Ingrid PahlmannCDU/CSU - Pestizidreduktion in der Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns alle in unserer politischen Arbeit dafür einsetzen, Mensch und Umwelt zu schützen. Die Frage ist, wie man das tut und mit welcher Herangehensweise. Eine pauschale Pflanzenschutzmittelreduktion, wie Sie sie in Ihrem Antrag fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist für mich definitiv nicht der richtige Weg. Auch für uns steht der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher an erster Stelle. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland unterliegt strengen Kriterien. Sie ist sicher verbesserungsbedürftig, besonders was die Dauer der Anerkennungsverfahren betrifft; Frau Hagl-Kehl hat es schon erwähnt. Bei den Zulassungsbehörden stauen sich die Anträge. Die Resistenzbildung aufgrund fehlender Alternativen ist das Problem, das wir im Bereich der Pflanzenschutzmittel haben.
Aber die Intention Ihres Antrags ist eine andere. Der Antrag dient der Instrumentalisierung grüner agrarpolitischer Ziele. Sie verunsichern wieder einmal Verbraucherinnen und Verbraucher, indem Sie Horrorszenarien an die Wand malen. Sie reden von Pestiziden, von Ackergiften, der Verunreinigung von Wasser, Böden und Lebensmitteln und bedienen sich dabei äußerst fragwürdiger Statistiken über den Anstieg des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Eine Statistik hat es immerhin schon in die Rubrik „Unstatistik des Monats“ geschafft. Das ist auch eine Auszeichnung. Noch einmal: Wir haben die sichersten Lebensmittel weltweit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Selbstverständlich müssen Pflanzenschutzmittel ausreichend reguliert werden. Aber das werden sie auch. Wir haben in Deutschland und in Europa eines der strengsten Regulierungssysteme der Welt. Diesen hohen Standard wollen wir von der Union beibehalten. Sicherheit und Qualität sind für die CDU/CSU grundsätzlich elementare Faktoren, auch in der Nahrungsmittelversorgung. Das scheint mir bei Ihnen gar kein Thema zu sein. Ohne chemische Pflanzenschutzmittel sind sowohl die Sicherheit als auch die Qualität unserer Nahrungsmittel, die uns allen so absolut selbstverständlich erscheinen, definitiv nicht zu erreichen; das muss jedem klar sein.
Pflanzenschutzmittel werden zum Schutz der Pflanze angewendet. Sie verweisen in Ihrem Antrag auf die Pestizidaktionspläne in anderen Ländern. Gern möchte ich Ihnen an dem konkreten Beispiel Dänemark begründen, warum es so einfach eben nicht ist.
Dänemark hat bereits 1987 ein Reduktionsprogramm für den chemischen Pflanzenschutz aufgelegt. Die verwendete Menge an Pflanzenschutzmitteln bzw. die Zahl der Anwendungen sollte danach halbiert werden. Das ambitionierte Ziel wurde jedoch verfehlt. Der angestrebte Behandlungsindex konnte nicht erreicht werden. Seit dem Jahr 2000 steigt auch die Behandlungshäufigkeit in Dänemark wieder kontinuierlich an. Trotzdem gilt der dänische Aktionsplan bei vielen immer noch als Vorbild für eine europäische Regelung. Dabei wurde in Dänemark durch die Reduktion von Pflanzenschutz und Düngung nur eines erreicht: Die Dänen müssen nun qualitativ hochwertigen Brotweizen importieren, weil sie nicht in der Lage waren, mit diesen Reduktionsvorgaben Qualität zu produzieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bei Ihrem Antrag zum Bienenschutz bin ich theoretisch bei Ihnen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Theoretisch!)
Auch uns liegt das Thema sehr am Herzen, und wir haben dasselbe Ziel vor Augen: die Erhaltung dieser so wichtigen Art.
Rund 80 Prozent unserer Pflanzen müssen bestäubt werden, um Ernten zu erhalten. Deswegen kämpfen wir schon lange für den Bienenschutz. Bereits im Sommer 2015 wurde von unserem Bundeslandwirtschaftsminister eine Eilverordnung erlassen, die Bienen von neonikotinoidhaltigem Staub schützen soll. Aus dieser wurde dann ein dauerhaftes Verbot. Einfuhr und Aussaat von Saatgut, das mit in Deutschland nicht zugelassenen Neonikotinoiden behandelt wurde, sind ausnahmslos verboten. Ich finde, das ist ein Erfolg für den Bienenschutz. Aber auch hier tun Sie so, als ob die Landwirtschaft allein für den Rückgang der Bienen verantwortlich wäre. Auch das kann man so nicht stehen lassen. In den vergangenen Jahren sind zum Beispiel die Bienenvölker durch Züchtung – hin zu mehr Ertrag und geringerer Aggressivität – anfälliger gegenüber Krankheiten, Viren und Parasiten geworden. Auch der an sich sehr schöne Anstieg im Bereich der Hobbygärtner, die leider nicht alle organisiert und beim Veterinäramt gemeldet sind, erschwert bei Krankheitsausbrüchen die gezielte Behandlung der Völker und stellt so ein hohes Risiko für andere Bienenvölker dar.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gärtner oder Imker?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, so einfach, wie Sie die Welt darstellen möchten – an allem Übel sind die Landwirte mit ihren Handlungen Schuld –, ist die Welt nicht.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie war das mit der Wissenschaftsbasis? Hören Sie doch einmal auf die Wissenschaft!)
Es gibt eben viele verschiedene Faktoren, die auf Abläufe Einfluss nehmen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts hören, nichts sehen!)
Wir von der Union stehen für Wissenschaftlichkeit, wenn es um den größtmöglichen Schutz von Mensch, Tier und Umwelt geht.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie drücken sich doch vor der Realität!)
Unverantwortlich ist allerdings das politisch motivierte Hochpuschen von Risiken, die so nicht vorhanden sind.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer Augen zu!)
Die Stärkung von Forschung und Entwicklung zur Produktion zielgenauerer und noch umweltfreundlicherer Produkte liegt im Interesse von uns allen; da müssen wir dranbleiben. Den Aufwuchs in diesem Bereich hat Peter Bleser genannt.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid die Sachwalter des Vorsorgeprinzips!)
Allerdings ist angemessener Pflanzenschutz für die Ernährung von über 7 Milliarden Menschen auf dieser Welt unverzichtbar.
Wir von der CDU/CSU-Fraktion arbeiten weiter an konkreten Lösungen für konkrete Probleme. An reiner Stimmungsmache werden wir uns nicht beteiligen und deshalb Ihren Antrag ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um Verständnis, dass ich keine Zwischenfragen zulassen werde. Wir hängen schon um 90 Minuten. Das jetzige Debattenende ist um 0.45 Uhr. Realistischerweise wird man noch einige Minuten hinzurechnen müssen. Deshalb bitte ich um Verständnis.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Zeitnot ersetzt nicht die Demokratie!)
Katharina Dröge hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122696 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Pestizidreduktion in der Landwirtschaft |