Herbert BehrensDIE LINKE - Legislaturbericht Digitale Agenda 2014 bis 2017
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne ein stabiles, sicheres und leistungsfähiges Internet ist heute nichts mehr zu machen. Das wird hier sicherlich von allen so mitgetragen. Dann hört es aber, glaube ich, mit den Gemeinsamkeiten auch schon auf. Aber was liegt näher, als dass man sich wirklich um die dafür notwendige Infrastruktur, also beispielsweise um den Netzausbau kümmert? Was entdecken wir aber in dem 120-seitigen Bericht? Das Wort „Netzausbau“ erscheint dort nur zweimal.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Na und? Wenn es einmal genannt wird, ist es doch recht!)
Wir haben wieder – wie vor einem Jahr auch – gehört, dass es sich um ein Aufgabenheft handelt. Statt Schritt für Schritt voranzugehen, haben hier drei Ministerien wieder viele Aktivitäten aneinandergereiht. Wir haben immer wieder kritisiert – auch heute ist das schon gesagt worden –, dass es kein erkennbares Konzept bzw. keine Strategie dahinter gibt. Der Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur, die Ministerin für Wirtschaft und der Minister des Innern stimmen sich bei diesem Thema offenbar überhaupt nicht ab. Die wichtigen Aufgaben sind nicht beschrieben. Das kommt davon, wenn sich drei Ministerien quasi auf den Füßen stehen, anstatt zusammenzuarbeiten.
(Beifall bei der LINKEN)
Da hilft es auch nicht, zum Ende der Wahlperiode einen gemeinsamen Bericht vorzulegen. Angesichts der anstehenden Aufgaben, die wir immer wieder formuliert haben, ist dieser Bericht einfach eine Zumutung.
Es bleibt eine extrem wichtige Aufgabe, eine zukunftsfeste Infrastruktur zu schaffen. Wir haben hier im Bundestag vor einem Jahr schon einmal über das Thema Glasfaserausbau oder vielmehr über den unzureichenden Glasfaserausbau debattiert. Damals sprach die Bundesregierung – und zwar nur die Bundesregierung – von einer hervorragenden Bilanz. Heute, zwölf Monate und 2,3 Milliarden Euro Fördermittel später, gibt es das Gleiche noch einmal, diesmal mit der Überschrift „Legislaturbericht“. netzpolitik.org, die bekannte NGO, hat einmal einen Artikel überschrieben: „Breitbandausbau: Bald mehr Strategien als Anschlüsse“. – Dieser Kommentierung ist nichts hinzuzufügen.
Dabei haben die Ministerin und die Minister erkannt – so steht es im Bericht –: „Grundlegende Voraussetzung, um an den Innovationen des digitalen Wandels teilhaben zu können, ist eine hochleistungsfähige digitale Infrastruktur.“ Sehr richtig! Aber diese hochleistungsfähige Infrastruktur gibt es nicht, und sie wird es wahrscheinlich in absehbarer Zeit bei dieser Bundesregierung auch nicht geben.
Warum? Im September 2016 hat die Bundesnetzagentur – wir alle erinnern uns – die Nahbereiche von 8 000 Hauptverteilern zum allergrößten Teil der Deutschen Telekom überlassen. Diese hat sich im Gegenzug dazu verpflichtet, die Nahbereiche mit Vectoring-Technik auf Basis von Kupferkabeln zu erschließen. Jetzt, im März 2017, musste die Bundesnetzagentur einräumen, dass die Telekom die Angebote an die Konkurrenten nachbessern musste. Diese hatten geklagt, weil sie keinen gleichberechtigten Zugang zum Endkunden hatten. Echte Glasfaseranschlüsse machen heute gerade einmal einen Anteil von 7,1 Prozent aus. Deutschland wird sich auf Jahre darauf einstellen müssen, Schlusslicht beim Glasfaserausbau zu sein. Die digitale Politik der Bundesregierung ist grandios gescheitert.
Das Netz muss sicher sein. Mit dem Verschlüsselungsvirus WannaCry wurden vor wenigen Monaten 230 000 Computer in 150 Ländern der Erde infiziert. Einen ähnlichen Skandal – wenn auch nicht in diesem Ausmaß – hatten wir bereits vor einem Jahr in Deutschland erlebt. Vor zwei Jahren erklärte der Innenminister: Deutschland muss der Verschlüsselungsstandort Nummer eins auf der Welt werden. – Doch was passiert? Es wird eine Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, ZITiS, aufgebaut. Dort sollen Überwachungstechniken entwickelt werden, mit denen unter anderem Verschlüsselungen geknackt werden sollen. Absurder geht es eigentlich nicht. Aber diese Bundesregierung schafft es mühelos, solche gefährlichen Absurditäten zu produzieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein letzter Punkt. Die Kompetenz scheint der Bundesregierung sehr wichtig zu sein. Deshalb gibt es viele Kompetenzzentren; die Ministerin hat das erwähnt. Bei 30 Kompetenzzentren sollte mindestens eines dabei sein, mit der die Kompetenz in den Ministerien erhöht wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Nächster Redner ist der Bundesminister Alexander Dobrindt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7115388 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 238 |
Tagesordnungspunkt | Legislaturbericht Digitale Agenda 2014 bis 2017 |