Helmut BrandtCDU/CSU - Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, ich kann mit meinem Beitrag wieder etwas Sachlichkeit und Ruhe in diese Debatte bringen, sie hat es auch nötig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Mit der Verabschiedung der hier vorliegenden Gesetzentwürfe hat das bislang geltende „Alles oder Nichts“-Prinzip in Sachen staatlicher Parteienfinanzierung auch für verfassungsfeindliche Parteien ein Ende. Das ist gut so, Frau Künast. Es ist ein Widerspruch, einer Partei, die unsere Demokratie abschaffen will, Steuermittel zu geben und sie damit noch in diesem Ziel zu unterstützen, während wir gleichzeitig Steuermittel für die Bekämpfung ebenjenes radikalen Gedankenguts ausgeben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der AfD?)
Das ist ein Widerspruch, den wir hiermit auflösen wollen.
Kritiker der hier vorliegenden Gesetzentwürfe sehen in dem Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Finanzierung einen unzulässigen Eingriff in den Grundsatz der Chancengleichheit. Richtig ist, dass unser Grundgesetz politischen Parteien eine besondere Rolle einräumt. Als verfassungsrechtlich garantierte Institutionen tragen sie zur politischen Willensbildung maßgeblich bei, indem sie unterschiedliche Lösungsansätze für gesellschaftliche Probleme anbieten. Die damit verbundenen Auseinandersetzungen muss eine Demokratie aushalten, um so einer möglichst großen Anzahl von Menschen ein politisches Recht auf Teilhabe zu garantieren. Das ist die eine Seite. Aber – und das ist für mich das Entscheidende –: Es ist auch Aufgabe der Politik, die Demokratie vor Bestrebungen, diese zu zerstören, zu schützen.
Das Parteiverbot wurde von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem Dritten Reich als Instrument zur Bekämpfung verfassungsfeindlicher Parteien eingeführt. Zu Recht stellen Grundgesetz und Rechtsprechung hohe Anforderungen an ein Parteiverbot. Im Zuge der Weiterentwicklung der Rechtsprechung sowohl durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wie auch durch das Bundesverfassungsgericht ist im Verlauf der letzten Jahre noch das Erfordernis einer konkreten Gefahr hinzugekommen. Damit sind die Anforderungen an ein Parteiverbot noch weiter gestiegen; denn die Frage, welche Gefahr von einer verfassungsfeindlichen Partei tatsächlich ausgeht, ist nur schwer zu beantworten. Deshalb müssen wir, muss die Politik zumindest unterhalb der Schwelle eines Parteiverbots Sanktionsmöglichkeiten für extremistische Parteien haben. Nur so sind wir in der Lage, Instrumente der wehrhaften Demokratie zu erhalten.
Dieses Spannungsfeld, das unbestreitbar besteht, haben wir nach meiner Meinung mit dem Gesetzentwurf gut aufgelöst. Wir haben Parteiprivilegien wie Versammlungsrecht oder Werbung eben nicht angetastet, sondern lediglich die staatliche Parteienfinanzierung. Damit bleiben wir weit hinter den Auswirkungen eines Parteiverbotes zurück.
Eben weil aber das Recht auf politische Teilhabe hoch ist und Parteien auch einem Wandel unterliegen, ist es nötig, den Ausschluss von der Parteienfinanzierung zeitlich zu begrenzen; dazu ist eben schon vorgetragen worden. Die Regelungen hierzu haben wir mit Änderungsanträgen angepasst. Mit der Regelung – diese wurde auch von den Sachverständigen in der Anhörung vorgeschlagen –, dass nach Ablauf einer Frist von sechs Jahren Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung – diesen drei kommt Antragsrecht zu – einen Antrag auf Verlängerung des Ausschlusses von der Finanzierung stellen können, sind wir nach meiner festen Überzeugung einen verfassungsfesten Weg gegangen.
Lassen Sie mich festhalten: Ich denke doch, dass alle demokratischen Parteien ein Grundkonsens verbindet, dem das Wertesystem des Grundgesetzes und das Bekenntnis zu unserem demokratischen Rechtsstaat zugrunde liegen. Dies unterscheidet extremistische Parteien von demokratischen Parteien. Und genau dieser Unterschied rechtfertigt in meinen Augen auch – das haben die Sachverständigen eindeutig bestätigt – die jetzt von uns vorgenommene Durchbrechung des Gleichheitsgebots und stellt einen hinreichenden Grund für eine Differenzierung in Sachen Parteienfinanzierung zwischen demokratischen und extremistischen Parteien dar.
Lassen Sie mich abschließend noch eins klarstellen: Keiner von uns, Frau Künast, ist so naiv, zu glauben, dass sich extremistische Grundeinstellungen mit dem Entzug der Teilfinanzierung für verfassungsfeindliche Parteien erledigen würden. Längst schon stehen andere extremistische Gruppierungen wie Kameradschaften, wie Antifa-Gruppen bereit. Gerade auf kommunaler Ebene ist die NPD in einigen Regionen stark verwurzelt. Politik und Gesellschaft stehen deshalb auch weiterhin in der Verantwortung.
Die öffentliche Auseinandersetzung mit extremistischen Gruppierungen ist nicht nur ein wichtiges, sondern mit Sicherheit das wichtigste Mittel überhaupt bei deren Bekämpfung. Dafür geben wir – Frau Fograscher, Sie haben das eben erwähnt – sehr viel Geld aus, allein in 2017 für die Initiative „Demokratie leben!“ vom Bundesfamilienministerium 104,5 Millionen Euro – ein stolzer Betrag. Da kann man doch nicht sagen, Frau Künast, wie Sie das heute in der FAZ getan haben, wir würden zu wenig gegen Extremismus tun. Nein, wir haben in den letzten Jahren die Gelder verdreifacht.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch gar nicht!)
Das beweist, dass wir die Probleme richtig erkannt haben und bekämpfen.
Auch Ihren Vorwurf einer übereilten Verfassungsänderung muss ich entschieden zurückweisen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Die Grundgesetzänderung wurde gründlich vorbereitet und durch die Änderungsanträge im Anschluss an die Sachverständigenanhörung noch einmal optimiert. Ein wirklich gutes Zeichen der gemeinsamen Bekämpfung von Extremismus wäre es, wenn alle Fraktionen diesem Gesetz ihre Zustimmung geben würden. Darum werbe ich.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir einen Hinweis. Wir befinden uns noch in der Debatte und werden noch zwei Redner hören. Ich bitte also die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt hereingekommen sind, sich in den Reihen ihrer Fraktionen zu platzieren und dafür zu sorgen, dass wir die Debatte geordnet zu Ende führen können.
Dazu hat nun der Kollege Matthias Schmidt für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122271 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung) |