01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 11

Tobias ZechCDU/CSU - Betriebsrentenstärkungsgesetz

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man der Opposition so zuhört, dann müsste man fast glauben, dieses Gesetz wäre keine Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge und wir hätten das Ziel nicht erreicht. Das Gegenteil ist der Fall. Das wissen Sie ganz genau. Wir haben im Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU vereinbart, die bAV zu stärken und weiterzuverbreiten. Zumindest das Ziel, die bAV zu stärken, haben wir erreicht.

Warum wir die bAV stärken wollen, ist auch klar. Wir haben hier nämlich ein riesengroßes Potenzial. Nur 60 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland haben eine betriebliche Altersvorsorge. Viel tragischer aber ist – Karl Schiewerling hat das erwähnt; ich weite das ein bisschen aus –: Nur 27 Prozent der Geringverdiener mit einem Einkommen von bis zu 2 500 Euro brutto, wenn man das als Maßstab nimmt, haben eine betriebliche Altersvorsorge. Der Grund dafür ist nicht Unwille und auch nicht die große Bürokratie, sondern schlicht und einfach der Fakt, dass sie sich die 20 Euro im Monat für die betriebliche Altersvorsorge nicht leisten können, dass sie sich dieses Geld bei Wohnung, Kindergartenplatz oder Lebensmitteln absparen müssten. Deswegen ist es wichtig – das ist das klare Signal von heute –, dass wir bei den Geringverdienern angesetzt haben. Das ist ein guter Erfolg dieses Gesetzes.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die müssen aber immer noch mehr als 20 Euro selbst zahlen!)

Wir haben beschlossen, dass bei Neuverträgen, aber auch bei Altverträgen ab 2 022 pauschal 15 Prozent der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers zwingend mit überführt werden müssen. Das ist ein Riesenerfolg.

Wir haben den Geringverdienerzuschuss für die Arbeitgeber auf 30 Prozent festgelegt. Das heißt, dass der Arbeitgeber bei einem Zuschuss von 480 Euro 144 Euro vom Staat bekommt. Das ist eine ganz klare Förderung der Geringverdiener im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge.

Wir haben im parlamentarischen Verfahren die Einkommensgrenze für Geringverdiener von 2 000 Euro auf 2 200 Euro erhöht. Damit erreichen wir knapp 1,4 Millionen Menschen mehr.

Wir haben auch die Riester-Grundzulage erhöht: von aktuell 154 Euro im ersten Gesetzentwurf auf 165 Euro und jetzt auf 175 Euro. Das heißt, es gibt heute 21 Euro mehr.

Wir haben auch den steuerfreien Dotierungsrahmen von 4 auf 8 Prozent – das heißt, auf bis zu 6 000 Euro im Jahr – erhöht. Das sind ganz klare Verbesserungen.

Wir haben außerdem einen ganz klaren Schwerpunkt bei der Nichtanrechenbarkeit von bis zu 200 Euro auf die Grundsicherung gesetzt. Somit ist die Aussage dieses Gesetzes: Wer im Rahmen einer betrieblichen Altersvorsorge vorsorgt, ist, wenn es ihm später einmal schlechter geht, immer besser gestellt als derjenige, der nichts tut. Das ist eine für das System wichtige Aussage. Darauf kann man auch stolz sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

– Auch die SPD.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die klatscht trotzdem nicht!)

– Aber bei dem, was jetzt kommt, werden sie auch nicht klatschen. Das war also meine letzte Chance.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Die Stärkung ist damit erreicht. Jetzt komme ich zur Verbreiterung. Da kann man unterschiedlicher Ansicht sein, welche Hürde die größte ist. Ist es die Bürokratie, oder ist es die Haftung? Man hat sich jetzt für einen Weg entschieden, der einen Paradigmenwechsel darstellt. Es gibt zum ersten Mal einen Durchführungsweg, der den Arbeitgeber aus der Haftung nimmt. Das Grundprinzip der betrieblichen Altersvorsorge war immer die Haftung des Arbeitgebers: arbeitnehmerfinanziert, arbeitgeberorganisiert, aber der Arbeitgeber haftete auch. Man hat sich entschieden, mit diesem Gesetzentwurf davon abzurücken. Das geschah übrigens in Rücksprache mit allen Sozialpartnern. Auch die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften wollen das. Ich kann ihnen nur zurufen: Seid euch bitte bewusst, welche Verantwortung ihr jetzt übernehmt, welche Verträge ihr abschließt und wie ihr kommuniziert!

Wenn man die Haftung ausschließt, geht damit ein Garantieverbot einher; das ist folgerichtig. Man kann nicht ohne Haftung Garantien versprechen. Allerdings ist die Aussage richtig: Garantien kosten Geld und Rendite. Genauso richtig ist die Aussage, dass eine hohe Rendite Sicherheit kosten wird. Das muss richtig kommuniziert werden. Man muss das den Menschen wahrheitsgemäß vermitteln. Ich sehe hier – das hat auch die Ministerin vorhin angesprochen – eine sehr große argumentative Aufgabe auf uns alle zukommen, wenn es darum geht, zu erklären, was es heißt, eine Betriebsrente ohne Garantien zu haben, mit der Chance auf eine höhere Rendite, aber natürlich auch mit dem Risiko auf eine geringere.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr diplomatisch formuliert! Sehr diplomatisch!)

Für Gutverdiener ist dieses Risiko kein Problem; sie können es eingehen. Aber denken Sie – wir haben über sie gesprochen – auch an die Kleinverdiener. Die Ministerin und alle meine Vorredner haben es erwähnt: Die Frage: „Kann sich ein Geringverdiener dieses Risiko leisten?“ wird in den nächsten Jahren von den Menschen beantwortet werden, indem sie sich entweder für diese Rente entscheiden oder nicht. Sie werden mit den Füßen abstimmen, und ich muss noch einmal zu äußerster Seriosität der Tarifpartner auffordern. Es darf hier nicht zu einem Überbietungswettkampf kommen, sondern wir brauchen hier eine ganz große Seriosität und Achtsamkeit. Nur dann kann dieses Gesetz wirken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da hätte ich ja fast geklatscht!)

Wir haben im parlamentarischen Verfahren auch noch mit in den Gesetzentwurf hineinverhandelt, dass es OT-Betriebe, also nicht tarifgebundene Betriebe, leichter haben, sich daran anzulehnen; denn eines gehört auch zur Wahrheit: Die Mitarbeiter in den Betrieben, die der Tarifbindung unterliegen, haben Gott sei Dank privilegierte Arbeitsverhältnisse in Deutschland. Um sie mache ich mir die wenigsten Sorgen. Wie schaffen wir es nun, OT-Betriebe noch stärker an der betrieblichen Altersversorgung partizipieren zu lassen? Hier sind wir leider weit hinter den Potenzialen zurückgeblieben. Wir haben aber zumindest in den Gesetzentwurf hineingeschrieben, dass die Tarifpartner bei der Anlehnung keine Mondpreise, sondern nur sachgrundbezogene Preise verlangen dürfen. Das heißt für die Administration, dass Sondergebühren bei der Aufnahme entfallen müssen.

Allerdings hätte ich mir schon erhofft – wir alle wissen, dass Opting-out-Modelle die größte Durchsetzungsfähigkeit aller bAV-Modelle in Deutschland haben –, dass wir hier im Bereich des Opting-outs weitergegangen und das Opting-out zumindest auf betrieblicher Ebene erlaubt hätten. Ich habe nämlich genauso viel Vertrauen in die Betriebsräte und Betriebsratsvorsitzenden wie in die Gewerkschaften. Das müssen wir wohl in der nächsten Legislaturperiode machen. Das hätte nämlich wirklich eine Verbreiterung der bAV gebracht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ralf Kapschack hat als Nächster das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7114831
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Betriebsrentenstärkungsgesetz
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