22.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 240 / Tagesordnungspunkt 11

Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mitrovica im Norden des Kosovo ist seit dem Kosovokrieg eine geteilte Stadt: im Süden die Kosovo-Albaner, im Norden die Kosovo-Serben. Die Brücke, die beide Seiten verbinden sollte, ist ein Symbol für den Konflikt der beiden ethnischen Gruppen im jüngsten Staat Europas. Aus Sicherheitsgründen wird die Brücke von KFOR-Soldaten bewacht; sie ist nicht für den Verkehr freigegeben und lediglich für Fußgänger geöffnet. Kontakt zwischen Kosovaren auf beiden Seiten der Brücke gibt es nur eingeschränkt. Die Kosovo-Serben im Norden planen sogar wieder, eine Mauer zu errichten, die erst Anfang dieses Jahres eingerissen wurde. Das Beispiel der Stadt Mitrovica zeigt uns: Die Situation im Norden des Kosovo ist weiter angespannt.

Obwohl man positiv bewerten muss, dass nach Aussage der OSZE die Neuwahlen im Juni dieses Jahres ohne größere Vorkommnisse durchgeführt wurden, wird das Ergebnis die Spannungen wohl weiter verschärfen. Aus der Wahl sind Parteien und Bündnisse hervorgetreten, die für wenig Kompromissbereitschaft stehen und die als populistisch, nationalistisch und radikal gelten. Stärkste Kraft wurde ein Zusammenschluss, der von drei ehemaligen UCK-Kommandeuren angeführt wird, mit dem sehr umstrittenen Spitzenkandidaten Haradinaj. Das müssen wir im Blick behalten.

Die Koalitionsverhandlungen werden wahrscheinlich lange dauern, und das wird Zeit kosten, was dazu führen wird, dass sich wichtige Reformschritte im Kosovo verzögern. Das ist für eines der ärmsten Länder Europas fatal. Als Teil Europas, als potenzieller EU-Beitrittskandidat braucht das Land weiterhin unsere Unterstützung, zum Beispiel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.

Deutschland ist der größte bilaterale Geldgeber in der Entwicklungszusammenarbeit. Im Zentrum steht die Bekämpfung der massiven Arbeitslosigkeit, insbesondere von Jugendlichen. Wir stärken zudem kleine und mittlere Unternehmen und Unternehmen in den Industriesektoren, indem wir den Energienetzausbau und den Ausbau der Abwasser- und Abfallentsorgung fördern. Darüber hinaus beteiligt sich Deutschland an der EU-Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX aktuell mit 23 Soldaten, die Kosovo beim Aufbau von Polizei, Justiz und Verwaltung unterstützen.

Wir leisten auch diplomatische Unterstützung. Für eine langfristige Stabilität muss sich der Kosovo wieder mit seinem Nachbarn Serbien verständigen. Deutschland setzt sich für den Dialog der beiden Länder und für die Umsetzung des Normalisierungsabkommens aus dem Jahr 2013 ein, weil der Prozess auch hier von Spannungen geprägt ist.

Aber wir brauchen eben auch militärische Unterstützung. Es besteht im Norden des Kosovo weiterhin Eskalations- und Konfliktpotenzial. Die kosovarische Polizei verfügt zwar über immer bessere Fähigkeiten, und die Lage ist im Moment grundsätzlich ruhig. Allerdings ist sie nur schwer berechenbar. Kosovo braucht weiterhin die KFOR-Truppen im Land. Das Engagement der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ist sehr wichtig. Deutschland ist zusammen mit den USA und Italien der größte Truppensteller. Durch die verbesserte Sicherheitslage können wir jedoch die Mandatsobergrenze auf jetzt 800 Soldatinnen und Soldaten weiter senken. Wir treiben auch die Anpassung des deutschen Beitrags in Form von Eingreifkräften sowie Aufklärungs- und Beratungskräften voran. Meine Damen und Herren, das ist ein vernetzter Ansatz. So gestalten wir verantwortliche Politik.

An dieser Stelle möchte ich unseren Soldatinnen und Soldaten danken, die wir seit 1999 Jahr für Jahr in den Kosovo entsenden und die dort ihren Dienst tun.

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wie lange denn noch?)

Sie verdienen die beste Ausbildung und die beste Ausrüstung. Deshalb geht an dieser Stelle mein herzlicher Dank an Sie, Frau Ministerin. Sie haben sich genauso wie Ihre Vorgänger, genauso wie du, lieber Franz Josef Jung, für eine Verbesserung in diesem Bereich eingesetzt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die KFOR-Mission ist die tragende Säule des umfassenden vernetzten Ansatzes, den wir gemeinsam mit unseren Partnern im Kosovo verfolgen. Nur in einem sicheren Umfeld sind politische Fortschritte und Entwicklungen möglich.

Meine Damen und Herren, lieber Franz Josef Jung, sehr geehrter Dr. Erler, sehr geehrte Frau Beck, ich möchte mich herzlich für Ihre Beiträge nicht nur in dieser Debatte, sondern in den vielen anderen Debatten, die wir geführt haben, bedanken. Man muss nicht immer einer Meinung sein, aber Sie haben zumindest immer wichtige Beiträge geliefert, um gemeinsam zu überlegen, welche Lösungen es gibt. Unsere Frau Kollegin Dağdelen kann sich davon ein Scheibchen abschneiden;

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Kannibalismus! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist keine Scheibe, das ist ein Riesenstück! – Peter Beyer [CDU/CSU]: So viele Scheiben verkraftet sie gar nicht!)

denn sie hat heute nur dargestellt, was alles schlecht läuft, und dafür nur die Bundeswehr verantwortlich gemacht. Das ist falsch. Sie haben keine einzige Lösung präsentiert, Frau Kollegin.

(Beifall bei der CDU/CSU  – Zurufe von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir brauchen einen langen Atem, damit in Zukunft Brücken in Mitrovica die Menschen verbinden und nicht trennen. Sie sollen auch nicht durch Mauern getrennt werden. Daher bitte ich Sie, der Verlängerung des KFOR-Mandats zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

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Electoral Period 18
Session 240
Agenda Item Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
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