Volker UllrichCDU/CSU - Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute aus guten Gründen eine Änderung unseres Grundgesetzes. Zukünftig werden verfassungsfeindliche, aber nicht oder noch nicht verbotene Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung und der steuerlichen Begünstigung ausgeschlossen sein. Dies folgt einem einfachen Motto: Der Staat muss nicht diejenigen finanzieren, die ihn beseitigen wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Ganze wird in Artikel 21 des Grundgesetzes verankert. Artikel 21 ist mehr, Frau Kollegin Künast, als nur ein Sammelsurium von Buchstaben. Es ist die zentrale Norm der politischen Teilhabe in unserem Land.
Unsere Demokratie hält auch extreme und radikale Parteien aus, mit denen wir uns im politischen Wettbewerb messen müssen. Aber unser Grundgesetz hat aus historischen Erfahrungen heraus und aufgrund bitterer Stunden ein Schutzschild um sich selbst gezogen: Das Machbare wird nicht allein durch die Mehrheit bestimmt, sondern auch durch den Kern unserer Verfassung: durch Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)
Wer Demokratie, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit angeht und sie nicht zur Grundlage seines Handelns macht, der hat in unserer wehrhaften Demokratie keinen Platz und darf auch nicht finanziert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Zusammenhang möchte ich die wichtigste Erkenntnis des Urteils vom 17. Januar 2017 in Erinnerung rufen: Nach ihrer Programmatik und Zielsetzung ist die NPD eine verfassungsfeindliche Partei, welche unsere Ordnung beseitigen möchte. Ein Parteiverbot wurde nicht ausgesprochen, weil sie nicht das Programm dazu habe, sondern weil sie – ich möchte sagen: glücklicherweise – derzeit nicht in der Lage ist, Einfluss zu nehmen. Damit hat das Bundesverfassungsgericht eine weitere Kategorie definiert, nämlich die Kategorie der verfassungsfeindlichen, aber derzeit nicht relevanten Partei. Es ist uns, dem Gesetzgeber, unbenommen, auf diese neue Kategorie zu reagieren und zu handeln. Ich meine, wir müssen auch darauf reagieren, weil es niemandem erklärbar ist, dass zukünftig Wahlwerbung in Form von rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen Sprüchen und Plakaten, die den Wesenskern unseres Grundgesetzes verletzen, durch den Staat finanziert wird. Das ist niemandem zu vermitteln.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ja, es geht auch um die Chancengleichheit der Parteien; das ist ein wichtiger Verfassungsgrundsatz. Aber die Chancengleichheit findet dort ihre Grenzen, wo es Ansatzpunkte für eine verfassungsrechtlich zulässige Ungleichbehandlung gibt. Diese verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung hat ihren Kern in der Feststellung, dass eine Partei verfassungsfeindlich ist. Wenn eine Partei verfassungsfeindlich ist, muss niemand mehr ihre Finanzierung dulden. Das gilt für die NPD; das wird nach dieser Grundgesetzänderung und weiteren Gesetzesänderungen aber auch für zukünftige extremistische Parteien gelten, egal ob im linken oder im rechten Spektrum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Sitzungswoche in diesem Hohen Hause viele notwendige und gute Grundgesetzänderungen beschlossen, von denen einige im Detail vielleicht etwas technisch sind, durch die aber viele Milliarden Euro bewegt werden und durch die sicherlich das Zusammenwirken von Bund und Ländern besser gestaltet wird. Heute geht es um eine weitere, eine andere Grundgesetzänderung, bei der es auf den ersten Blick nicht um viel Geld geht, die aber wichtige Signale gibt, nämlich dass wir den Feinden unserer Verfassung keinen Meter Platz lassen, dass wir ein wichtiges Symbol für unsere wehrhafte Demokratie setzen und dass verfassungsfeindliche Parteien, auch wenn sie wenig Relevanz haben, nicht durch diesen Staat gefördert werden.
Deswegen bitte ich Sie, und zwar die Abgeordneten von allen Parteien in diesem Hause um Zustimmung zu dieser notwendigen und guten Grundgesetzänderung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wiederhole meine Bitte: Nehmen Sie bitte Platz. Wir sind noch nicht ganz am Ende der Debatte.
Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Rolf Mützenich das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122276 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Grundgesetzes (Parteienfinanzierung) |