Anita SchäferCDU/CSU - Jahresbericht 2016 des Wehrbeauftragten
Das weiß niemand, ob es die letzte Rede ist. Wir treten noch einmal an. Der Wähler hat zu entscheiden, ob er mich noch einmal hierherschickt oder nicht.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Wir würden dich wählen!)
– Wir würden uns gerne sehen, ja.
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, lieber Herr Bartels! Danken möchte ich zunächst wieder Ihnen und Ihren Mitarbeitern im Namen der gesamten CDU/CSU-Fraktion für Ihre wichtige Tätigkeit und die Arbeit am Jahresbericht 2016. Wie immer beleuchten Sie darin eine Vielzahl von Themen, die beim inneren Zustand der Bundeswehr eine Rolle spielen. Ich finde es gut, dass dazu auch die Trendwenden bei Personal, Material und Infrastruktur gehören, die Bundesverteidigungsministerin von der Leyen eingeleitet hat. Sie stellen fest, Herr Wehrbeauftragter, dass damit die richtigen Entscheidungen getroffen worden sind. Es kommt nun darauf an, die getroffenen Beschlüsse möglichst rasch mit konkreten Maßnahmen umzusetzen, damit die Verbesserungen bei allen Soldaten ankommen. Dabei geht es um die Bewilligung zusätzlicher Mittel zur Schließung von Lücken, um Beschaffungs- und Sanierungsaufträge sowie um die weitere Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr.
Auch die Personalgewinnung muss sich fortentwickeln. Wir begrüßen, dass die Bundeswehr bei der Nachwuchswerbung neue Wege in den sozialen Medien geht, etwa mit der jüngst mit dem Deutschen Digital Award ausgezeichneten YouTube-Serie Die Rekruten. Die teilweise daran geäußerte Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Die Streitkräfte sind Teil unserer modernen Gesellschaft, und der Dienst zum Schutz von Sicherheit und Werten dieser Gesellschaft sollte selbstverständlich sein – angesichts aktueller Entwicklungen mehr denn je.
Auch im letzten Jahr sind neue Einsätze hinzugekommen oder bestehende erweitert worden, an denen Deutschland sich im Rahmen von UN, EU und NATO beteiligt. Zugleich müssen wir uns nach den politischen Veränderungen dieses letzten Jahres darauf einstellen, insgesamt einen größeren und gewichtigeren Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung im Bündnis zu leisten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich dafür einsetzen, dass die Bundeswehr schnell die Mittel erhält, um den sich rasch entwickelnden Herausforderungen zu begegnen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Heidtrud Henn [SPD])
Meine Damen und Herren, die vielleicht traditionellsten Aspekte der Berichte des Wehrbeauftragten sind der Umgang untereinander in der Truppe und der Hinweis auf Fehlentwicklungen. Im aktuellen Bericht findet sich dies im Kapitel „Führung und Soldatenalltag“, hier insbesondere „Führungsverhalten und Fehlerkultur“, und im Kapitel „Rechtsverstöße und Rechtspflege“, hier besonders die Punkte „Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“ sowie „Mobbing und sexuelle Belästigung“. Diese Punkte haben durch die Vorgänge in Pfullendorf und Illkirch zuletzt große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Die Ministerin hat in ihrem offenen Brief an die Bundeswehr um Unterstützung bei der Diskussion über wichtige Punkte gebeten, die sich aus diesen Vorgängen ergeben.
In einer auf Befehl und Gehorsam beruhenden Organisation wie der Bundeswehr erscheint offene Diskussion zunächst schwierig. Denn wer sagt seinem Vorgesetzten schon unbefangen die Meinung? Eigentlich sollte das aufgrund des Prinzips des Staatsbürgers in Uniform, eines der Markenzeichen der Bundeswehr, kein Problem sein. Aber vielleicht fehlt es dennoch an Offenheit in der Truppe. Der Bericht des Wehrbeauftragten weist unter dem Punkt „Führungsverhalten und Fehlerkultur“ auf eine Zunahme des Gefühls bürokratischer Eingeengtheit und auf eine Absicherungsmentalität hin. Dies beeinträchtigt nicht nur das Prinzip des Führens mit Auftrag, eines weiteren Markenzeichens der deutschen Streitkräfte, sondern hat auch andere Folgen. Vorgesetzte sind so mit Bürokratie beschäftigt, dass sie immer weniger zur Dienstaufsicht kommen. Das wurde beispielsweise auch im Fall Pfullendorf beklagt.
Für andere wichtige Dinge wie politische Bildung steht ebenfalls entsprechend weniger Zeit zur Verfügung. Auch scheinen Fehlermeldungen zunehmend unerwünscht, sodass nach oben meist nur gemeldet wird: Alles in Ordnung. – Das hat möglicherweise auch im Fall der Masterarbeit des späteren Oberleutnants aus Illkirch eine Rolle gespielt. Etwas mehr Fehlerkultur könnte der Bundeswehr also nicht nur bei der Erfüllung ihres Auftrags helfen, sondern auch solchen Entwicklungen entgegenwirken. Dafür müssen wir allerdings die Bedingungen schaffen, also Bürokratie abbauen und auch Fehler zulassen. Meine Hoffnung ist, dass dies ebenfalls eine Konsequenz aus den jüngsten Vorgängen sein wird.
Ich möchte aber zum Schluss die Gelegenheit nutzen, allen Soldatinnen und Soldaten und den zivilen Beschäftigten der Bundeswehr für ihren großartigen Dienst zu danken, den sie im In- und Ausland häufig unter schwierigen Bedingungen und teilweise unter großer Gefahr für Leib und Leben leisten – für die Sicherheit Deutschlands und unserer Verbündeten und zum Schutz der Schwächsten in Krisengebieten. Dafür sollte ihnen unser aller Anerkennung gebühren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt hat jetzt Julia Obermeier, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Heidtrud Henn [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7115248 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Jahresbericht 2016 des Wehrbeauftragten |