Sebastian SteinekeCDU/CSU - Strafrecht - nicht genehmigte Kraftfahrzeugrennen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist knapp zwei Wochen her, dass in Mönchengladbach ein junger Mann sein Leben lassen musste, weil sich einige Unbelehrbare mitten in der Stadt ein Rennen auf öffentlichen Straßen lieferten. Ein weiterer bekannter Fall – der Minister hat darauf hingewiesen – ist der Raser, der hier in Berlin auf dem Kurfürstendamm mit 160 km/h mehrere rote Ampeln überfahren hat, wobei ein unbeteiligter Autofahrer zu Tode gekommen ist. Das sind lediglich zwei prominente Beispiele der letzten Wochen und Monate, die Aufsehen erregt haben.
Aus den regelmäßigen Berichterstattungen in der Presse wissen wir aber, dass dies nicht nur Einzelfälle sind, sondern dass dies inzwischen – das kann ich so deutlich sagen – selbst bei uns im ländlichen Raum ein Massenphänomen geworden ist. Auch wenn es noch an einer offiziellen Statistik fehlt – schon Frau Lühmann hat darauf hingewiesen –, gehen Experten in ihren Schätzungen davon aus, dass illegal veranstaltete Straßenrennen für eine Vielzahl von Verkehrstoten und auch Verletzten verantwortlich sind. Es gibt vielerorts eine regelrechte Raserszene, die sich über Chatdienste verabredet. Wir als Gesetzgeber müssen handeln und tun dies heute, um diesen Wahnsinn auf unseren Straßen endlich zu beenden.
Im vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates, den wir als Koalitionsfraktion im Grundsatz unterstützen, ist nun die Einführung eines neuen Straftatbestandes, nämlich der des verbotenen Kraftfahrzeugrennens, in dem neu zu schaffenden § 315d StGB vorgesehen. Hierbei wird nicht nur die aktive Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen unter Strafe gestellt, sondern auch das Veranstalten.
Wie sah es – das haben wir schon gehört – bisher aus? Im geltenden Straßenverkehrsrecht wurden solche Fälle lediglich als Verstoß gegen das Verbot der übermäßigen Straßenbenutzung angesehen und damit als Ordnungswidrigkeit behandelt, die je nach Konstellation mit bis zu 500 Euro Bußgeld geahndet wurde. Die erhebliche Gefahr für Leib und Leben wurde bisher überhaupt nicht berücksichtigt. Eine Abschreckungswirkung konnten wir damit bisher sicherlich nicht entfalten. Das ändern wir jetzt.
Veranstalter und Teilnehmer müssen zukünftig mit drastischen Strafen rechnen. Bis zu zwei Jahre Haft oder Geldstrafe ist bereits für den Grundtatbestand vorgesehen. Wer darüber hinaus Leib, Leben oder fremde Sachen von hohem Wert gefährdet, kann mit Haft bis zu fünf Jahren bestraft werden. Wenn bei dem Rennen unbeteiligte Personen verletzt oder gar getötet werden, beträgt die Höchstfreiheitsstrafe zehn Jahre. Um Wiederholungstaten einzuschränken oder zu verhindern, sollen Teilnehmern und Veranstaltern dieser Rennen im Regelfall die Fahrerlaubnis entzogen werden, oder es wird eine Sperrfrist verhängt.
Zudem ermöglichen wir endlich die Einziehung der Kraftfahrzeuge, was eben bisher nicht so einfach möglich war. Deswegen ist das, glaube ich, ein ganz wesentliches Signal. Auch aus der Anhörung ergab sich ja, dass die Einziehung des Fahrzeuges eines der zentralen Elemente überhaupt ist. Die vorgesehenen Strafmaße sind aus unserer Sicht richtig, notwendig und angemessen. Ich bin froh, dass wir dieses Gesetz heute endlich verabschieden können.
Obwohl der Ausgangsentwurf aus unserer Sicht in die richtige Richtung ging, war es uns als CDU und auch als Koalition wichtig, das Thema Alleinrasen ernsthaft anzugehen. Wir haben die Versuchsstrafbarkeit geregelt. Das war bisher nicht der Fall; auch das haben wir eingeführt. Aber die Praxis hat eben gezeigt: Es kommt regelmäßig vor, dass Menschen auf den Straßen sozusagen Rennen gegen sich selbst fahren. Sie fahren, um ein bestimmtes Tempo zu erreichen. Oder sie fahren, um ihre Rekorde, die sie sich zu Hause regelmäßig eintragen, zu toppen. Aus unserer Sicht wird damit ebenfalls ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen verwirklicht.
Ich will nur das Beispiel des Motorradfahrers und YouTubers Alpi – jeder, der sich mit diesem Thema beschäftigt, kennt ihn, glaube ich – in Erinnerung rufen, der vom Landgericht Bremen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde. Er hat die Videos seiner Fahrten mit bis zu 170 km/h durch die Bremer Innenstadt regelmäßig auf YouTube hochgeladen.
Um diese Problematik drehte sich im Wesentlichen die Expertenanhörung. Deswegen haben wir mit dem heutigen Änderungsantrag ein abstraktes Gefährdungsdelikt hinzugefügt – das ist richtig –, in dem geregelt ist, dass sich der Fahrzeugführer, wenn er sich mit „nicht angepasster Geschwindigkeit“ – auch das ist ein im Rahmen von § 3 StVO oder § 315c StGB eingeführter Begriff, zu dem es Rechtsprechung gibt – rücksichtslos fortbewegt, „grob verkehrswidrig“ verhält. Damit wird jetzt eben neben dem Veranstalter und dem klassischen Teilnehmer am Rennen von der Vorschrift endlich auch – das war uns sehr wichtig – der Einzelraser umfasst.
In der Anhörung – darauf wurde schon hingewiesen – wurde nun angemerkt, dass diese Regelung an vielen Stellen zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe enthalte. Deswegen haben wir uns im Nachgang der Anhörung noch einmal intensiv Gedanken gemacht und nach Formulierungen gesucht, die besser passen und die auch die Rechtsprechung schon umfasst.
„Nicht angepasste Geschwindigkeit“ bedeutet heute bereits ein zu schnelles Fahren, das Geschwindigkeitsbegrenzungen verletzt oder den konkreten Verkehrssituationen zuwiderläuft. Die Formulierung „verkehrswidrig und rücksichtslos“ ist bereits von § 315c StGB umfasst und sollte auch für die Rechtsprechung kein Problem darstellen. So steht es jetzt glücklicherweise auch in der Begründung des Antrages. Hierdurch verhindern wir – auch das ist uns wichtig gewesen; darauf haben einige schon hingewiesen –, dass wir damit jede Geschwindigkeitsüberschreitung umfassen. Vielmehr umfassen wir damit diejenigen, die ein Rennen sozusagen gegen sich selbst fahren wollen, aber nicht diejenigen, die zu schnell zum Bäcker gefahren sind, wie Frau Künast gesagt hat.
Ich denke, dass wir insgesamt Formulierungen gefunden haben, die es den Strafverfolgungsbehörden und den Gerichten ermöglichen, die Taten aufzuklären und abzuurteilen. Damit schließen wir eine sehr wichtige Strafbarkeitslücke.
Ich möchte noch einige Sätze zum Antrag der Grünen sagen. Ich glaube, uns alle hier eint – das haben wir auch in der Anhörung gemerkt –, dass wir die Eindämmung und Verhinderung der Autorennen konsequent angehen wollen. Es wurde darauf hingewiesen, auch in der Anhörung, dass die vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichend seien. Aber auch der Antrag der Grünen wurde von den Sachverständigen durchaus sehr kritisch gesehen. Sie haben darauf hingewiesen, dass durch die geforderte nur leichte Änderung von § 315c ein Großteil der Tatbestände nicht umfasst würde. In diesem Sinne haben wir, glaube ich, eine deutlich bessere Regelung gefunden, um abzuschrecken und auch die Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren.
Der von uns entwickelte Straftatbestand wird diesem Fall gerecht. Bedenken Sie vor Ihrer Entscheidung vielleicht noch einmal das große Sicherheitsbedürfnis unserer Straßenverkehrsteilnehmer, und ringen Sie sich zu einer Zustimmung durch!
Ich bedanke mich auch noch einmal bei allen Politikern der SPD-Fraktion. Wir haben das wirklich sehr schnell, gut und sauber hinbekommen. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich natürlich auch bei den Ministerien; damit sind jetzt alle durch Dank beglückt.
Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Damit schließe ich diese Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7124969 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 243 |
Tagesordnungspunkt | Strafrecht - nicht genehmigte Kraftfahrzeugrennen |