahlen, die wir in Zukunft gerne hätten, will ich anmerken: Auch darauf hätte ich gerne Antworten.

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Alte Statusbilder!)

Ich bin sehr froh, Frau Ministerin, dass Sie angekündigt haben, schon mehrere Forschungsprojekte auf den Weg gebracht zu haben, die uns für solche und ähnliche Herausforderungen in Zukunft vielleicht interessante Hinweise geben werden.

Konzentrieren will ich mich in meiner Rede auf die Maßnahmen und Projekte, bei denen wir in den letzten Jahren wirklich viel umgesetzt haben, vor allen Dingen – wenn auch nicht nur –, wenn es darum ging, die Vereinbarkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs besser zu regeln.

Genannt wurde schon – da kann ich mich kurzfassen – das Tenure-Track-Programm. Natürlich bringt es mehr Planbarkeit für die Karriere von allen, aber auch und gerade für diejenigen, die Nachwuchs planen.

Außerdem geht es – das ist hier bisher viel zu wenig vorgekommen; damit möchte ich mich jetzt länger befassen – um das Professorinnenprogramm. Es hat bislang nicht nur die Berufung von über 500 Professorinnen ermöglicht, sondern auch – das war uns wichtig – an ganz vielen Stellen systemisch im Sinne struktureller Gleichstellung gewirkt. Wie gut, dass die GWK schon im April dieses Jahres dafür votiert hat, das Programm fortzuführen, und dass wir auch aus dem BMBF Signale bekommen haben, dass es fortgeführt werden soll.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Verbesserungs- oder Erweiterungsvorschläge zu machen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verbesserungsvorschläge?)

Mir wäre wichtig, dass in Zukunft ganz im Sinne des Positionspapiers unserer Fraktion mit einem Teil der Mittel Professorinnen auch Nachwuchswissenschaftlerinnen einstellen können, zum Beispiel für die Leitung von Nachwuchsgruppen, um insbesondere die Leaky Pipe­line direkt nach der Promotion bei den jungen Wissenschaftlerinnen zu stopfen und sie im Betrieb zu halten.

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Guter Gedanke!)

Wir müssen mit Mitteln und Maßnahmen dafür sorgen – auch das steht in unserem Positionspapier –, dass es einfacher wird, nach der Promotion, wenn man eine Familienphase hatte, zurückzukehren und in der wissenschaftlichen Laufbahn in der Postdoc-Phase anzuschließen.

Wir müssen darauf achten – auch das ist sehr wichtig –, dass all die vielen Gleichstellungsmaßnahmen, die wir systemisch fordern, in den Hochschulen wirklich nachhaltig verankert sind, diese die Verantwortung dafür übernehmen und die Maßnahmen verbindlich und auf Dauer gestellt werden. Das heißt – das ist ganz klar –: Das Professorinnenprogramm braucht in Zukunft deutlich mehr Mittel.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Meine Damen und Herren, wir haben es schon oft gehört – ich will es unterstreichen –: Die beste Wissenschaft braucht die besten Männer und die besten Frauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dass wir daran noch arbeiten müssen, ist deutlich geworden. Aber wir haben auch schon einiges geschafft.

Danke schön.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7114536
Wahlperiode 18
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs
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