Peter Bleser - Pestizidreduktion in der Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Ebner, Sie erfüllen in geradezu hervorragender Weise das Klischee, das ich von den Grünen habe. Sie reden hier immer noch von der Agrarwende. Stattdessen brauchen wir einen Aufbruch in die Zukunft, um die 10 Milliarden Menschen, die die Vereinten Nationen für 2050 prognostizieren, auch ernähren zu können. Die werden Sie nicht mit Ökoschrebergärten in den Vorstädten von Großstädten ernähren können. Dazu brauchen Sie eine effiziente, leistungsfähige Landwirtschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Urban Farming!)
Die Urbanisierung wird dazu führen, dass zwei Drittel der Menschen in Ballungsgebieten leben werden, so die UN. Daher müssen wir dafür sorgen, dass sie nicht nur ausreichend Lebensmittel erhalten, sondern dass sie hochqualitative und sichere Lebensmittel erhalten,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Pestizide!)
und dafür stehen wir.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, die Grünen haben es sich in den letzten Jahren zu eigen gemacht, eine ganze Berufsgruppe zu verachten, zu schmähen, zu verunglimpfen
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat denn gerade die Landwirte als Schrebergärtner bezeichnet?)
und sie in ihrer Situation, die wirtschaftlich mit Sicherheit nicht einfach war in den letzten Monaten, zusätzlich noch öffentlich zu stigmatisieren. Das mit Minderheiten zu tun – das sage ich Ihnen ganz klar –, ist nicht nur unanständig, sondern einer demokratischen Partei nicht würdig.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine falsche Behauptung von Ihnen! Das ist komplett unterirdisch!)
Wer glaubt, mit Strafsteuern auf bestimmte Lebensmittel oder Empfehlungen bei der Ernährung und Vorschriften wie dem Veggieday und ähnlichen Vorschlägen die Menschen gängeln und sie mit Verboten belasten zu müssen, der erfüllt das Image einer Gängelungs- und Verbotspartei,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, das war der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung!)
und das tun Sie in hervorragender Weise.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie wollen Strafsteuern auf Pflanzenschutzmittel und Düngemittel. Das alles führt doch nicht zu dem Ergebnis, das wir wollen,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nicht gerade das Strafgesetz verschärft?)
sondern im Grunde genommen nur zu einer Verlagerung der Produktion. Das hilft den Menschen überhaupt nicht.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie nicht die Reduzierung von Pestiziden? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Bleser, Ihr Bauernverband ist auch schon ganz blass!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind diejenigen, die auf wissenschaftlicher Basis Pflanzenschutzmittel oder Düngemittel zulassen oder eben nicht.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Der war gut! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wissenschaftliche Basis von Monsanto!)
Wir vertrauen unseren Wissenschaftlern in der Europäischen Union, aber auch in unseren Einrichtungen, dem BfR und dem BVL. – Übrigens, BVL und BfR haben Sie eingerichtet, Frau Künast. – Diesen vertrauen wir, weil diese Experten nicht nur bei uns, sondern weltweit anerkannt sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Vorgehensweise unterscheidet uns wesentlich von Ihnen, die Sie aufgrund ideologischer Vorgaben meinen, Fakten ignorieren zu können und sich gewissen Verhaltensweisen in Übersee anschließen zu müssen.
Die Wissenschaftler in der Europäischen Chemikalienagentur, ECHA, die Wissenschaftler in der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, und die Experten aller Mitgliedstaaten kommen einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass der Wirkstoff Glyphosat keine gesundheitliche Gefährdung verursacht. Auf dieser Grundlage müssen wir eine Entscheidung treffen und nicht auf der Grundlage irgendwelcher Umfrageergebnisse oder Stimmungen, die Sie wahrzunehmen glauben.
Ebenso ist der Antrag der Grünen „Wege zur Pestizidreduktion in der Landwirtschaft“ zu bewerten. Auch da gilt: Ängste schüren hilft nicht; wir müssen vielmehr die Fakten betrachten.
Man kann auch hier zu dem Schluss kommen, dass selbstverständlich alles getan werden muss, dass Bienen nicht gefährdet werden, aber es muss auch die Möglichkeit geben, zu unterscheiden und diese Mittel dort einzusetzen, wo eine Gefährdung nicht zu erwarten oder ausgeschlossen ist. Deswegen haben wir uns darüber hinaus in unserem Haus darauf verständigt, die Forschung über Pflanzenschutzmittel, die schonender sind, wesentlich zu erhöhen. 14,6 Millionen Euro haben wir seit 2014 dafür ausgegeben. Ich habe einen Förderbescheid für Maßnahmen erteilt, mit denen ganz gezielt durch Vergrellen und Anlocken im Obstbau Insektizide vermieden werden können. Ich hoffe sehr, dass die Forschung, die darüber betrieben wird, entsprechende Ergebnisse bringt. Dann brauchen wir andere Mittel nicht mehr einzusetzen, Stichwort „hormoneller Einsatz“.
Wir haben gerade im Pflanzenschutz durch Digitalisierung eine Menge erreicht. GPS-gesteuert wird eine Überlappung bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln oder Dünger automatisch verhindert. Dadurch wird der Einsatz deutlich reduziert.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sinken die Mengen dann nicht?)
– Das werde ich Ihnen gleich noch sagen, Herr Ebner. – Darüber hinaus haben wir Forschungsarbeiten gefördert, in denen untersucht wird, wie die Düngung sehr nah am Saatkorn ausgebracht werden kann. Wir fördern auch den ökologischen Landbau; auch das gehört dazu. Wir werden dafür die Mittel erhöhen. Nicht zuletzt sind wir gerade auf europäischer Ebene auch mit Ihren Parteifreunden einer Meinung, wenn es darum geht, eine Ökoverordnung auf den Weg zu bringen, die hilft.
Lieber Herr Kollege Ebner, wir haben noch ein weiteres Thema in dieser Woche im Ausschuss besprochen. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wer den Pflanzenschutzeinsatz auf ökologischen Vorrangflächen bei großkörnigen Leguminosen verbietet, der muss auch die Konsequenzen tragen. Dann wird der Proteinimport eben wieder aus Übersee kommen, um die bei uns nicht erzeugten Mengen zu ersetzen. Das kann nicht in Ihrem Sinne sein. Wir fördern den Eiweißpflanzenanbau in Deutschland mit immerhin zusätzlich 6 Millionen Euro. Insofern ist kontraproduktiv, was in Brüssel mithilfe Ihnen nahestehender Kollegen beschlossen worden ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben im letzten Jahr über 1 200 Forschungsprojekte gefördert, die die Nachhaltigkeit und die Biodiversität stärken sollen, um damit auch den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens nachzukommen.
Ich will Ihnen, Herr Ebner, noch etwas sagen. Sie haben völlig recht: Der Pflanzenschutzmitteleinsatz ist in den letzten Jahren sehr unterschiedlich gewesen. In einigen Jahren ist er gestiegen, in anderen Jahren aber wieder gesunken. Das bedeutet doch nur eines: Die Landwirte setzen Pflanzenschutzmittel nur dann ein, wenn sie sie einsetzen müssen. Gerade im letzten Jahr haben Betriebe aus dem ökologischen Anbau mehrfach die Forderung erhoben, weil es eine hohe Feuchtigkeit gab, die Mittel weit über die vom BfR als zulässig erachteten Höchstmengen zu erhöhen. Das haben wir nicht gemacht, weil der Gesundheitsschutz für uns vorgeht.
Ich schließe ab mit der Feststellung, dass die Grünen es immer noch nicht verstanden haben, ihre Ziele in der Agrarpolitik an die Realitäten anzupassen. Aber in einem Punkt sind sie auf einem guten Weg: Bei den Umfrageergebnissen nähern sie sich den 5 Prozent, aber von oben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Dr. Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke das Wort. Bitte schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122688 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Pestizidreduktion in der Landwirtschaft |