01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 13 + ZP 7

Martin RosemannSPD - Rentenniveau

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Rentenpolitik verlangt Seriosität. Die Anträge der Linken sind das Gegenteil davon.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Quatsch!)

Sie machen Politik nach dem Motto: Im Himmel ist Jahrmarkt. Ich will nur ein Beispiel aus Ihrem Antrag herausgreifen. Sie fordern allen Ernstes die abschlagsfreie Rente mit 60 Jahren nach 40 Beitragsjahren. Sie machen keinerlei Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen und dazu, wie Sie sich die Finanzierung vorstellen. Offensichtlich soll alles auf dem Rücken der jungen Generation ausgetragen werden. Ihnen ist egal, wie hoch der Beitragssatz ist, uns nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihr verballert das Geld lieber auf den Kapitalmärkten!)

Deshalb hat unsere Bundesministerin Andrea Nahles den Vorschlag der doppelten Haltelinie gemacht: eine Haltelinie nach unten für das Rentenniveau und eine Haltelinie nach oben für den Beitragssatz; denn wir wollen keine Politik zulasten der zukünftigen Generationen. Die Herausforderungen des demografischen Wandels müssen fair auf die Generationen verteilt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zustimmung zu dem Vorschlag der doppelten Haltelinie kam in einer Anhörung unseres Ausschusses im Januar dieses Jahres auch von der Deutschen Rentenversicherung.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Uns liegt kein Gesetzentwurf vor!)

Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin Dr. Reinhold Thiede von der Deutschen Rentenversicherung zitieren:

Wir halten dieses Konzept für sehr sinnvoll, weil es sicherstellt, dass die demographischen Belastungen nicht einseitig einer Gruppe zugewiesen werden. Wenn man gar keine Haltelinie hätte, oder nur eine, dann wäre die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die demographische Belastung ganz überwiegend oder sogar komplett entweder die Beitragszahler oder die Rentenempfänger tragen müssten.

Ein weiteres Problem Ihres sogenannten Gesamtkonzepts ist, dass Sie keine Antwort auf zentrale Gerechtigkeitsfragen geben. Dies gilt zum Beispiel für das zentrale Gerechtigkeitsproblem, das darin besteht, dass 60 Prozent der Beschäftigten in Deutschland eine betriebliche Altersvorsorge haben,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Entschuldigung! Natürlich haben wir darauf eine Antwort drin! Sie haben den Antrag wohl nicht gelesen!)

vor allem in Großbetrieben und bestimmten Branchen, und 40 Prozent eben nicht. Sie machen keinen Vorschlag zur Verbesserung und Verbreitung von Betriebsrenten. Gut, dass wir gehandelt und die Betriebsrente plus beschlossen haben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie nicht zugehört? Ich habe den Vorschlag doch eben gesagt!)

Sie haben das abgelehnt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, zu Recht!)

Meine Damen und Herren von den Linken, Sie stellen sich damit gegen die Position der Gewerkschaften in Deutschland. Das wird bei Ihnen offenbar zur Mode. So fordern Sie ja auch die Aufweichung des Äquivalenzprinzips bei der beitragsfinanzierten Rente. Wir wollen die gesetzliche Rente stärken, und wir wollen Altersarmut zielgerichtet bekämpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Davon habe ich noch nichts gesehen! Ihr habt einen Koalitionsvertrag, und bei eurer Solidarrente ist nichts herausgekommen!)

Wir wissen, dass es drei Gruppen gibt, die besonders von Altersarmut bedroht sind: Kleinselbstständige, die nichts oder fast nichts eingezahlt haben und auch nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, die Erwerbsgeminderten und Leute, die in ihrem Erwerbsleben nur geringe Einkommen bezogen haben, zum Beispiel, weil sie im Niedriglohnsektor gearbeitet haben, weil sie lange arbeitslos waren oder weil sie längere Familienphasen hatten – dies betrifft vor allem Frauen – und dann in Teilzeitbeschäftigung oder sogar nur in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gegangen sind. Hier brauchen wir zielgenaue Lösungen. Deswegen haben wir vorhin schon zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente beschlossen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 4,58 Euro netto in 2018! Super!)

Wir Sozialdemokraten wollen Selbstständige verbindlich in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Wie genau das gelingen kann, haben wir in einem Positionspapier unserer Fraktion dargestellt, das weitgehend in das Konzept der Bundesarbeitsministerin eingeflossen ist.

Wir wollen die Solidarrente. Wir wollen, dass derjenige, der ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, seine Rente im Alter nicht beim Sozialamt abholen muss. Wir wollen, dass Würde auch im Alter sichergestellt ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wie viel Euro mehr als die Sozialhilfe soll das denn sein?)

Deshalb meine ich, dass der Vorschlag, den Andrea Nahles gemacht hat, nämlich den einer Solidarrente,

(Kerstin Griese [SPD]: Gute Idee! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch gar keine Rente!)

die steuerfinanziert ist, immer 10 Prozent oberhalb des örtlichen Grundsicherungsniveaus liegt und damit sicherstellt, dass man nicht in Altersarmut fällt –

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch falsch! Das liegt unter allen Armutsgrenzen! Guck mal in euren Armuts- und Reichtumsbericht!)

ob man, wie ich, in Tübingen wohnt, wo die Preise und die Wohnkosten hoch sind, oder in Mecklenburg-Vorpommern auf dem flachen Land –, ein richtig guter und zielgerichteter Vorschlag ist.

(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, überhaupt nicht!)

Leider konnten wir den Koalitionspartner davon nicht überzeugen. Weder bei der Solidarrente noch bei der Einbeziehung Selbstständiger war die Union bereit, diese Schritte zu gehen. Wir hätten damit das Vertrauen in die Politik wieder stärken können. Ich bedaure, dass Sie dabei nicht mitgemacht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Mein Fazit ist: Wir lehnen Ihre Anträge ab. Für uns gilt: Wir wollen eine verlässliche und finanzierbare Alterssicherung für Jung und Alt, heute und auch für die kommenden Generationen. Genau dies wird durch das Gesamtkonzept, das Andrea Nahles vorgelegt hat, sichergestellt. Erste Schritte haben wir bereits heute umgesetzt. Die nächsten Schritte wollen wir gerne nach der Bundestagswahl in diesem Haus umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben schon in dieser Legislaturperiode gezeigt: Wir reden nicht nur, wir handeln auch.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächste spricht die Kollegin Dr. Astrid Freudenstein für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7115058
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Rentenniveau
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta