01.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 28

Johannes FechnerSPD - Bekämpfung von Kinderehen

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe beide Zuhörer auf den Tribünen!

(Heiterkeit)

Immerhin!

Also, Herr Kollege, das gibt mir Gelegenheit, doch einmal geradezustellen, dass ich hier auch schon Debatten erlebt habe, wo auf der Tribüne mehr Leute anwesend waren als im Plenum. Dass wir um diese Zeit hier eine so eindrucksvolle Relation vorführen können, gehört beinahe zu den Sternstunden dieser Legislaturperiode.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das war auch der Sinn meines Grußes an die beiden Herren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir behandeln heute ein ernstes Thema. Wenn ein Kind heutzutage heiratet oder, besser gesagt, verheiratet wird, dann kann das ganz erheblichen negativen Einfluss auf seine Entwicklung haben. Das Kindeswohl kann hier massiv beeinträchtigt werden. Je jünger ein Kind ist, das verheiratet wird, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen auf das Kind. Wenn nach heutiger Rechtslage eine 14-Jährige einen 22-Jährigen heiraten kann – das sehen wir an dem Urteil des Oberlandesgerichts, das die ganze Diskussion ausgelöst hat –, dann ist der Gesetzgeber gefragt. Deswegen legen wir heute mit diesem Gesetz das Ehemündigkeitsalter in Deutschland ausnahmslos auf 18 Jahre fest. Damit schaffen wir die Kinderehen in Deutschland ab. Wir machen ganz klar: Wir wollen bei uns keine Kinderehen. Mädchen gehören nicht in die Ehe, sondern in die Schule.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])

Einem Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte zufolge wird mittlerweile jede zweite Ehe in Flüchtlingslagern mit einem minderjährigen Partner – in der Regel sind das Mädchen – geschlossen. Das hat in den seltensten Fällen etwas mit einem konservativen Islam zu tun, sondern damit, dass Eltern vermeintlich glauben, dem Kind etwas Gutes zu tun und es in ein gesichertes Leben zu führen. Die Antwort eines modernen Sozialstaates muss sein, dass wir solchen Mädchen Schutz bieten, aber nicht in Form einer Ehe mit einem älteren Mann. Vielmehr müssen wir solchen Mädchen Ausbildungsperspektiven und eine gute Betreuung bieten. Es kann nicht sein, dass wir als Antwort solchen schutzbedürftigen Mädchen die Ehe mit älteren Männern ermöglichen.

Erstens. Mit diesem Gesetz werden wir grundsätzlich das Ehemündigkeitsalter auf 18 Jahre anheben.

Wir werden zweitens dafür sorgen, dass Ehen von 16- bis 18-Jährigen nur im Ausnahmefall weiterhin bestehen. Es wird eine Härtefallklausel geben, wonach die Bedingungen, unter denen eine solche Ehe in Deutschland Bestand haben kann, sehr streng sind. Damit stellen wir sicher, dass künftig ausnahmslos alle Kinderehen gerichtlich überprüft und regelmäßig aufgehoben werden.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Weil auch von religiösen Trauungen eine erhebliche Bindungswirkung ausgehen kann, führen wir das sogenannte Voraustrauungsverbot wieder ein. Das bedeutet, dass einer Person ein Bußgeld von bis zu 5 000 Euro auferlegt werden kann, wenn diese Person eine religiöse Verbindung zwischen einem Minderjährigen und einem Erwachsenen oder zwischen zwei Minderjährigen schafft, ohne dass zuvor eine standesamtliche Trauung stattgefunden hat. Auch das ist eine wichtige Maßnahme, weil eine religiöse Trauung erhebliche Bindungswirkung entfalten und Druck auf junge Mädchen ausüben kann.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich will ich auf den Entschließungsantrag verweisen, über den wir im Anschluss an die Abstimmung über den Gesetzentwurf entscheiden werden. Wir setzen uns hier dafür ein, dass weltweit Kinderehen verboten werden und dass weltweit das Ehemündigkeitsalter auf 18 Jahre heraufgesetzt wird. Das ist ein wichtiger Appell. Damit positionieren wir uns entsprechend.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Frank Tempel für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7115345
Wahlperiode 18
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Kinderehen
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