01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 10

Nina WarkenCDU/CSU - Einwanderungsgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein erster Satz geht heute an unseren Kollegen Wolfgang Bosbach. Es ist mir eine besondere Freude, heute noch einmal nach Ihnen sprechen zu können, auch wenn das natürlich bedeutet, dass dann alles Wesentliche schon ganz wunderbar auf den Punkt gebracht wurde und dass für mich gar nicht mehr so viel übrig bleibt. Trotzdem auch von mir noch ein paar Aspekte zum Gesetzentwurf.

Die Diskussion ist ja nicht neu. Es werden immer wieder einmal Vorschläge aus der Schublade gezogen. Der vorgelegte Entwurf und die heutige Debatte zeigen noch einmal ganz klar – das ist auch gut so –, was wir eigentlich schon wissen: Die CDU/CSU hat schlichtweg eine andere Vorstellung von der Zukunft unseres Landes als die Initiatoren dieses Gesetzes. Für uns als Union geht es gerade nicht darum, durch schnellere Arbeitserlaubnisse oder schnellere Einbürgerungen den Migrationsdruck noch zu verstärken, sondern für uns geht es darum, Migration zu steuern, zu begrenzen und an den Interessen unseres Landes auszurichten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Während wir hier Einwanderungsgesetze diskutieren, wächst in Teilen Europas eine ganze Generation ohne Perspektive heran. In Ländern wie Spanien, Italien oder Griechenland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei weit über 30 Prozent, und das kann und das darf nicht sein. Wir müssen das Potenzial unserer Jugendlichen ausschöpfen. Das gilt auch dann, wenn wir in den letzten Tagen lesen mussten, dass der Zuzug nach Deutschland zurückgeht.

Dass die europäische Idee der Freizügigkeit grundsätzlich funktioniert, das wissen wir, und das merkt man auch: Es ist Bewegung in der Bildung und im Arbeitsmarkt. Das zeigt nicht nur das europäische Wanderungssaldo, sondern auch im Alltag sind die innereuropäische Migration und der rege Austausch allgegenwärtig. Längst trifft man nicht nur an ein paar deutschen Universitäten vereinzelt Erasmus-Studenten. Europäische Richtlinien prägen auch die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen. Gerade erst haben wir beispielsweise Änderungen zu Firmenentsendungen, zum Aufenthalt von Praktikanten, Forschern, Studenten und zur Saisonarbeit umgesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn man es uns hier anders weismachen will: Wir haben bereits sinnvolle und liberale Regelungen im Aufenthaltsgesetz; das haben die Kollegen meiner Fraktion schon dargelegt. Einer der bestehenden Grundsätze ist, dass es für eine Einwanderung ein konkretes Jobangebot braucht. Je nach Qualifizierung und Status bedarf es zudem einer Vorrangprüfung. Diese Prinzipien bestehen nicht zur Schikane, sondern sie bestehen zum Schutz unserer sozialen Gemeinschaft.

Die Ansätze zur angebotsorientierten Einwanderung, die Sie jetzt hier vorschlagen, sind für uns schlichtweg nicht vertretbar. Nach Ihrer Idee soll derjenige, der genügend Kriterien erfüllt, auch ohne ein verbindliches Job­angebot ein einjähriges Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen – und dies inklusive Familienmitzug und – da muss man ehrlich sein und Ihren Entwurf genau lesen – ohne dass der Lebensunterhalt in diesem ersten Jahr gesichert sein muss. Für diese Menschen und auch für Selbstständige mit guter Prognose soll dann bereits nach einem Jahr eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist keine kleine Liberalisierungsnuance. Das ist nicht vertretbar.

Es bleibt auch völlig unklar, warum das alles überhaupt nötig sein sollte; denn wer hochqualifiziert ist oder aber in einem Mangelberuf ausgebildet ist und in Deutschland arbeiten möchte, der kann das auch schon nach den jetzt bestehenden Regelungen. Sie sagen, dass sich Dinge ändern müssen, dass Dinge besser werden müssen. Aber die Regelungen, die Sie vorschlagen, helfen nicht, und es braucht sie auch nicht. Unser Land braucht Ihr Kriterienmodell nicht.

Deutschland ist bei der Fachkräftezuwanderung sehr gut aufgestellt. Deutschland ist attraktiv für Qualifizierte. Tatsächlich wurden 2015 allein 85,5 Prozent aller EU-weit ausgegebenen Blauen Karten von Deutschland ausgestellt; das hat der Kollege Mayer auch schon gesagt. Führend sind hierbei übrigens Bayern mit 21 Prozent und Baden-Württemberg mit 15,5 Prozent.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Machen wir uns doch nichts vor: Jemand, der qualifiziert ist, der die deutsche Sprache nicht scheut, wird auch kommen, und zwar immer dann, wenn er ein attraktives Angebot für einen gutbezahlten Job hat und wenn die Region ihm eine mindestens so hohe Lebensqualität bietet wie das englischsprachige Ausland.

Noch etwas: Ein Hochqualifizierter wird doch in Zeiten des Internets nicht mit Kind und Kegel zu einer einjährigen Suche anreisen, sondern nur direkt zur Arbeitsaufnahme, wenn er ein Jobangebot hat. Das kann er auch schon nach unseren jetzigen Regelungen. Das Angebot muss ihn nur erreichen, sei es über Anlaufstellen der zentralen Auslandsvermittlungen oder ländereigene Programme. Daran, liebe Kollegen, müssen wir arbeiten.

Was die Grünen hier fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird für Deutschland und Europa nicht zu einer Verbesserung führen, sondern im schlechtesten Fall neue ungewollte Anreize setzen und im besten Fall unnötig sein. Deshalb lehnen wir als Union diesen Entwurf ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Nina Warken. – Die letzte Rednerin in unserer Debatte: Anita Schäfer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7114811
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Einwanderungsgesetz
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