Lars CastellucciSPD - Familiennachzug für subsidiär Geschützte
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Trauergemeinde!
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Dass Sie eine Rede so beginnen!)
Leider müssen wir heute Abschied nehmen
(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Von Ihnen!)
vom C in der CDU. Die christlichen Kirchen haben uns zum Thema Familiennachzug angeschrieben. Ich zitiere aus dem Schreiben:
Familie bietet den Raum, in dem Vertrauen wächst und in dem dauerhaft Verantwortung für den anderen übernommen wird. Für die Kirchen ist Familie ein sehr hohes Gut, welches es zu schützen gilt.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Haben wir die Familien verlassen, oder haben die anderen die Familien verlassen?)
Sie geben uns dann den Rat und die Bitte – die beiden Kirchen plädieren dafür –, die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ersatzlos zu streichen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie folgen dem nicht. Diese Missachtung christlicher Werte hat das C in CDU leider nicht überlebt. Es ruhe in Frieden.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Geht es eine Nummer kleiner?)
Mit ihm verstarb die Familienpartei CDU. Auf der Homepage der CDU in Baden-Württemberg lese ich: Weil die CDU Familienpartei ist, solle man eintreten.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es! Das stimmt auch!)
Dann steht dort weiter:
Die Familie prägt Werte, bietet Sicherheit und Halt in Zeiten des Umbruchs.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Alles richtig!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das ist so: Familie prägt Werte, bietet Sicherheit und Halt in Zeiten des Umbruchs – das soll sie tun –, aber das kann sie nicht, wenn man sie auseinanderreißt. Wir sind deshalb traurig, heute Abschied nehmen zu müssen von der Familienpartei CDU. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren, und ihr Ableben ist uns Verpflichtung.
In Familien lernen Menschen, dass man sich aufeinander verlassen kann. Verlässlichkeit ist ein hoher Wert. Hier möchte ich den Innenminister, der nicht anwesend ist, ansprechen, aber man kann es ihm ausrichten. 2016 ist der Innenminister zitiert worden, der Familiennachzug solle eingeschränkt werden und das gelte auch für die Syrerinnen und Syrer. Daraufhin war er bei uns in der Fraktion – das ist beschrieben worden – und hat gesagt: Nein, das soll nicht für die Syrerinnen und Syrer gelten, sondern das solle für diejenigen unter ihnen gelten, die subsidiär schutzberechtigt sind. Dann hat er darauf verwiesen, dass es sich nur um eine ganz kleine Zahl handeln würde – damals etwa 1,7 Prozent aller Fälle. Mittlerweile sind die Zahlen bei fast der Hälfte der Fälle angelangt. Deswegen sage ich: Das ist nicht Verlässlichkeit. Wenn die Geschäftsgrundlage entfällt, dann muss man den Vertrag anpassen oder von ihm zurücktreten. Stattdessen – Frau Lindholz hat es vorgetragen – kommen von Ihnen nun Forderungen, den Familiennachzug dauerhaft auszusetzen.
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: So ist es!)
Dann stirbt auch die Verlässlichkeit. Niemand hier im Raum wollte dauerhaft von seiner Familie getrennt sein. Ich frage Sie: Mit welchem Recht erwarten wir es von anderen? Umgekehrt: Was wir selbst für uns wollen, sollten wir auch anderen zugestehen. Familien dürfen wir nicht auseinanderreißen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Lindholz, natürlich ist die Situation nicht leicht: die Versorgung, die Unterbringung, die Integration. Aber zuerst ist die Situation von den Familien, von den Eltern und von den Kindern nicht leicht. Wir müssen zuallererst die Menschen in den Blick nehmen. Wenn wir uns entscheiden müssen, dann müssen wir uns für die Schwächsten zuerst entscheiden. Die Kinder gehören dazu.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Ich danke dennoch allen, die in den letzten Monaten verhandelt und gehandelt haben, mit dem Ergebnis, dass das Auswärtige Amt Personal aufgestockt hat, dass die Wartezeiten sinken, dass Härtefälle geprüft werden, dass Anträge frühzeitiger angenommen werden.
Natürlich tun wir insgesamt sehr viel. Aber gestern, 1. Juni, war der Internationale Kindertag. Es wäre ein guter Anlass gewesen, um wenigstens Kinder zu ihren Eltern zu lassen. Ich will es in dieser Deutlichkeit sagen: Ich schäme mich dafür, dass wir in der Koalition nicht wenigstens das hinbekommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächstes spricht Nina Warken für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7115321 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Familiennachzug für subsidiär Geschützte |