Uli GrötschSPD - Aktuelle Stunde zur parlamentarischen Kontrolle in Zeiten der großen Koalition
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich verspreche, mich etwas kürzer zu fassen als meine Vorrednerinnen und Vorredner. – Liebe Kolleginnen und Kollegen – hoffentlich wieder alle ohne roten Kopf und geschwollene Halsschlagader –,
(Martina Renner [DIE LINKE]: Manchmal wäre es besser, ihr würdet euch auch engagieren!)
als ich die Überschrift zu dieser Aktuellen Stunde – „Parlamentarische Kontrolle in Zeiten der großen Koalition“ – gelesen habe, habe ich mir gedacht: Das klingt eher wie der Titel eines Buches als wie die Überschrift einer Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestages.
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Buch heißt Unter Freunden! )
Aber natürlich steht es uns allen – und erst recht dem Parlament – gut zu Gesicht, wenn wir über unsere Arbeit im Parlament berichten – und nicht anderswo. Das ist erst recht so, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es um ein so sensibles Thema wie die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste geht. Aber sei’s drum.
Die Aktuelle Stunde gibt mir am Ende dieser Wahlperiode Gelegenheit, zusammenzufassen, was die Große Koalition im Bereich der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste getan hat. Und ich glaube, sagen zu dürfen: Das war wirklich jede Menge.
Zu Beginn der Wahlperiode war natürlich im Lichte der Lage um das Handy der Kanzlerin bzw. im Lichte der Enthüllungen von Edward Snowden sofort allen klar: Wir müssen etwas machen. Und ich darf behaupten: Wir haben etwas getan.
Wir haben die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste in dieser Wahlperiode umfassend neu geregelt. Damit haben wir übrigens auch die Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode aufgegriffen.
Der durch die Gesetzesreform neu installierte Ständige Bevollmächtigte und die neuen Mitarbeiter werden – davon bin ich überzeugt – den Mitgliedern des PKGr bestmöglich zuarbeiten. Erste sehr positive Erfahrungen damit haben wir inzwischen schon gemacht, Kollege Hahn.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das kann man auch anders sehen!)
Das heißt aber nicht, dass wir Abgeordneten unsere Kontrollrechte nicht auch in Zukunft ausüben könnten. Ganz im Gegenteil: Wir erteilen Weisungen an den Ständigen Bevollmächtigten und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch dadurch wird die parlamentarische Kontrolle in Zukunft effizienter und wirksamer sein.
Wir müssen aber natürlich schon auch noch feststellen: Es läuft noch nicht alles rund. Die Akten im Fall Anis Amri hätten beispielsweise, wie es sich meiner Meinung nach gehört, für die Abgeordneten im Parlament vorliegen müssen. Als Mitglied der sogenannten Task Force im Fall Anis Amri habe ich es schon als befremdlich empfunden, unter ständiger strenger Aufsicht und ausschließlich im Bundeskanzleramt diese Akteneinsicht vornehmen zu können. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das kann in Zukunft nicht so bleiben. Darüber werden wir in der neuen Wahlperiode reden müssen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Wir als Koalitionsfraktionen haben der Opposition schon ganz zu Anfang dieser Wahlperiode freiwillig Minderheitenrechte eingeräumt. Weil die Opposition aufgrund ihrer geringen Größe das Quorum für Untersuchungsausschüsse nicht erreichen konnte, haben wir uns verpflichtet, einen Untersuchungsausschuss schon bei Zustimmung von mindestens 120 Abgeordneten möglich zu machen. Davon haben Sie nun wirklich regen Gebrauch gemacht. Ich glaube, es gab in den 50er-Jahren zuletzt eine so große Zahl von Untersuchungsausschüssen in einer einzigen Wahlperiode des Bundestages.
Nur dank der Aufklärung durch den NSA-Untersuchungsausschuss – mein ausdrückliches Kompliment an alle, die in diesem Untersuchungsausschuss auf ihre Art und Weise mitgewirkt haben – konnten wir als Gesetzgeber aus dem, was Sie erarbeitet haben, schon Konsequenzen ziehen. Ich halte es für den elementar wichtigsten Punkt des NSA-Untersuchungsausschusses, dass die Defizite, die es gab, in Zukunft nach dem neuen BND-Gesetz so nicht mehr möglich sein werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Daran, dass all das, was wir in dieser Wahlperiode gemacht haben, möglicherweise nicht der Weisheit letzter Schluss ist und dass der neue Bundestag das nach der Bundestagswahl in der neuen Wahlperiode womöglich noch einmal etwas genauer fassen und etwas nacharbeiten muss, glaube ich schon. Das gilt durchaus auch bezüglich der Einstufung von Akten durch die Bundesregierung. Auch darüber wird der neue Bundestag meiner Meinung nach zu beraten und zu entscheiden haben, weil auch in diesem Bereich die Arbeit des Parlaments und die Arbeit von uns Parlamentariern nicht behindert werden darf.
Sofern der Wähler und die Wählerin es wollen, werden viele von denen, die ein Interesse an der Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle haben, in der neuen Wahlperiode wieder dabei sein. Ich würde mich freuen, dann auch wieder mit Ihnen in diesem Bereich zusammenarbeiten zu können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt Bernhard Kaster.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7125056 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 243 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur parlamentarischen Kontrolle in Zeiten der großen Koalition |