Bernd WestphalSPD - Regierungserklärung: Europäischer Rat und G20-Gipfel
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kauder, Sie haben eben, was Verteidigungs- und Sicherheitspolitik angeht, die SPD genannt. Ich will Ihnen als Erstes sagen: Wir brauchen dort keine Nachhilfe von Ihnen. Die Verteidigungsminister der Sozialdemokratie hatten mehr Zustimmung in der Truppe als die jetzige Amtsinhaberin.
(Beifall bei der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann stehen Sie doch auch zu deren Beschlüssen!)
Als Zweites kann ich Ihnen auch sagen: Die Herausforderungen, die Sie richtigerweise beschrieben haben – hier bin ich ja bei Ihnen –, verlangen andere Maßnahmen als bewaffnete Drohnen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 7. und 8. Juli 2017 steht Deutschland als Gastgeber des G-20-Treffens im Mittelpunkt globaler Aufmerksamkeit, und die Menschen werden sich berechtigterweise fragen: Was kommt eigentlich dabei heraus, wenn sich die Regierungschefs aus 20 wichtigen Wirtschaftsnationen treffen? Ist der Aufwand gerechtfertigt? Gibt es wirklich Fortschritte und Verbesserungen?
Um es gleich vorwegzusagen: Wir halten die G 20 für eines der wichtigsten Foren, wenn nicht sogar für das global wichtigste Forum. Nur in solchen Foren kann die notwendige internationale globale Zusammenarbeit koordiniert werden. – Das sagen wir denjenigen, die dieses Forum noch immer hinterfragen.
Die SPD hat sich aufgrund der Geschichte der Arbeiterbewegung und mit Personen wie Willy Brandt immer für internationale Zusammenarbeit und Kooperation eingesetzt. Wir brauchen sie. Unserer Meinung nach sollte die Zusammenarbeit aber stärker auf die Bedürfnisse der Menschen abzielen. Die internationale Zusammenarbeit muss gerechter, fairer und auch wirkungsvoller sein. Aber es gibt keine Alternative. Dieser Dialog ist wichtig, und deshalb ist das G-20-Treffen eine wichtige Plattform.
Das sage ich auch an die Adresse derjenigen, die nur Protest zeigen und wenig Verständnis für die notwendige politische Abstimmung zwischen diesen Staaten haben. Nur im Dialog können wir Globalisierung gestalten. Gerade die Gegner der bisherigen Globalisierungsprozesse müssen ein Interesse daran haben, diesen Dialog zu stärken, damit auch die, die zum Beispiel in Bangladesch oder sonst wo für einen Hungerlohn arbeiten, eine Chance auf soziale Absicherung, auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen, auf eine intakte Umwelt und auf Teilhabe am Wohlstand haben.
Immer stärker rücken Fragestellungen in den Vordergrund der G 20, die weiter gehen als Fragen der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Der Handel bietet Lösungsansätze für diese globalen Herausforderungen. Wir sagen Ja zu dieser verbesserten Zielstellung der G 20 mit Schwerpunkten auch in den Bereichen Klimapolitik und Ernährungssicherung und beim Thema Arbeit.
Das Treffen der Arbeitsminister, Labour 20, im Mai dieses Jahres hat neue Regeln für eine faire Globalisierung und für digitales Arbeiten verfasst. Die Gewerkschaftsgruppierungen übergaben diese Empfehlungen an die Bundesregierung. Wir begrüßen diesen Dialog mit der Zivilgesellschaft im Rahmen der G-20-Beteiligungsprozesse, auf die diesmal ein Schwerpunkt gelegt wurde.
Diese Gruppen nennen sich die „C 20“. Dieser Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Akteure im G-20-Prozess besteht aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und gestaltet dieses Forum mit.
Die G 20 hat sich in den letzten acht Jahren deutlich gewandelt. Wir begrüßen, dass arbeitsmarktpolitische Themen und Soziales, aber auch der Schutz der Umwelt, die Bekämpfung von Fluchtursachen, die globale Gesundheit und die Stärkung von Frauen und Kindern mit auf der Tagesordnung stehen.
(Beifall bei der SPD)
Ob es bei den G-20-Themen wirklich zu Durchbrüchen kommt, bleibt abzuwarten. Sicherlich wird vieles durch die Teilnahme von Herrn Trump und Erdogan nicht einfacher, da die G-20-Regeln vorgeben, dass Entscheidungen im Konsens zu treffen sind. Es ist jedoch wichtig, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung in der Agenda 2030 und das Pariser Klimaschutzabkommen mit neuen Impulsen voranzutreiben. Der Gipfel bietet Deutschland die Möglichkeit, auf die Notwendigkeit einer neuen, an soziale und ökologische Anforderungen angepassten Zukunftsvision hinzuweisen.
Wir können viele Neuerungen in unserer sozialen und klimafreundlichen Wirtschaftspolitik auf dem Gipfel mit unseren Partnern diskutieren und sie auffordern, sich dieser Politik zu öffnen. Ähnliches gilt für weiter gehende Entscheidungen des Europäischen Parlaments und der EU zu Mindeststandards in den globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten. Diese menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Regeln gehören in die G-20-Gruppe, sie gehören auf den Gipfel und müssen dort diskutiert werden.
Hervorheben möchte ich den Erfolg, den wir bei der G-20-Präsidentschaft in der Arbeitsgruppe „Handel und Investitionen“ erzielt haben. Auch hier wünschen wir dem G-20-Gipfel, dass er einen Beitrag dazu leistet, Handel fairer zu machen und verbindliche Verbraucher- und Umweltschutzstandards zu vereinbaren. Dazu müssen vor allen Dingen Sie, Frau Bundeskanzlerin, da Sie Gastgeberin dieses Gipfels sind, durchsetzungsstarke Verhandlungsstrategien aufnehmen. Es liegt maßgeblich an Ihnen, ob die guten vorgegebenen Ziele beim Gipfel Unterstützung bekommen oder nicht. Da hilft kein vorsichtiges Herantasten. Da müssen Führungsqualitäten gezeigt und Zukunftsvisionen formuliert werden. Die Zusammenarbeit der G-20-Länder muss in Hamburg Handlungsoptionen für morgen nicht nur aufzeigen, sie müssen durchgesetzt und vor allen Dingen umgesetzt werden.
Viele Forderungen beziehen sich nicht nur auf die Handelspolitik. Uns geht es auch um einen konstruktiven Austausch mit Schwellen- und Entwicklungsländern. Wir brauchen förderliche Rahmenbedingungen für Investitionen, für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche Entwicklung, vor allen Dingen in afrikanischen Ländern. Geeignete Maßnahmen gibt es im finanz- und wirtschaftspolitischen Bereich sicherlich viele.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Willy Brandt hat 1976 bei einer Rede formuliert:
Die reichen Nationen werden nicht reich bleiben, wenn die Armenhäuser der Menschheit wachsen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wünschen dem G-20-Gipfel viel Erfolg und eine erfolgreiche Wahrnehmung der Verantwortung für diese Aufgabe.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Jürgen Trittin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7124952 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 243 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung: Europäischer Rat und G20-Gipfel |