23.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 241 / Tagesordnungspunkt 29

Ingrid PahlmannCDU/CSU - Berichte: Kinder- und Jugend, ältere Generation

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben nun schon viele Aspekte zu den beiden umfangreichen und interessanten Berichten gehört. Bevor ich eine weitere Perspektive, nämlich die des bürgerschaftlichen Engagements, in unsere Debatte einbringe, möchte ich erst einmal beiden Sachverständigenkommissionen für ihre Arbeit danken.

Worauf ich nun in den nächsten Minuten eingehen möchte, ist ein Thema, das unsere ganze Gesellschaft betrifft. Mit beiden Berichten decken wir nicht nur eine ungemein weite Spanne des Lebens ab, sondern betrachten auch zwei für das bürgerschaftliche Engagement sehr wichtige Gruppen. Und wichtig sind diese Gruppen für das bürgerschaftliche Engagement in zweierlei Hinsicht: zum einen natürlich als Ziel von Engagement. Ich denke da an die vielen Vereine, beispielsweise die vielen Sportvereine, in denen ehrenamtliche Trainerinnen und Trainer Kinder und Jugendliche betreuen und so deren Freizeit mitgestalten. Ich denke aber auch an nachbarschaftliche Hilfevereine, in denen man sich beim Einkaufen, der Garten- oder auch der Sorgearbeit gegenseitig unterstützt.

Viel wichtiger für unsere Gesellschaft ist aber – und das wissen wir sowohl aus der Engagementforschung insgesamt als auch aus den beiden uns vorliegenden Berichten – das Engagement von Jugendlichen und auch Älteren als aktive, sich einbringende Menschen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren sind gesamtgesellschaftlich die am stärksten engagierte Gruppe, ein Fakt, den wir in meinen Augen viel zu selten anerkennen, wenn wir zum Beispiel mal wieder auf die jungen Menschen schimpfen, die sich nicht an Wahlen beteiligen, sich nicht für Politik interessieren oder vermeintlich nur mit dem Smartphone spielen.

Dieses Engagement der jungen Generation ist für unsere Gesellschaft von enormer Bedeutung. Aber auch die Heranwachsenden profitieren davon. Grundsätzlich schlummert im Engagement ein Bildungsschatz von unsagbarem Wert. Man lernt, Verantwortung zu übernehmen, für andere, aber auch für sich selbst, man lernt von seinem Gegenüber, den Erfahrungen, die jede Einzelne und jeder Einzelne gemacht hat, und man lernt, sich einzubringen. Man erfährt Wertschätzung von anderen und spürt, dass man gebraucht wird.

An dieser Stelle lässt sich die Brücke zu den Älteren in unserer Gesellschaft schlagen. Besonders bei 60- bis 65-Jährigen stellen wir eine hohe Engagementbereitschaft fest, aber wir wissen aus Studien auch, dass sich gerade auch Hochaltrige weiter einbringen wollen. Sie haben den großen Wunsch, Teil der Gemeinschaft zu sein. Auch sie wollen Mitverantwortung tragen und spüren und weiterhin Anerkennung erhalten.

Leider setzt mit zunehmendem Alter häufiger das Gefühl ein – das hat uns Herr Professor Kruse bei der Vorstellung des Altenberichts im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement eindrücklich verdeutlicht –, von der Gesellschaft vergessen zu werden. Die älteren Menschen haben das Gefühl, dass ihre Kompetenzen und Fähigkeiten nicht mehr gebraucht werden, und das müssen wir verhindern. Viele Menschen sind immer länger fit und aktiv. Wir brauchen ihr Engagement für unsere Gemeinschaft. Daran müssen wir arbeiten und eine Lösung dafür finden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Petra Crone [SPD])

Der Altenbericht empfiehlt hier als eine Möglichkeit die Schaffung von Gelegenheitsstrukturen. Dabei sieht er vor allem den lokalen Raum. Er sieht hier in den Kommunen die größten Chancen. Es gilt, möglichst lokale Begegnungsräume zu schaffen, um den Austausch zu fördern und somit jedem und jeder Einzelnen zu verdeutlichen, dass er oder sie gebraucht wird.

In meinen Augen – da bin ich glücklicherweise einer Meinung mit der Altenberichtskommission – sind die Mehrgenerationenhäuser, die wir in dieser Legislaturperiode weiter gestärkt haben, genau ein solcher Raum.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es können sich alle Generationen einbringen, sich gegenseitig stärken und voneinander profitieren.

Miteinander und voneinander lernen ist auch im Bundesfreiwilligendienst in besonderem Maße möglich. Das ist ein weiteres Beispiel für die großen Anstrengungen, die wir als Bund zur Förderung des Engagements und somit zur Förderung von Jung und Alt unternehmen.

Der BFD zeichnet sich durch die Besonderheit aus, für alle Altersgruppen offen zu sein. Es ist uns damit ein Stück weit gelungen, den langerprobten Weg der Jugendfreiwilligendienste als Bildungsdienst für alle Generationen zugänglich zu machen. Wir als Unionsfraktion stehen hinter dem BFD und können uns auch sehr gut vorstellen, dessen Einsatzbereiche zum Beispiel auch auf viele Aufgaben für Senioren und Seniorinnen, aber auch Familien mit Unterstützungsbedarf zukünftig auszuweiten, immer natürlich unter der Berücksichtigung des Eigensinns des bürgerschaftlichen Engagements.

Nicht nur wir als Union sehen im freiwilligen Engagement für jeden Aktiven, egal wie agil oder fit er ist, eine Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wir wollen einen ermöglichenden Staat, der den Raum und den Rahmen für die breite Vielfalt des Engagements schafft. Gleichzeitig dürfen wir aber das Engagement nicht überlasten. Es darf nicht zur Bewältigung jeder Herausforderung herangezogen werden. Dies trifft in besonderem Maße in der Kinder- und Jugendarbeit sowie im Kontext mit der älteren Generation zu. Es gilt immer, einen guten Weg zwischen Haupt- und Ehrenamt zu finden, zwischen Professionalität und dem besonderen Blick des Außenstehenden, zwischen bezahltem Handeln und freiwilligem Einbringen.

Dabei gilt auch: Wir müssen das Engagement bzw. die engagierten Menschen in unserem Land vor unnötiger Bürokratie bewahren und von dieser befreien, wo immer das nötig und möglich ist. Dies empfehlen auch die beiden Expertenkommissionen. Gerade im Kinder- und Jugendbereich wird darauf hingewiesen, wie hoch die externen Anforderungen an Verbände, Organisationen und Einrichtungen in diesem Bereich bereits sind. Wir müssen hier klug abwägen.

Ich möchte kurz zwei Beispiele darlegen: zum einen das erweiterte Führungszeugnis für die in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen. Wir wollten bereits in dieser Legislaturperiode eine bürokratiearme Ja-Nein-Auskunft einführen, um beispielsweise Vereinsvorsitzende zu entlasten. Da haben sich meine Kolleginnen Christina Schwarzer und Gudrun Zollner sehr gut eingebracht, und sie haben gute Vorarbeit geleistet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kompliment. Leider war dieser Schritt in dieser Periode nicht umsetzbar. Aber ich kann Ihnen versichern: Wir werden uns weiter in der nächsten Periode dafür einsetzen, damit das gelingt.

Das andere Beispiel betrifft etwas, was uns gerade in den letzten Tagen besonders beschäftigt. Ich möchte das Vorhaben, die Meldepflichten für die offene Jugendarbeit massiv auszuweiten, nennen. Wir sind uns hier im Hause – das gilt für meine beiden Beispiele – alle einig: Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist absolut wichtig. Da gibt es überhaupt keine Diskussion. Wir dürfen aber durch unsere Maßnahmen nicht dazu beitragen, dass das Engagement im Kinder- und Jugendbereich zurückgeht, dass es zu einem Sterben der wichtigen offenen Jugendarbeit kommt. Am Ende würde es für viele Jugendliche keine dieser so wichtigen Anlaufstellen mehr geben, und es würde für viele Jugendliche die Möglichkeit, sich zu engagieren, verloren gehen. Eines ist auch klar: Engagement ist immer eine Frage der eigenen Biografie. Engagement muss gelernt werden; es bedarf hierfür Vorbilder. Das ist wieder ein gutes Beispiel, wie die von uns heute debattierten Berichte ineinandergreifen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit einem Blick auf die Uhr fürchte ich allerdings, dass meine verbleibende Redezeit nicht mehr ausreichen wird, um näher und tiefer auf diesen Aspekt einzugehen. Ich möchte mich abschließend bei allen Engagierten in unserem Land bedanken. Euer Einsatz ist es, der unsere Gesellschaft und unsere Gemeinschaft so wertvoll macht. Vielen Dank für jede Stunde, für jede Minute, die dafür aufgewendet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Beate Walter-Rosenheimer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7123037
Wahlperiode 18
Sitzung 241
Tagesordnungspunkt Berichte: Kinder- und Jugend, ältere Generation
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