Carsten TrägerSPD - Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was würden Sie sagen: Wer soll in der Regierung für Naturschutzgebiete zuständig sein?
(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Ich! – Heiterkeit)
Wahrscheinlich sagen Sie jetzt: das Ministerium für Umwelt und Naturschutz. – Genau. So sehen wir das auch, und deshalb beschließen wir das heute auch so. Wahrscheinlich werden Sie jetzt fragen: Ja, und das soll eine tolle Leistung sein? – Und ich sage Ihnen: Ja, das ist eine tolle Leistung des Parlaments und in diesem Fall der SPD-Fraktion;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
denn zwischenzeitlich sah der Regierungsentwurf nämlich vor, dass das Verkehrsministerium, das für Fischerei zuständige Ministerium, das Wirtschaftsministerium und das Forschungsministerium ein Quasivetorecht erhalten sollten, ausgerechnet also diejenigen Ministerien, die in den Meeresschutzgebieten ganz andere Interessen als den Schutz von Natur und Arten haben.
Wenn nach einem einstimmigen Kabinettsbeschluss praktisch jede und jeder vom Gegenteil des Beschlusses überzeugt werden muss, dann ist das eben doch ein schweres Stück politischer Arbeit, und deshalb ist es jetzt ein großer Erfolg.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Namentlich geht es um den § 57 der Novelle, der die Ausweisung der Meeresschutzgebiete betrifft. Es ist schon angesprochen worden: Alle Naturschutzverbände haben völlig zu Recht Alarm geschlagen. Sie befürchteten, dass dringend notwendige Schutzmaßnahmen unmöglich werden, und sie befürchteten, dass wir einen Präzedenzfall für andere Umweltbelange schaffen, wenn die Nutzer gleichberechtigt mit den Naturschützern verhandeln – wohlgemerkt in Bezug auf Naturschutzgebiete.
Auch der Bundesrat und die Experten in der Ausschussanhörung haben ganz klar zum Ausdruck gebracht, was sie von dem Vorschlag des Einvernehmens halten: nämlich nichts. Denn selbstverständlich werden ja bereits heute die Belange der betroffenen Ressorts berücksichtigt, aber dies eben durch die bestehende Formulierung einer Beteiligung, und sie ist längst gute politische Praxis.
Deshalb ist es ein Gebot der Vernunft und Ausdruck der Klugheit des Parlaments, die uns ja gelegentlich abgesprochen wird, dass wir eben nicht abnicken, sondern dass wir diesen Änderungsvorschlag zurückweisen und bei der guten alten Regelung bleiben. Ich freue mich sehr, dass wir und dass du, Josef, unseren Koalitionspartner überzeugt haben. Nach meinem Empfinden haben wir das ganz gut gemacht.
(Beifall bei der SPD)
Wenn uns sogar Steffi Lemke dafür lobt, dann will das ja wahrlich etwas heißen.
Ich möchte noch zwei andere Punkte loben.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hoffe, du hast die Kritik auch zur Kenntnis genommen!)
– Ja. Das habe ich aber jetzt, weil du vor mir gesprochen hast, herausgenommen; sonst hätte ich es noch erwähnt.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind dem Wunsch der Naturparke nachgekommen. Die Novelle schreibt jetzt den gesetzlichen Auftrag für die Naturparke fest – Bildung für nachhaltige Entwicklung –, und wir stellen Höhlen und naturnahe Stollen als Lebensraum für Fledermausarten und andere schützenswerte Arten unter Schutz. Auch das sind gute Punkte.
Trotzdem ist es aber richtig: Es gibt noch viel zu tun im Naturschutz. Ich hoffe sehr, dass wir auch nach der Wahl eine Mehrheit dafür haben werden.
Wie es nicht kommen darf, zeigt uns der Koalitionsvertrag von NRW. Ich darf einen Satz daraus zitieren, aus dem Kapitel „Naturschutz“ wohlgemerkt:
Um den weiteren Verlust biologischer Vielfalt zu stoppen, wollen wir auf eine bessere Ursachenermittlung statt Beschränkungen ... setzen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Hinzu kommt eine Rolle rückwärts im Bereich der erneuerbaren Energien durch überdimensionierte Abstandsregelungen bei der Windkraft. Dieser Koalitionsvertrag sollte uns eine Lehre sein. Er zeigt, warum es eine Neuauflage von Schwarz-Gelb nicht geben darf; aber lassen wir uns durch NRW nicht die Petersilie verhageln. Heute ist ein guter Tag für den Meeresschutz. Arbeiten wir daran, dass es noch viele weitere gute Tage geben wird.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7122959 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 240 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes |