Herlind GundelachCDU/CSU - Klimaschutzpolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik findet nicht nur im Formulieren von Zielen und Visionen statt – ich denke, darüber haben wir heute sehr viel gehört, und wir sind uns in vielen Zielen sehr einig –, sondern Politik findet auch sehr konkret statt.
Deswegen möchte ich heute nach vielen Diskussionen, die ich vor allen Dingen mit den Kollegen und Kolleginnen von den Grünen hier im Plenum des Deutschen Bundestages, im Wirtschaftsausschuss, aber auch bei vielen Veranstaltungen geführt habe, Bilanz ziehen und ein paar Sachen klarstellen.
Wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und die Bundesregierung unter Führung unserer Bundeskanzlerin, haben die Energieeffizienz immer als zweite Säule der Energiewende verstanden und danach gehandelt. Wir haben alleine für die Jahre 2016 bis 2020 rund 17 Milliarden Euro für Energieeinspar- und Energieeffizienzprogramme zur Verfügung gestellt. Wir haben in den letzten Jahren einen riesigen Strauß an Initiativen und Impulsen auf den Weg gebracht. Dennoch muss ich mir heute anhören, dass wir immer noch nicht genug machen. Man merkt: Wir sind schon ein bisschen im Wahlkampf.
Ich möchte heute ganz konkret auf den Antrag der Grünen, der auf der Tagesordnung steht, zum Thema „Klimaschutz in der Wärmeversorgung“ eingehen. Ich habe bereits bei der ersten Beratung Ihres Antrags betont, dass ich Ihrem Ziel einer nachhaltigen und sozial gerechten Wärmeversorgung durchaus zustimme. Aber es macht mich langsam ein bisschen ärgerlich, dass Sie beim Klimaschutz und auch bei der Förderung der Energieeffizienz prinzipiell den Ansatz verfolgen: alles oder nichts, schwarz oder weiß, gut oder böse. In der politischen Umsetzung bedeutet das dann: umfangreiche Förderung mit Mitnahmeeffekten für die Guten und ein Verbot für die Bösen. So können Sie auf lange Sicht – aus meiner Sicht zumindest – keine Politik machen. Ich vermisse da jeglichen Realitätssinn.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen möchte ich mir einmal einige Ihrer Forderungen ganz konkret anschauen. Sie wollen mehr Geld für energetische Sanierung. Um genau zu sein: Sie wollen 7 Milliarden Euro und würden damit die jetzigen Mittel verdoppeln, obwohl diese Gelder schon in den letzten Jahren gar nicht abgeflossen sind. Warum sollen wir diese Mittel dann verdoppeln? Das leuchtet mir gar nicht ein.
Sie wollen den CO 2 -Ausstoß stärker als Steuerungsgröße verankern. Ich denke, das kann auch ein richtiger Ansatz sein. Darüber lassen wir auch durchaus mit uns diskutieren. Wenn der CO 2 -Ausstoß volkswirtschaftlich für alle Sektoren einen Preis hätte, hätten wir ein einheitliches marktwirtschaftliches Instrument, durch das sich die CO 2 -ärmste Technologie aufgrund ihres Preises auch durchsetzen könnte. Aber für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, gibt es eben Technologien, die in dieser Marktwirtschaft nicht mitmachen sollen, wie zum Beispiel auf fossilen Rohstoffen basierende Heizungsanlagen. Sie wollen eine Erneuerbare-Energien-Pflicht im Gebäudebereich und laufen damit Gefahr, die negativen Erfahrungen aus Baden-Württemberg auf das gesamte Bundesgebiet zu übertragen.
Außerdem, denke ich, sollte man seine Vorhaben auch immer zu Ende denken. Nehmen Sie zum Beispiel das Thema Batterien, die ja nach Ihren Plänen im großen Umfang als Speicher in den Heizungskellern benötigt würden und deren Herstellung noch mit unglaublich hohen CO 2 -Emissionen verbunden ist. Hier muss eine ordentliche Bilanz her, oder es muss – wie Sie immer fordern – der ökologische Rucksack geschnürt werden. Was wir aber auf alle Fälle brauchen – ich glaube, da müssen wir uns einig sein –, ist noch viel Forschung und Entwicklung auf diesen Feldern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nach all dem, was wir in den letzten Jahren bei der Energiewende angeregt und initiiert haben, stehen wir heute offenkundig in manchen Bereichen vor Zielkonflikten. Wo wollen wir hin? Wollen wir vor allem CO 2 einsparen oder wollen wir die erneuerbaren Energien nur um ihrer selbst willen fördern? Und wie können wir das, was wir wollen, kostengünstig erreichen?
Für mich ist ganz klar, dass wir unsere ambitionierten Ziele nur dann erreichen, wenn wir als Gesetzgeber Rahmenbedingungen schaffen – und das haben wir in dieser Legislaturperiode gemacht –, die sehr viel Raum für Innovationen und verschiedene Lösungskonzepte lassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir aufgrund des Tempos, in dem neue Technologien entwickelt werden, keine Entscheidungen treffen dürfen, die Lock-in-Effekte nach sich ziehen. Frühzeitige technologische Festlegungen unterbinden nämlich Innovationen und treiben die Kosten langfristig in die Höhe.
Wir alle wissen nicht, welche Möglichkeiten uns in ein paar Jahren zur Verfügung stehen. Ist Gas in ein paar Jahren vielleicht ausschließlich grün? Das wäre sehr schön. Dann wäre es aber sehr schade, wenn die jetzt existierende Infrastruktur bis dahin durch eine falsche Politik Schaden genommen hätte, nur weil heute noch ein fossiler Energieträger durch sie hindurchfließt.
Ich bin davon überzeugt, dass wir die Energiewende als eine Herausforderung für Wissenschaft und Forschung verstehen müssen. Die Politik muss diese Entwicklung bestmöglich flankieren, zum Beispiel durch die schon in der vorigen Debatte erwähnte steuerliche Absetzbarkeit der Aufwendungen für Forschung auch in Unternehmen, die hoffentlich in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich kommt. Technologieoffenheit ist für uns in der CDU/CSU-Fraktion ein Muss, und diese Technologieoffenheit muss auch für fossile Energieträger gelten.
Mit Blick auf die aktuellen Zahlen wird klar: Wir könnten im Sinne des Klimaschutzes sehr viel auch relativ einfach erreichen. Denn 54 Prozent der Heizungen in Mehrfamilienhäusern und 50 Prozent der Heizungen in Einfamilienhäusern sind 18 Jahre alt oder älter und folglich nicht sehr effizient. Bei neuen Heizungen wären Einsparungen bis zu 30 Prozent möglich.
Weshalb soll man das jetzt schlagartig verbieten? Das leuchtet mir nicht ein. Es geht doch darum, dass wir insgesamt mehr CO 2 einsparen. Denn das ist eines der entscheidenden Treibhausgase, und deswegen sind alle Maßnahmen sinnfällig, die dazu beitragen, statt Maßnahmen festzulegen, die darauf zielen, dass die Menschen warten, bis es vielleicht in zwei, drei, vier oder fünf Jahren eine andere Technologie gibt, die als optimal gilt und deshalb eingesetzt wird.
Deswegen ist es aus meiner Sicht kontraproduktiv, die Förderung solcher Heizungsumrüstungen – beispielsweise von alten Gas- auf neue Gasheizungen – jetzt einfach abzuwürgen. Dies richte ich auch ganz bewusst an das Bundeswirtschaftsministerium mit Blick auf seine jüngst veröffentlichte neue Förderstrategie. Wir brauchen in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz den größtmöglichen Instrumentenkasten, und wir müssen alle Wege nutzen, um CO 2 einzusparen. Deswegen bitte ich alle Kollegen ganz herzlich, dass wir in diesem Sinne weitermachen. Lassen Sie uns alle Möglichkeiten nutzen und vielleicht die etwas weniger vollkommenen jetzt schon nutzen, statt auf die ganz vollkommenen in der Zukunft zu warten. Denn das tut, glaube ich, dem Klima auch nicht gut.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122224 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Klimaschutzpolitik |