01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 17

Bernd RützelSPD - Mindestlohn

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke den Linken für diesen Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Denn er ermöglicht mir, noch einmal darauf hinzuweisen, wie wichtig diese größte Arbeitsmarkt- und Sozialreform in unserem Land gewesen ist. Dieser Mindestlohn ist ein Meilenstein. Über 4 Millionen Menschen haben mehr auf ihrem Gehaltszettel. Das hilft den Menschen, aber vor allem auch der Binnennachfrage in unserem Land. Viele Minijobs sind in sichere und reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse umgewandelt worden. Darüber hinaus haben durch die beschriebenen Übergangsregeln sehr viele erstmals in Tarifverträge gefunden. Mit Blick auf die Tarifbindung war das eine deutliche Verbesserung. Das war alles positiv.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zahlen hätte ich mal gerne!)

Wir haben absichtlich darauf verzichtet, einen differenzierten Mindestlohn zu machen. Wir wollten einen einheitlichen Mindestlohn. Wir haben zur Kontrolle den Zoll aufgestockt. Wir haben 1 600 Stellen geschaffen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind doch gar nicht besetzt!)

– Dafür braucht man Zeit. Das haben wir damals auch hineingeschrieben.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was nützt es denn in zehn Jahren?)

Man braucht die Zeit von 2015 bis 2019,

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die waren viel früher versprochen!)

um diese 1 600 Menschen einzustellen und auszubilden. Dass der Zoll eine sehr gute Arbeit macht, aufklärt, informiert, aber auch kontrolliert, das sehen wir immer wieder.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber sie können immer weniger kontrollieren! Die Zahlen liegen doch auf dem Tisch!)

Darüber hinaus war nie geplant, zumindest nicht aus Sicht der Sozialdemokratie – ich glaube, auch nicht von großen Teilen der Union; von manchem Lautsprecher schon –, dass es Ausnahmen für Flüchtlinge und Zuwanderer beim Mindestlohn gibt. Das war nie unser Thema.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Des Weiteren hilft der vorliegende Antrag, deutlich zu machen, dass wir verschiedene Blickwinkel auf den Mindestlohn haben. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Praktika sind keine Arbeitsverhältnisse. Praktika sind Lernverhältnisse. Von daher muss man genau abwägen, welche Praktika man mit Mindestlohn versieht. Wir haben die Generation Praktika beendet, aber da, wo ein Praktikum gebraucht wird, für Schule, Ausbildung, Beruf, Studium, da ist es auch möglich, und bei diesem Praktikum wollen wir nicht den Mindestlohn haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Bei der Sonderregel für Langzeitarbeitslose hat sich gezeigt, dass diese keine Rolle spielt. Es ist nicht der Fall, dass sie massenhaft angewendet wird.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum schaffen wir sie nicht ab, lieber Herr Rützel?)

– Man kann sie abschaffen. Da sind wir uns einig. Sie hilft nicht, wir brauchen sie nicht, aber haben sie auch nie gefürchtet.

Ein ganz elementarer Punkt ist: Ja, wir haben in die Tarifautonomie eingegriffen. Ja, wir haben den Lohn politisch festgelegt. Das war ein großer Eingriff. Vor zehn Jahren haben die Gewerkschaften gesagt: Lasst die Finger davon. Das machen wir selber.

(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Genau!)

Weil die Tarifbindung nicht da war, weil die Flächentarifverträge nicht da waren, weil die Kraft nicht da war, weil auch die Arbeitgeber ein wenig gebunden waren, hat man gesagt: Helft uns. Wir brauchen einen Mindestlohn. – Und die Gewerkschaften haben gesagt: 8,50 Euro sind genau richtig.

Wir haben das durchgesetzt, aber wir machen das nicht noch einmal. Wir überlassen in Zukunft die Höhe des Mindestlohnes der Mindestlohnkommission. Darin sitzen neun Leute: ein Vorsitzender, sechs Stimmberechtigte und zwei Berater. Die machen das richtig, die machen das gut. Sie bewerten das, und sie werden den Mindestlohn entwickeln und angleichen. Die Politik sollte, wenn sie gut beraten ist, die Finger davon lassen. Das unterscheidet uns: Sie wollen jetzt 12 Euro, dann wollen Sie irgendwann 14 Euro; das hört nicht mehr auf. Das muss diese Kommission entscheiden.

(Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh nein, jetzt keine Zwischenfrage! – Katja Mast [SPD]: Ach nein, Matthias!)

Der Herr Kollege Birkwald hat den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

In Anbetracht der Zeit: nein. – Der Mindestlohn ist gut, er wirkt, und ich sehe keine Möglichkeit und Notwendigkeit, den Mindestlohn noch einmal anzugehen und abzuändern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die Kollegin Jutta Krellmann hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7115284
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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