22.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 240 / Tagesordnungspunkt 16

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Wohnungswirtschaft, Kündigungsschutz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Jedenfalls nicht der Sheriff, Herr Kühn. – Meine Damen und Herren! Wir diskutieren ja unter diesem Tagesordnungspunkt insgesamt vier Anträge. Sie erlauben mir, dass ich mich auf zwei von diesen konzentriere, bei denen es um das Mietrecht geht.

Das Mietrecht haben wir hier im Hohen Haus schon oft debattiert. Ich glaube, das zeigt ein Stück weit, dass wir alle miteinander dieses Thema sehr ernst nehmen, weil es um Menschen geht, die Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren, und die sich oftmals auch existenziell bedroht fühlen. Ich glaube, wir sind uns da im Ziel völlig einig. Wir wollen den Mieterinnen und Mietern in unserem Land selbstverständlich helfen. Wir wollen gewährleisten, dass sie auch weiterhin bezahlbar wohnen können. Wir wollen vor allem nicht, dass Menschen, insbesondere junge Familien, aus ihren angestammten Kiezen verdrängt werden. Der einzige Punkt, bei dem wir uns unterscheiden, ist der Weg dorthin. Das sehen wir auch an diesen Anträgen.

Die Wohnungsmärkte sind sehr differenziert; daher brauchen wir, wie ich immer sage, auch differenzierte Antworten. Normalerweise werfe ich der SPD und den Linken vor, dass sie etwas einfache, oftmals ideologische Antworten geben. Der Antrag der Grünen ist aber sehr differenziert. Dort sind insgesamt 15 Punkte mit entsprechenden Unterpunkten aufgeführt.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie uns loben, dann müssen wir etwas falsch gemacht haben, Herr Luczak! – Ulli Nissen [SPD]: Er sucht einen Koalitionspartner!)

Das summiert sich dann auf insgesamt 36 Forderungen. Ich hätte mir an dieser Stelle trotzdem etwas mehr gewünscht, nämlich dass Sie, nachdem Sie sich die Mühe gemacht haben, Forderungen aufzustellen, einen eigenen Gesetzentwurf formulieren.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt geht es aber los!)

Das macht es etwas einfacher, diese Dinge zu formulieren.

Für uns ist klar: Wir wollen einen Ausgleich zwischen den Mietern auf der einen Seite und den Vermietern und Eigentümern auf der anderen Seite. Ich glaube, wir haben – das hat der Staatssekretär schon dargestellt – in dieser Legislaturperiode eine ganze Menge auf diesem Gebiet gemacht. Wir haben das Bestellerprinzip eingeführt. Wir haben das Wohngeld angehoben. Wir haben die Mittel für die Städtebauförderung verdoppelt und die Mittel für die soziale Wohnraumförderung sogar verdreifacht. Insgesamt stellen wir den Ländern jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

(Ulli Nissen [SPD]: Wann kommt das Bestellerprinzip für den Immobilienkauf?)

Hier muss man eine große Klammer machen: Viele Länder geben es leider immer noch nicht dafür aus, wofür es eigentlich ausgegeben werden soll, nämlich für den Wohnungsbau. Wir müssen in Zukunft viel stärker darauf schauen, dass die Gelder, die wir als Bund zur Verfügung stellen, auch zweckgebunden dahin fließen, wo sie hinsollen, nämlich in den Neubau von Wohnungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Mindrup [SPD]: Das geht mit der Gemeinschaftsaufgabe!)

Natürlich haben wir in dieser Legislaturperiode auch die Mietpreisbremse beschlossen. Daran entzündet sich sehr viel Streit: Funktioniert sie, funktioniert sie nicht? Manche Gutachten sagen: ja, viele sagen auch: nein. Das gebe ich offen zu. Es ist wie bei Juristen. Man fragt zwei Juristen und erhält drei Meinungen.

Vielleicht kann man auch einmal den Direktor des Deutschen Mieterbundes fragen. Er hat gesagt: Wenn Mieter vor Gericht gehen und sich auf die ihnen eingeräumten Rechte berufen, dann bekommen sie recht. – Ich kenne kein einziges Urteil – auch der Deutsche Mieterbund kennt kein einziges Urteil –, wo die Mieter nicht recht bekommen haben. Man muss auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass das, was wir gemacht haben, tatsächlich nur dann Wirkung entfalten kann, wenn die Mieter ihre Rechte wahrnehmen. Ich kann alle Mieter nur auffordern: Tun Sie das. Überprüfen Sie Ihre Mieten. – Wir als Gesetzgeber haben natürlich die Erwartung, dass sich die Vermieter und Eigentümer an das Gesetz halten.

(Ulli Nissen [SPD]: Aber Rückzahlungsanspruch bitte ab Mietbeginn, Herr Luczak!)

Selbstverständlich können die Mieter ihre Rechte dann vor Gericht gerne geltend machen.

Vonseiten der Grünen und der Linken wird vorgeschlagen, dass wir die Ausnahmen bei der Mietpreisbremse streichen. Es geht um die Ausnahme für den Neubau, um die Ausnahme für die umfassende Modernisierung, um die Ausnahme für die Vormiete. All diese Punkte haben wir hier schon diskutiert.

Ich wundere mich über das, was ich im Antrag der Grünen zu dem Punkt Modernisierung lese. Dort wird formuliert, dass unsere Wohnungsmärkte für die Zukunft fit gemacht werden müssen, dass es angesichts der Klimakrise dringend notwendig sei, auch im Gebäudebestand deutlich mehr Energie einzusparen. Dort steht mit Blick auf den demografischen Wandel, dass man vermehrt altersgerechte und barrierefreie Wohnungen braucht. Ja, Sie haben völlig recht, das ist absolut richtig. Nur die Frage ist: Wie kommen wir dahin?

Wir bekommen altersgerecht umgebauten Wohnraum und energetisch sanierten Wohnraum nur dann, wenn in den Wohnungsbestand investiert wird und neue Wohnungen entsprechend gebaut werden. Das können wir als Staat nicht alleine leisten. Es ist ganz klar, dass wir auch privates Kapital, private Investitionen benötigen. Deswegen ist es richtig, dass wir die Ausnahmen von der Mietpreisbremse für die umfassende Modernisierung haben und dass wir sie auch für den Neubau haben, ansonsten wäre die Folge, dass niemand mehr in den Wohnungsneubau, niemand mehr in den Umbau des Wohnungsbestandes mit Blick auf altersgerechten Umbau und energetische Sanierung investiert.

Wir haben uns gesamtgesellschaftliche Ziele gesteckt, nämlich Klimaschutz zu gewährleisten und den Herausforderungen der älterwerdenden Gesellschaft zu begegnen. Deshalb glaube ich, dass das, was Sie hier vorschlagen, also die Ausnahmen für die Mietpreisbremse abzuschaffen, den Mietern unter dem Strich Steine statt Brot geben würde. Deswegen werden wir als Union das nicht mittragen.

(Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Ich könnte jetzt noch ganz viele Punkte ausführen, zum Beispiel was die Linken zum Kündigungsschutz ausführen. Ich kann, auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nur sagen: Wir haben ein sehr ausdifferenziertes Kündigungsschutzsystem; nur wenn es berechtigte Interessen gibt, kann man einem Mieter kündigen. Das finde ich auch richtig so.

Herr Kollege, ich möchte auch Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Denn die Wohnung ist für die Menschen existenziell; sie ist ihr Lebensmittelpunkt. Man kann sie nicht einfach kündigen; es ist kein normales Gut.

Wir haben ein wirklich sehr ausdifferenziertes System.

Herr Kollege, die Bitte ist wirklich nachdrücklich.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU/CSU hat ja so wenig Redezeit!)

Was Sie hier vorschlagen, ist letztlich eine Überbürdung. Sie verlassen den Gedanken des sozialen Ausgleichs und setzen plötzlich nur noch aufseiten der Vermieter und Eigentümer an. Das ist für ein soziales Mietrecht, das die Interessen beider Seiten im Blick haben muss, nicht angemessen. Deswegen werden wir diesen Antrag nicht mittragen, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe vorhin schon einmal darauf hingewiesen, Herr Kollege Luczak und Frau Kollegin Bluhm, dass wir wirklich schon eine sehr große zeitliche Verzögerung haben. Deshalb bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, nicht so stark zu überziehen. Die anderen Kollegen haben sich daran gehalten, haben es gut gemacht. Ich bitte, das wirklich zu berücksichtigen. Es ist einfach nicht fair gegenüber den anderen Kollegen, die dann um Mitternacht und später reden müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Jetzt hat Herr Kühn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7122865
Wahlperiode 18
Sitzung 240
Tagesordnungspunkt Wohnungswirtschaft, Kündigungsschutz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta