22.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 240 / Tagesordnungspunkt 12

Christina SchwarzerCDU/CSU - Inklusive Bildung für alle

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Inklusion ist natürlich auch mir als Mitglied des Landesvorstands der Lebenshilfe Berlin besonders wichtig. Aber über Inklusion, lieber Özcan Mutlu, haben wir uns genügend ausgetauscht. Ich will meine Rede ausschließlich auf die Schulsozialarbeit lenken; denn darum geht es nämlich auch in Ihrem Antrag.

Ich sehe dieses Thema auch durch die Brille einer ehemaligen Kommunalpolitikerin. Ich weiß, viele von Ihnen sind natürlich auch noch in der Kommunalpolitik tätig. Dort habe ich 14 Jahre lang Politik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gemacht. Das Thema Schulsozialarbeit ist mir natürlich mehr als vertraut.

Sie hat für die Entwicklung unserer Kinder, aber auch für das Bildungssystem selbst, einen immensen Stellenwert, besonders an sogenannten Brennpunktschulen. Schulsozialarbeiter sind Schnittstelle zwischen Eltern und Schülern, Lehrern und den außerschulischen Aktivitäten. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche bei gesellschaftlicher Teilhabe und ebnen den Weg für gleiche Startchancen bei der Bildung, um einen guten Schulabschluss zu ermöglichen. Die Lebens- und Entwicklungsbedingungen der Kinder und Jugendlichen werden durch die pädagogische Arbeit der Schulsozialarbeiter nachhaltig verbessert. Sie hilft, eigenverantwortlich ins Berufsleben zu starten. Ich kenne keine Schule, die auf die wichtige Arbeit der Schulsozialarbeiter jemals wieder verzichten möchte, gerade weil die Sozialarbeiter an den Schulen einen hervorragenden Job machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da haben wir was durchgesetzt! Späte Einsicht!)

Ich habe die Qualität der Arbeit der Schulsozialarbeiter als durchweg sehr gut wahrgenommen. Die Schüler bringen oft vielfältige Probleme mit.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie in den letzten vier Jahren im Deutschen Bundestag für die Schulsozialarbeit getan?)

– Darüber können wir uns gleich unterhalten. Warten Sie vielleicht erst einmal meine Rede ab, Kollege Mutlu. Regen Sie sich nicht immer so auf, und dann erkennen Sie irgendwann die Richtigkeit meiner Antwort.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich gebe Ihnen die Antwort: Sie haben nichts getan! – Zuruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])

– Genau, Kollege Schipanski. Sie kennen schon meine Antwort.

Aber lassen Sie mich noch ausführen: In den Schulen gibt es vielfältige Probleme. Sie fangen bei kleinen Streitigkeiten an, die man zu Hause hat, und reichen zum Beispiel bei uns in Berlin, aber auch in anderen Bundesländern bis hin zu kriminellen Karrieren. Von den Themen her ist eben alles dabei.

An allen Schulen habe ich Schulsozialarbeiter erlebt. Vor allen Dingen habe ich sie immer als Anwälte der Jugendlichen erlebt, die sich mit vollem Einsatz und mit bestem Wissen und Gewissen um die Kinder und Jugendlichen bemühen und ihnen bei Bedarf auch Grenzen aufzeigen. Dafür meine große Anerkennung und meinen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Aber unsere Erfahrung aus der Kommunalpolitik sagt uns: Die Schulsozialarbeit funktioniert nur, wenn sie möglichst kleinteilig und bedarfsgerecht organisiert ist. Der Grund liegt auf der Hand. Zum Beispiel hat die Sozialarbeit bei mir in Berlin-Neukölln ganz andere Aufgaben als in ländlichen Gebieten zu bewältigen. Sie steht vor anderen Herausforderungen und muss andere Hilfe leisten.

Frau Kollegin Schwarzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hein?

Nein, ich möchte erst ausführen.

Danke.

Für diese Erkenntnis muss man nicht besonders weit über den Tellerrand hinausschauen. Diese Unterschiede gibt es allein schon hier in Berlin. Das heißt für mich, die Schulsozialarbeit muss auf kleinstmöglicher Ebene organisiert sein. Damit gilt: Dort, wo organisiert, gelenkt und entschieden wird, muss die Finanzierung auch angesiedelt sein.

Dennoch: Obwohl wir bei der Schulsozialarbeit von einer Aufgabe sprechen, die im föderalen System klar den Ländern und den kommunalen Gebietskörperschaften zugeordnet ist, stellte der Bund in den Jahren 2011 bis 2013 zusätzliche Mittel zur Verfügung, um bei dieser Aufgabe zu unterstützen.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

In Zahlen: In den Jahren 2011, 2012 und 2013 hat der Bund jeweils 400 Millionen Euro für Schulsozialarbeit und Mittagessen in Horten zur Verfügung gestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Stichwort heißt jedoch „Anschubfinanzierung“. Gemeinsam wurde eben auch vereinbart, dass das Projekt 2013 – die Anschubfinanzierung – aufhört. Eine dauerhafte zweckgebundene Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund verbietet das Grundgesetz. Das hatten wir schon.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil wir das Kooperationsverbot haben!)

– In der Tat. Herr Mutlu hat aufgepasst.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss abgeschafft werden!)

Durch die Forderung, die Finanzierung im SGB VIII zu verankern – Frau Kollegin Hein, wir hatten das ja gestern schon im Ausschuss –, umgehen Sie diesen Fakt. Aber Tatsache ist doch: Schulsozialarbeiter arbeiten im schulischen Raum, und ohne Wenn und Aber sind wir hier im Bereich der Länderkompetenzen und der Kompetenzen der Kommunen. Darum widerspricht eine dauerhafte Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund dem Anspruch der Länder auf ihre Bildungshoheit. Die Verantwortung der Länder für den Bildungsbereich spielt auch bei der Finanzierung eine große Rolle.

Dennoch hat der Bund die Länder und die Kommunen in den vergangenen Jahren sehr stark unterstützt. Die Zahlen habe ich eben schon genannt. Wir sehen, der Bund nimmt die Aufgabe, die Kommunen und die Länder bei ihren vielfältigen Aufgaben zu unterstützen, sehr ernst. Die Schulsozialarbeit ist aber auch aus gutem Grund ureigene kommunale Aufgabe. Sie ist in den Regionen am besten aufgehoben, weil dort die Bedarfe am deutlichsten erkennbar sind, weil dort eben die Experten sitzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Die Kollegin Hein hat jetzt um das Wort für eine Kurzintervention gebeten. Frau Kollegin Hein, ich betone noch einmal „kurz“. – Ich möchte nur alle darauf hinweisen: Wir sind schon über eine Stunde in Verzug.

(Zuruf von der CDU/CSU: Eben!)

Ich bitte alle, sich an die Redezeiten zu halten und auch einmal zu überlegen, ob jede Intervention nötig ist. Ich bin wirklich für eine lebendige Debatte.

Frau Hein, Sie dürfen jetzt, aber kurz.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7122488
Wahlperiode 18
Sitzung 240
Tagesordnungspunkt Inklusive Bildung für alle
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