01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 15

Gerhard SchickDIE GRÜNEN - Kohleausstieg

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Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte machte eines erschreckend deutlich: Energiepolitisch steht diese Bundesregierung leider näher bei Donald Trump als beim Pariser Klimaabkommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])

Das ist fatal, und zwar gerade ökonomisch. Wenn Sie nur auf das blicken, was Wertschöpfung bisher geleistet hat, verschlafen Sie einen wichtigen Trend. Die Märkte sind längst weiter als diese Bundesregierung.

700 institutionelle Investoren, die Kapitalanlagen von über 5 Billionen US-Dollar verwalten, haben sich in der „Go Fossil Free“-Initiative zusammengeschlossen und haben angekündigt und dazu Pläne vorgelegt, aus Kapitalanlagen, die bisher in fossilen Energien investiert sind, auszusteigen. Sie haben eines kapiert: Wenn das Pariser Klimaabkommen ernst genommen wird – das muss es, wenn wir die Klimakrise vermeiden oder eingrenzen wollen –, dann darf maximal noch ein Drittel der bekannten Vorräte verbrannt werden. Das bedeutet, dass vieles von dem, was heute in den Büchern von den Unternehmen steht, die noch auf fossile Energien setzen, seinen Wert verlieren muss.

Deswegen sind wichtige Kapitalmarktteilnehmer, etwa der größte Versicherungskonzern Allianz, der größte Kapitalverwalter BlackRock, längst viel weiter als diese Bundesregierung und sagen ihren Anlegern: Wir müssen bei den Kapitalanlagen raus aus fossilen Energien, weil man damit in Zukunft Geld verlieren wird. – Genau das ist es, was diese Bundesregierung diesem Land leider vorschreibt: Geld zu verlieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzte Woche in Frankfurt: Das Who is Who der Finanzbranche in Deutschland, eingeladen von der Deutschen Börse AG, unterzeichnet eine Frankfurter Erklärung mit dem klaren Willen, Kriterien für eine nachhaltige Finanzwirtschaft zu definieren und diese ins Kerngeschäft zu integrieren, weil auch die deutsche Finanzwirtschaft inzwischen ganz klar die Perspektive sieht: Fossile Energien sind von gestern. Morgen sind erneuerbare Energien. – Das sollten auch Sie endlich kapieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen legen wir Ihnen einen Divestment-Antrag vor, einen Antrag, in dem Sie dazu aufgefordert werden, diese Perspektive dort, wo der Bund Kapitalanlagen hat, endlich einzunehmen. Die Gefahr ist, dass der Finanzanleger, der dies als Letzter kapiert, der mit den größten Verlusten sein wird. Das soll bitte nicht bei den Pensionen unserer Bundesbeamten sein. Das soll nicht beim Gesundheitsfonds sein. Das soll nicht bei den Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit sein. Deswegen ist es wichtig, dass Divestment auch endlich in dieser Bundesregierung ankommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])

Es ist doch fatal: Es gibt eine Nachhaltigkeitsstrategie. Es gibt sogar einen Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Aber beim Thema Finanzen haben Sie den ganzen Aspekt Klimaschutz und nachhaltige Geldanlage bisher völlig ausgeblendet. Das Bundesland Berlin ist hier weiter und macht es Ihnen vor: keine Kapitalanlage des Versorgungsfonds für Beamte mehr in fossile Energien, damit hier kein Geld verloren geht.

Man muss auch konsistent sein. Es ergibt doch keinen Sinn, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu verabschieden, wenn man sie nachher im Alltagsgeschäft der Regierung nicht ernst nimmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ökonomisch rechnet es sich sogar, das zu berücksichtigen. Hessen hat es gezeigt: Sie sind 2012 eingestiegen und haben nun 2 Prozentpunkte mehr als Outperformance gegenüber einer vergleichbaren Geldanlage erzielt. Nehmen Sie das also ernst! Der Markt ist weiter als Sie. Hören Sie auf die Leute, die vorausdenken!

Wenn Trump aus dem Pariser Abkommen aussteigt, dann sollten wir nicht denselben Fehler machen, sondern wir sollten auch aus Kapitalanlagen in fossile Energie aussteigen. Divestment ist die Zukunft, nicht das Festhalten an der Kohle.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])

Abschließender Redner in dieser Aussprache ist der Kollege Ulrich Freese für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7115264
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Kohleausstieg
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